Im Leipziger „SAIDA Kompetenzzentrum“, einem Zusammenschluss von Ärzten des Klinikums St. Georg und dem SAIDA International e.V., sind die ersten beiden von Genitalverstümmelung betroffenen jungen Frauen erfolgreich rekonstruktiv operiert worden. Durch die gelungene Wiederherstellung der geschlechtsspezifischen, physiologischen Funktionen mittels einer speziellen Methode können beide Frauen nun wieder schmerzfrei Wasser lassen, menstruieren, Geschlechtsverkehr haben und zudem Kinder bekommen.

„Wir sind stolz, als einziges Kompetenzzentrum in Mitteldeutschland einen wichtigen Beitrag gegen weibliche Genitalverstümmelung zu leisten“ betont die Geschäftsführerin des Klinikums, Dr. Iris Minde. Prof. Dr. Amir Hamza, Chefarzt der Klinik für Urologie und Andrologie sowie Leitender Chefarzt des Klinikums, hat die beiden Frauen gemeinsam mit seiner Kollegin Maha Saida Ullmann operiert und erklärt: „Die Eingriffe verliefen trotz der schwierigen Ausgangslage sehr günstig und ohne Komplikationen. Die beiden Patientinnen werden schnell eine deutlich bessere Lebensqualität spüren und haben nun die Chance auf ein erfülltes Sexualleben.“

Die Vorsitzende des SAIDA e.V., Simone Schwarz, ergänzt: „Wir sind froh über die einfühlsame Behandlung unserer beiden Klientinnen im Klinikum und begleiten sie mit sexualpädagogischen Hilfen kontinuierlich auf ihrem Weg.“

Beide Frauen wurden im Herkunftsland als Kinder an ihren Genitalien verstümmelt. Ihnen wurden die großen und kleinen Schamlippen sowie der sichtbare Teil der Klitoris entfernt und der Vaginaleingang bis auf eine minimale Öffnung verschlossen. Bei der Rekonstruktion im Klinikum wurden jetzt verschiedene operative Methoden angewandt.

Im ersten Schritt erfolgte die Defibulation, d.h. die Eröffnung der vernähten Schamlippenreste. Anschließend wurde die Klitoris rekonstruiert. Da diese ein sehr komplexes Organ ist, gestaltet sich ihre Wiederherstellung oft schwierig, ist aber prinzipiell möglich. Nach Aufsuchen des Klitorisstumpfes wird dieser mobilisiert, dann folgt die Hervorhebung des Klitorisrests und anschließend die Fixation an der Haut.

Im nächsten Schritt kommt die sogenannte aOAP-Lappenplastik zum Einsatz, d.h. es wird aus der Genitofemoral-Falte ein Lappen gewonnen und mit der ursprünglichen Gefäßversorgung belassen. Dieser wird unter der Haut an die Stelle der fehlenden großen Schamlippen gesetzt. Die Stelle des Lappens wird vernäht, die Narbe verschwindet in der Falte. Die großen Schamlippen werden rekonstruiert.

Das besondere an dieser Methode ist, dass man Gewebe aus der Genitalregion verwenden kann. Weitere anatomische Vorteile bestehen darin, dass mit dieser Technik eine ausgeprägte, eigene Gefäßversorgung, Spannungsfreiheit sowie ein Vulva-ähnliches Aussehen der rekonstruierten Geschlechtsorgane erreicht wird.

Hintergrund

Das „SAIDA Kompetenzzentrum“ wurde im April 2019 gemeinsam vom Klinikum St. Georg und dem SAIDA International e.V. gegründet. Damit wurde die erste multidisziplinäre Anlaufstelle in Mitteldeutschland für von Genitalverstümmelung betroffene Mädchen und Frauen neben Zentren in Berlin und Aachen geschaffen.

Ziel des neuen Kompetenzzentrums ist es, die Betroffenen umfassend medizinisch und sozial zu versorgen, zu behandeln und zu beraten. Während der SAIDA e.V. vor allem die beratenden, begleitenden und präventiven Aufgaben übernimmt, deckt das Klinikum St. Georg das medizinische Leistungsspektrum ab, angefangen bei der Erstellung von medizinischen Gutachten und Beratungen bis hin zu rekonstruktiven Operationen.

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