Zum Tode von Cornelius Weiss erklärt der Vorsitzende der Linksfraktion, Rico Gebhardt: „Die Nachricht, dass Cornelius Weiss nicht länger unter uns ist, erfüllt uns mit Trauer. Wir werden ihn nicht vergessen. Mit ihm verliert die gesellschaftliche Linke in Sachsen und insbesondere die große Zahl der Freunde Russlands eine großartige Persönlichkeit, deren markante Stimme künftig schmerzlich fehlen wird. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.“

„Viele Politiker durchlaufen in ihrem Leben eine Entwicklung, die sie von linken und radikalen Grundsätzen in der Jugend zu eher systemangepassten Vorstellungen im Alter führt. Cornelius Weiss hat den umgekehrten Weg zurückgelegt. Der aus einem religiös-sozialistischem Elternhaus stammende Wissenschaftler verbrachte zehn Jahre in der Sowjetunion, was ihn bis zum Lebensende stark prägte.

Sein ereignisreiches Berufsleben an der Karl-Marx-Universität Leipzig führte ihn bis zum Amt des Rektors. Cornelius Weiss verweigerte sich der DDR sicher nicht grundsätzlich und von Anfang an. Er war aber enttäuscht von dem, was aus ihr wurde. Er wollte sie besser und war deshalb 1989 auf die Straße, engagierte sich im Komitee zur Erneuerung der Universität und ging zu den Sozialdemokraten, getragen von der Hoffnung, dass man ,linker‘ Sozialdemokrat sein kann.

Er war zweifellos einer – konsequent, offen und nicht korrumpierbar durch Stellung und Schmeichelei. Das prägte ihn als politischen Wissenschaftler und das prägte den Wissenschaftler als Politiker. So stellte er sich als Rektor der Leipziger Universität allzu neoliberalen Umgestaltungsversuchen der Hochschulen entgegen.

Auch der Einfluss, den Willy Brandt und insbesondere dessen Ostpolitik auf ihn ausübte, führte Cornelius Weiss zur SPD. Zehn Jahre lang spielte er in der Landespolitik eine Schlüsselrolle als Fraktionsvorsitzender im Landtag und als Alterspräsident. Er wurde fraktionsübergreifend für seine offene, ehrliche und humorvolle Art geschätzt.

Insbesondere sein antifaschistisches Engagement im Kampf gegen die NPD nötigte Respekt ab. Stets suchte Cornelius Weiss Gespräch, Verstehen und Verständnis. Er war uns ein produktiver Partner, ohne sich selbst und seine Ansichten zu verleugnen. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Sachsen schätzte er als eine Möglichkeit linker Verständigung weit über Parteigrenzen hinaus.

Nach seinem Ausscheiden aus der Landespolitik zog sich der SPD-Politiker keineswegs zurück. Zunächst schrieb er seine Autobiografie ,Risse in der Zeit‘, die durch Authentizität und Anschaulichkeit beeindruckt. Zuletzt wurde er als aufrechter Linker immer kritischer gegenüber seiner Partei – nicht zuletzt wegen der ambivalenten Haltung der Sozialdemokratie zu Russland.

Scharf kritisierte er die Politik der Bundesregierung und setzte sich mit aller Kraft für ein besseres Verhältnis zum östlichen Nachbarn ein. Zu seinem Vermächtnis gehört die von seiner Achtung für das russische Volk getragene Mahnung, den Frieden zu bewahren.“

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