Häusliche Gewalt ist ein drängendes gesellschaftliches Problem, das vor allem Frauen und Kinder betrifft – auch in Leipzig. Die Betroffenen suchen Schutz in Frauenhäusern, doch im Anschluss finden sie häufig keine eigene Wohnung. Dadurch bleiben sie länger als nötig in den ohnehin voll ausgelasteten Frauenhäusern und belegen dringend benötigte Plätze für besonders gefährdete Schutzsuchende.

„Eine der Hauptursachen ist fehlender bezahlbarer Wohnraum“, erklärt Dr. Friederike Frieler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin im sozial-innovativen Modellprojekt „SieWo – sie wohnt gewaltfrei“.

Das neu gestartete Verbundprojekt der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) und der gemeinnützig organisierten Kontaktstelle Wohnen, baut mit SieWo eine Vermittlungsstelle für Wohnraum nach häuslicher Gewalt auf. So werden Frauen, die nach einem Aufenthalt im Frauenschutzhaus eine neue Perspektive suchen, mit Vermietenden zusammengebracht: koordiniert, begleitet und sicher.

Der Übergang aus der Schutzeinrichtung in eine eigene Wohnung wird erleichtert, die Verweildauer in Frauenhäusern verkürzt und auf diese Weise Gewaltkreisläufe durchbrochen. Über die neue Website können sich Interessierte ab sofort informieren und Kontakt aufnehmen.

So funktioniert SieWo

Die Mitarbeitenden im Projekt SieWo akquirieren Wohnungen und vermitteln diese an Frauenhausbewohnerinnen – mit enger fachlicher Begleitung. Vermietende profitieren dabei von SieWo als festem Ansprechpartner – sowohl vor als auch während des Mietverhältnisses –, verlässlichen Mietzahlungen (beispielsweise über die Agentur für Arbeit), der Begleitung zu Terminen wie Besichtigung, Vertragszeichnung oder Schlüsselübergabe sowie sozialer Wirkung ohne Mehraufwand.

Ein starkes Engagement für ein gewaltfreies Zuhause: Das SieWo-Team beim Leipziger Frauenlauf 2025. Foto: HTWK Leipzig
Starkes Engagement für ein gewaltfreies Zuhause: Das SieWo-Team beim Leipziger Frauenlauf 2025. Foto: HTWK Leipzig

Das Projekt wird durch ein Forschungsteam der HTWK Leipzig unter Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Wink wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Ziel ist es, mithilfe eines digitalen Vermittlungsportals langfristige Strukturen zu schaffen, um Gewaltbetroffene schneller in eigene Wohnungen zu bringen – zunächst in Leipzig und perspektivisch darüber hinaus. „Jede vermittelte Wohnung schafft einen freien Platz im Frauenhaus“, so Wink.

Wohnungen gesucht – für eine gewaltfreie Perspektive

Im Rahmen des Projekts suchen die SieWo-Mitarbeitenden Angebote aller Wohnungsgrößen im gesamten Leipziger Stadtgebiet. Besonders hoch ist der Bedarf an 1- und 4-Raum-Wohnungen. „Wir laden alle Vermietenden – private wie gewerbliche – ein, sich bei uns zu melden. Gemeinsam können wir konkret helfen“, so Frieler. Auch Menschen auf der Suche nach Nachmieterinnen für ihre Wohnung können sich an das Projekt wenden.

Die zukünftigen Mieterinnen verfügen über einen Wohnberechtigungsschein (WBS) und eine gesicherte Finanzierung der Wohnkosten. Eine Teilnahme am Projekt ist derzeit nur für Bewohnerinnen eines Leipziger Frauenschutzhauses möglich. Akut von häuslicher Gewalt Betroffene auf der Suche nach einem Schutzplatz wenden sich bitte an die Zentrale Sofortaufnahme.

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