Regional in Sachsen erzeugte Lebensmittel sind nur gering mit sog. perfluorierten Alkylsubstanzen verunreinigt und können daher bedenkenlos verzehrt werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) in Zusammenarbeit mit der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) Sachsen durchgeführt hat.

Im Rahmen eines regionalen Monitoringprojektes wurden Lebensmittel sächsischer Erzeuger auf ihre Gehalte an per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) untersucht.

Das SMS hat im Ergebnis einer Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kurzfristig ein erstes Monitoring in Sachsen erzeugter Lebensmittel in Zusammenarbeit mit bereits erfahren Laboren initiiert und parallel die zeitnahe Etablierung einer empfindlichen Untersuchungsmethode an der LUA Sachsen veranlasst. Im Zuge dieses ersten Monitorings wurden 90 Lebensmittelproben sächsischer Erzeuger auf insgesamt 15 unterschiedliche PFAS-Verbindungen untersucht.

Darunter befanden sich 70 pflanzliche Produkte, u.a. Kartoffeln, Kürbisse, Äpfel, Rüben und verschiedenste Getreidearten, sowie 20 Produkte tierischer Herkunft, wie Eier, Fleisch von Schwein, Rind und Wild, als auch Fisch. In lediglich acht der untersuchten Proben (9 Prozent) konnten überhaupt messbare Gehalte der 15 Substanzen von 0,18 bis 2,53 µg/kg Lebensmittel ermittelt werden.

Entsprechend der Erkenntnisse zur Verbreitung und Anreicherung von PFAS in Umwelt und Organismen waren sieben der acht positiven Proben tierischer Herkunft. Setzt man die gefundenen Gehalte ins Verhältnis zur wöchentlich aufgenommenen Menge des jeweiligen Lebensmittels, so ergibt sich selbst für Vielverzehrer eine Unterschreitung des gesundheitlichen Richtwertes TWI für die nachgewiesenen PFAS-Vertreter.

Im Ergebnis können auch die nach den vorliegenden Ergebnissen mit geringen Mengen PFAS belasteten Lebensmittel bedenkenlos verzehrt werden. Dieses erfreuliche Ergebnis zeigt einmal mehr, dass die Verbraucher mit dem Verzehr regionaler Lebensmittel gut beraten sind.

Staatsministerin Petra Köpping: „Auch bei Fragen der Lebensmittelsicherheit ist es wichtig, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu verfolgen und zeitnah in staatliches Handeln einfließen zu lassen. Wir haben die Neubewertung und daraus resultierende Besorgnis der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zu perfluorierten Substanzen zum Anlass genommen, die spezifische Belastung regional erzeugter Lebensmittel zeitnah zu prüfen und freuen uns, das erste Ergebnisse sehr zufriedenstellend ausgefallen sind.“

Aufgrund der allgegenwärtigen Verbreitung der PFAS als Umweltkontaminanten und hohen Relevanz des Themas wird das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS) in Zusammenarbeit mit der Landesuntersuchungsanstalt (LUA) Sachsen das begonnene Monitoringprojekt für regional erzeugte Lebensmittel fortführen, um einen Beitrag für qualitativ hochwertige und sichere sächsische Lebensmittel zu leisten.

Hintergrund

Bei PFAS handelt es sich um eine ca. 4000 Einzelverbindungen umfassende Stoffgruppe, deren Wasserstoffatome am Kohlenstoffgerüst vollständig (per-) oder weitgehend (poly-) durch Fluoratome ersetzt sind. PFAS, die auch als per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) oder perfluorierte Tenside (PFT) bezeichnet werden, sind thermisch und chemisch sehr stabile Verbindungen mit interessanten Eigenschaften für die technische Verwendung. So sind sie schmutz-, farb-, fett-, öl- und wasserabweisend, sowie beständig gegenüber UV-Strahlung und Verwitterung.

Sie finden Verwendung u.a. bei der Herstellung von öl-, wasser- und schmutzabweisenden Beschichtungen für Kleidung inklusive Arbeitskleidung sowie Teppiche, aber auch bei ölabweisenden Beschichtungen für Papiere mit Lebensmittelkontakt. Ferner werden sie in Kosmetika und Pflegeprodukten eingesetzt, aber auch in Farben, Haftmitteln, Wachsen und Polituren.

Traurige Berühmtheit erlangten PFAS jedoch durch ihren intensiven Einsatz bei der Herstellung von z.B. Antihaftbeschichtungen und AFFF-Feuerlöschschäumen (Aqueous Film Forming Foam – wasserfilmbildende Schaummittel) und die dadurch hervorgerufene ubiquitäre Verbreitung in der Umwelt. Die schwer abbaubaren Stoffe gelangen so auch in die Nahrungskette und können sich im Menschen anreichern.

Die beiden Leitsubstanzen Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA) weisen beispielsweise Halbwertszeiten im menschlichen Blutplasma von 4-5, respektive 3-4 Jahren auf. Der Einsatz beider Stoffe ist inzwischen bis auf wenige, bestimmte Ausnahmen durch die Europäische Chemikalienverordnung (REACH) untersagt.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) veröffentlichte im September 2020 eine Risikobewertung von PFAS in Lebensmitteln und deren potentiellen Einfluss auf die menschliche Gesundheit. Sie leitete eine gesundheitlich unbedenkliche, wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge (TWI) für die Summe der vier PFAS- Verbindungen PFOS, PFOA, PFHxS (Perfluorhexansulfonsäure) und PFNA (Perfluornonansäure) von 4,4 ng/kg Körpergewicht ab und verglich diese auf Basis vorliegender Verzehrsstudien mit dem Anteil an PFAS, der von der europäischen Bevölkerung über Lebensmittel aufgenommen wird.

Die EFSA kam zu dem Schluss, dass die Aufnahmemengen eines Teils der europäischen Bevölkerung den TWI überschreiten und ein Gesundheitsrisiko durch PFAS-kontaminierte Lebensmitteln nicht ausgeschlossen werden kann.

Diese Risikobewertung unterstreicht die Dringlichkeit, mit der eine regelmäßige Überwachung der Substanzklasse in Lebensmitteln erfolgen muss.

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