Urlaubszeit – Aktivzeit: Vielen Menschen genügt es nicht, im Sommer am Strand zu liegen, sie möchten sich auch im Urlaub körperlich betätigen. Dies trifft natürlich auch auf diejenigen zu, die ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk erhalten haben. Immer noch glauben viele, sie könnten oder dürften es wegen ihrer Prothese nicht. „Falsch“, sagt UKL-Orthopäde Prof. Andreas Roth, „dies ist eine überholte Vorstellung. Auch Prothesenträger dürfen im Urlaub wandern, schwimmen oder Rad fahren.“

„,Meine Prothese nimmt mir zwar die Schmerzen, schränkt mich allerdings in meinem täglichen Aktionsradius ein‘. Das ist leider immer noch die vorherrschende Betrachtungsweise“, sagt Prof. Roth. Diese sei historisch gewachsen und rühre hauptsächlich daher, dass man früher vor allem den Verschleiß der Prothesen betrachtet habe, meint der Leiter des Bereichs Endoprothetik/Orthopädie der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie.

Weil der Körper die Verschleißpartikel der Prothesen nicht abbauen kann, zerstörten diese langfristig den Knochen. Je höher die Belastung, desto höher der Verschleiß. „Schon deswegen lautete die traditionelle Empfehlung, bloß keine zu hohe Belastung, sonst werde die Prothese locker und eine neue OP nötig. Doch ist die Anzahl der möglichen Prothesenwechsel natürlich begrenzt“, erläutert Prof. Roth.

Tennis, Jogging, Ski-Langlauf – aber moderat

Heutzutage bestehen die Kunstgelenke aus deutlich verbesserten Materialien, die viel weniger Abrieb erzeugen, nicht so schnell altern und höhere Belastungen aushalten. „Die früher empfohlenen Einschränkungen sind nicht mehr gerechtfertigt. Untersuchungen über zehn Jahre haben gezeigt, es gibt keinen messbaren Verschleiß mehr. Die Knochen sind in Ordnung“, bekräftigt der UKL-Experte. Aus dieser Sicht könnten Prothesen im Alltag normal belastet werden, das hieße zwar keine schwere körperliche Arbeit, so Roth.

Sport und Aktivurlaub im normalen Rahmen hingegen seien möglich: „Bergwandern, schwimmen, Rad fahren, joggen, Tennis oder im Winter Ski-Langlauf und Abfahrt – das alles geht auch mit Prothesen.“ Vermieden werden sollten allerdings extreme Stöße und plötzliche extreme Bewegungen.

Neben der höheren Qualität des Prothesenmaterials gibt es laut Prof. Roth noch weitere Gründe, warum die alten Vorurteile nicht mehr stimmten: „Zum einen die verbesserte Geometrie der künstlichen Gelenke. Das heißt, sie können heute viel genauer der individuellen Anatomie des Patienten angepasst werden. Auch das führt zu weniger Verschleiß“, meint er. Zum anderen würde nun bei Operationen die Muskulatur wesentlich besser geschont als noch vor 20 Jahren. Patienten seien schneller schmerzfrei und könnten die behandelten Körperteile zügig wieder belasten, erklärt der orthopädische Chirurg.

Für alle Prothesenträger im Urlaub hat Prof. Andreas Roth noch einen guten Rat: „Tasten Sie sich langsam heran. Gehen, fahren oder schwimmen Sie erst mal kurze Strecken. Nur keine ‚Gewaltmärsche‘ bitte!“

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