Eine Kleine Anfrage von Sprecherin für Gleichstellungs-, Inklusions- und Queerpolitik der Linksfraktion, Sarah Buddeberg, zeigt anhaltende Mängel bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt in Sachsen auf. So waren im vergangenen Jahr erneut über 9.000 Fälle häuslicher Gewalt zu verzeichnen, häufig waren Kinder mitbetroffen. Aktuell gibt es in Sachsen knapp 160 Erwachsenenplätze in Frauenschutzhäusern.

Nach der 2017 von Deutschland ratifizierten Istanbul-Konvention sind allerdings rund 400 dieser Familienzimmer notwendig. Die Belegungs-Statistik zeigt, dass die in den vergangenen Jahren neu geschaffenen Kapazitäten sofort vollständig ausgenutzt wurden. Der Bedarf ist noch lange nicht gedeckt, immer wieder müssen Betroffene abgewiesen werden.

Die großen Lücken bei der Umsetzung des völkerrechtlich verbindlichen Vertrags führen zu ganz konkreten Problemen mit potentiell tödlichen Folgen. Dies stellt auch der kürzlich veröffentlichte Bericht der Expert/-innenguppe GREVIO fest. Insbesondere der Schutz von geflüchteten Frauen und Frauen mit Behinderungen wird darin als unzureichend bemängelt. So erfahren Frauen mit Behinderungen doppelt bis dreimal so oft sexualisierte Gewalt wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt.

Diese Kritik wird auch vom Deutschen Institut für Menschenrechte geteilt, das daher eine Reihe von Handlungsempfehlungen für die Politik unterbreitet hat. Eine weitere Kleine Anfrage deckte zudem auf, dass die Staatsregierung im Bereich der Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen keine repräsentativen Zahlen vorweisen kann. Die Situation in den vollstationären Einrichtungen erscheint somit als ein großer blinder Fleck. Bereits bei einer Anhörung des Sächsischen Landtages im Mai benannten die Sachverständigen viele Schutzlücken, die auf der Landesebene geschlossen werden müssen.

So ist Sachsen nach einer Erhebung der Hochschule Merseburg bundesweit Schlusslicht bei der Versorgung mit Trauma-Ambulanzen und Fachberatungsstellen. Auch im Bereich der Justiz wurde erheblicher Fortbildungsbedarf geschildert, damit gewaltbetroffene Frauen zu ihrem Recht kommen. Dazu und zum morgigen Internationalen Tag gegen Gewalt sagt Sarah Buddeberg:

„Die Zahlen verdeutlichen, dass die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention bitter nötig ist. Besonderer Augenmerk muss auf dabei auf überdurchschnittlich gefährdete Frauen mit Fluchterfahrung sowie Frauen mit Behinderungen gerichtet werden, wie unabhängige Expert/-innen einfordern. Dabei ist nicht nur der Bund gefragt, wo die Ampel-Koalition endlich einen nationalen Aktionsplan vorlegen und entschlossen umsetzen sollte.

Auch die Landesregierung muss endlich ihre Hausaufgaben erledigen. Die Schritte dafür wurden bereits 2020 in unserem Antrag aufgezeigt. Dazu gehören mindestens 200 neue Schutzplätze, denn nicht einmal die Hälfte aller Landkreise im Freistaat erfüllen die Kriterien der Istanbul-Konvention. Die Schere zwischen Stadt und Land ist besorgniserregend. So gibt es im Vogtland, dem Erzgebirgskreis und Mittelsachsen keine Krisen- und Interventionsstellen, an die sich Frauen nach Gewalterfahrungen wenden können. Das Recht auf Schutz vor häuslicher Gewalt muss aber für alle Menschen im Freistaat gelten!“

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar