Hohe Ehre: Die Ökonomin Prof. Dr. Insa Theesfeld von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) übernimmt übergangsweise das Amt als Forschungsdirektorin am Ostrom-Workshop der Indiana University Bloomington. Dort wird sie den Fachbereich „Governing the Commons“ leiten.

Die Einrichtung wurde von der Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom gegründet und ist die zentrale Anlaufstelle der weltweiten Forschung zu Gemeingütern, zu denen zum Beispiel Grundwasser, Luft und auch die Natur gehören.

Von der Verteilung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 bis zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen: „Die Forschung zu Gemeingütern beschäftigt sich im Grunde immer mit Verteilungsproblemen und wie sich diese fair und nachhaltig lösen lassen“, erklärt Prof. Dr. Insa Theesfeld von der MLU. Zentrale Frage ihres Forschungsteams und auch der Commons-Forschung allgemein ist, wie ein System bereitgestellt werden kann, mit dem die jeweilige Ressource nachhaltig genutzt werden kann.

„Um diese Verteilungsprobleme zu lösen, ist ein Umdenken auf regionaler und globaler Ebene notwendig“, so Theesfeld. Dabei beschränkt sich der Begriff der Gemeingüter nicht mehr nur auf klassische Themen, wie Wasser oder Weideland. Auch der öffentliche Raum, die globale Artenvielfalt oder wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Software zählen heute zu den „New Commons“.

„Es gibt unzählige Fallstudien zu Gemeingütern. Mein Ziel wird es während meiner Zeit als Forschungsdirektorin sein, mit Forschenden aus aller Welt für diese sehr unterschiedlichen Arbeiten den gemeinsamen theoretischen und methodischen Überbau weiterzuentwickeln“, sagt Theesfeld. Dazu gehöre es auch, künftig noch mehr Vorhersagen über das Verhalten der Menschen zu ermöglichen. Ein weiteres Ziel der Wissenschaftlerin ist es, einen kontinuierlichen Austausch zwischen der Forschung und der Praxis zu etablieren.

„Ich freue mich auf die Zeit in Bloomington und sehe es als große Ehre an, für das Amt ausgewählt worden zu sein“, so die Wissenschaftlerin. Der Ostrom-Workshop wurde 1973 von Elinor Ostrom und ihrem Mann Vincent gegründet. Elinor Ostrom wurde 2009 der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften für ihre Forschung zur Verteilung von Gemeingütern zugesprochen.

Theesfeld ist seit 2014 Professorin für Agrar-, Umwelt- und Ernährungspolitik an der MLU. Sie studierte Agrarökonomik an den Universitäten in Rostock und Hohenheim. An der Humboldt-Universität zu Berlin wurde sie 2004 promoviert, 2013 folgte hier auch die Habilitation. Die Forscherin hat zahlreiche Fachaufsätze und Buchbeiträge zur Gemeingüter-Forschung veröffentlicht. Aktuell arbeitet sie zu Themen wie der Wasserverteilung in der Landwirtschaft oder auch sogenannten „Pseudo Commons“. Dabei handelt es sich um das Management von Gemeingütern, die nur auf dem Papier nach dem Commons-Prinzip verwaltet werden.

„In Wirklichkeit gibt es aber bestimmte Akteure, die sich bereichern. So geht das Vertrauen in diese Organisationsformen verloren. In post-sozialistischen Ländern lässt sich das zum Beispiel beim Management von Wäldern beobachten, die übermäßig abgeholzt werden. Der schmale Grat zwischen einem willkommenen Initiator einer Nutzergruppe und einem eigennützigen Anführer lässt sich weltweit und bei der gemeinsamen Nutzung vieler Ressourcen beobachten. Spannend ist die Frage: Wie erreicht und bewahrt man Ersteres“, erklärt Theesfeld, die seit 2021 zudem die Präsidentin der International Association for the Study of the Commons (IASC) ist.

Dabei handelt es sich um den weltweiten Dachverband der Commons-Forschung, welcher 1989 von Elinor Ostrom an der Indiana University Bloomington gegründet wurde.

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