Das Innenministerium hat angekündigt, die Wiedereinreise der im September nach Albanien abgeschobenen minderjährigen Dhespina und ihrer Familie zu veranlassen. Die an Mukoviszidose erkrankte junge Frau lebte bereits seit 2019 in Mittweida. Die Wiedereinreise wurde nicht aufgrund der schweren Erkrankung, sondern wegen des laufenden Antrags auf Bleiberecht angeordnet.

Dazu erklärt Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Dies ist kein Einzelfall. Sachsens Behörden missachten die Rechte von Geflüchteten systematisch. Ein Leitfaden, den die Koalition Anfang 2022 vereinbarte und der für rechtskonforme Abschiebungen sorgen soll, ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde.

Als ich unlängst mit den weiteren Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi und Frank Richter eine Unterkunft für Asylsuchende in Hoyerswerda besuchte, erklärte uns die Ausländerbehörde des Landkreises Bautzen sogar, dass sie den Leitfaden nicht kenne. Wenn selbst solche Regelungen nicht bekannt sind, ist es kein Wunder, dass Sachsens Behörden immer wieder gut integrierte und schutzbedürftige Menschen rauswerfen!

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hat der sächsischen Abschiebepolitik im August 2021 eine Abfuhr verpasst, als es die die Wiedereinreise der nach Georgien abgeschobenen Familie Imerlishvili verfügte. Spätestens seit dieser Entscheidung müsste dem Innenministerium als oberster Ausländerbehörde klar sein, dass auch in Sachsen Gesetze gelten: Wenn ein Antrag auf Aufenthalt gestellt wurde, müssen aufenthaltsbeendende Maßnahmen gestoppt werden, bis über den Antrag entschieden worden ist.

Im Fall Dhespina hat wieder eine Ausländerbehörde diese rechtsstaatliche Prämisse ignoriert. Ähnliches geschah im Fall der Abschiebung von Faisal R. aus Hoyerswerda im Juni 2023: Die Ausländerbehörde des Landkreises hatte ihn nicht über ihre Entscheidung zu seinem Antrag auf Chancenaufenthalt informiert. Dieses Abschneiden rechtsstaatlicher Prinzipien hat selbst das Innenministerium als Verstoß gegen die Leitfaden zur Rückführungspraxis gewertet.

SPD und Grüne sollten den Anspruch haben, in der Regierung etwas zu bewirken. Dazu reichen Betroffenheitserklärungen nicht aus. Vielmehr müssen beide mehr Druck ausüben, damit der Leitfaden zur Rückführungspraxis überarbeitet wird. Wenigstens sollte der Leitfaden allen Ausländerbehörden bekannt gemacht und sichergestellt werden, dass diese ihn einhalten. Als Linksfraktion waren wir immer skeptisch, was Vereinbarungen über rechtskonforme Abschiebungen angeht. Wir fordern, Ermessensspielräume zu nutzen, um den seit Längerem hier lebenden Menschen ein Bleiberecht zu ermöglichen.“

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