Ein von der Linken im Bundestag in Auftrag gegebenes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gibt der Auffassung von Gerichten, NGO und der Linken recht: Die in Artikel 13 des Grundgesetzes verbriefte Unverletzlichkeit der Wohnung gilt auch für Geflüchtete. Für das Eindringen in die Wohnbereiche zum Zwecke der Abschiebung sei demnach ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss nötig.

Das jüngst in Kraft getretene „Hau-ab-Gesetz“ unterscheidet zwischen „Betreten“ und „Durchsuchen“, um mit dem „Betreten“ von Wohnungen ohne richterlichen Vorbehalt Abschiebungen zu Lasten von Grundgesetz und Betroffenen zu erleichtern. Der Wissenschaftliche Dienst legt sich in der Tendenz fest: In Anblick höchstrichterlicher Rechtsprechung wird eine solche Haarspalterei kaum haltbar sein.

Dazu erklärt Juliane Nagel, Abgeordnete der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag:

„Auch in Sachsen ist es üblich, dass die Polizei vorzugsweise nachts in Wohnräume von Geflüchteten – sowohl in selbst angemietete Wohnungen als auch in Asylunterkünfte – eindringt, um Abschiebungen zu vollziehen. Menschen werden aus dem Schlaf gerissen, dürfen nur das Nötigste zusammenpacken. Laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ist diese Praxis ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss nicht von der Bundesrechtsprechung gedeckt. Schleichend sollen Grundrechte so ausgehöhlt werden.

Das Gutachten widerspricht auch der Auffassung der Staatsregierung, dass es sich „bei den Räumen in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften grundsätzlich nicht um Wohnungen im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 GG“ handelt (vgl. Innenminister Wöller, Antwort auf Kleine Anfrage 6/16060). Die Konsequenz aus dieser Position ist, dass Personal der Erstaufnahmeeinrichtungen die Privaträume der Geflüchteten jederzeit anlasslos betreten und durchsuchen kann, dass Besuche oder Übernachtungsgäste komplett untersagt sind. Es liegt auf der Hand: Diese Rechtsauffassung und -auslegung des Landes Sachsen verstößt gegen das Grundgesetz.

Ich fordere das sächsische Innenministerium auf, unverzüglich die Hausordnung für die Erstaufnahme-Einrichtungen zu verändern und diese menschen- und grundrechtskonform auszugestalten. Zudem gilt es, die Praxis des Eindringens in Wohnungen zum Zwecke der Abschiebung ohne richterlichen Beschluss sofort zu unterbinden! Hier ist auch das Integrationsministerium am Zug, das sich von der couragierten Praxis der Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) eine Scheibe abschneiden sollte!

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