Ein Interessenbeirat, der als Vermittler, Kritiker und Ratgeber den für 2013 geplanten Ausbau von Peterssteinweg und Karl-Liebknecht-Straße begleitet, soll Anfang Februar gegründet werden. Zur Mitarbeit sollen zwischen elf und 15 Vertreter verschiedenster Akteure gewonnen werden, teilen die Stadt Leipzig und die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH mit, die das Bauprojekt gemeinsam planen.

Zur Mitarbeit im Beirat wurden unter anderem eingeladen: jeweils ein Vertreter von ADFC, Fuss e.V., ADAC, Ökolöwe, Behindertenverband, Fahrgastbeirat, Stadtbezirksbeirat und weiterhin je ein Vertreter von den vom Bauvorhaben betroffenen Gastronomen, Einzelhändlern, Gewerbetreibenden, Hausbesitzern, Kulturschaffenden und Anwohnern.

Baubürgermeister Martin zur Nedden: “Wir gründen den Interessenbeirat in dieser Phase der Planung, damit sich die zukünftigen Mitglieder bereits an der Diskussion des Entwurfs beteiligen können und über die Maßnahme von Beginn an umfassend informiert sind.”

Der Beirat soll über die Planungsphase und das Planfeststellungsverfahren hinaus auch nach dem Baubeginn 2013 zum Bauverlauf Stellung nehmen. Ulf Middelberg, Geschäftsführer und Sprecher der LVB: “Viele Menschen aus der Karl-Liebknecht-Straße machen sich Sorgen um die Zeit während der Baumaßnahmen. Unbestritten wird dies eine schwierige Zeit, gerade für die Geschäftsleute vor Ort. Umso wichtiger ist uns ein kontinuierlicher Informationsaustausch und Kontakt.”

Heute passieren allein 14.000 Fahrzeuge, 30.000 Straßenbahnnutzer und bis zu 4.000 Fahrradfahrer täglich die Karl-Liebknecht-Straße. Ziel ist, durch das Bauvorhaben KARLI die Wiederherstellung des alleeartigen Charakters mit insgesamt rund 80 Bäumen und die Weiterentwicklung zu einem Verkehrsraum mit klar zugeordneten Nutzungsbereichen für alle Verkehrsteilnehmer: Autos, Straßenbahn, Fahrräder und Fußgänger – einschließlich Anlieferungs- und Parkflächen.Zur Begleitung des Ausbaus von Peterssteinweg und Karl-Liebknecht-Straße zwischen Wilhelm-Leuschner-Platz und Körnerstraße initiieren die Stadt Leipzig und die Leipziger Verkehrsbetriebe seit November 2011 bereits das Interessenforum zum Bauvorhaben KARLI mit dem Ziel, Wünsche und wichtige Fragen der Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils zum Bauvorhaben aufzunehmen und nach Möglichkeit zu berücksichtigen.

“Anerkannt oberstes Ziel bleibt nach zahlreichen Stellungnahmen und ernsthaften Diskussionen von Anliegern und Gewerbetreibenden die dringende Notwendigkeit des Bauvorhabens und die Gewährleistung einer ausgewogenen Sicherheit und Barrierefreiheit für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen”, so Martin zur Nedden.

Der ADFC sitzt ist zwar eingeladen in den Beirat, hat den Start der Diskussion in der letzten Woche aber kritisiert.

“Wir erwarten von den Planenden, dass den weiteren Entscheidungsträgern und am Verfahren Beteiligten eine tatsächliche Variantenabwägung mit verschiedenen Verkehrslösungen und eine transparente Kostenplanung vorgelegt werden”, so Alexander John, Vorsitzender des ADFC Leipzig.Bei der Umgestaltung der KarLi müssten nach Auffassung des ADFC unter anderem folgende Planungsgrundsätze berücksichtigt werden: die Beibehaltung des Boulevard-Charakters mit mindestens sieben Meter breiten Gehwegen mit durchgehendem Baumbestand, eine barrierefreie bzw. -arme Gestaltung des Fußverkehrs, die Sicherstellung des Anlieferverkehrs der Gewerbetreibenden und Schaffung eines durchgehenden Fußwegebandes und zusätzlicher Fahrradstellplätze.

Als ein Hauptproblem für die Verwirklichung dieser Ziele hat sich auch in den Bürgerforen immer wieder der geplante “ruhende Verkehr” erwiesen. Mal behindern die geplanten”Parktaschen” den Lieferverkehr, mal fressen sie – wie im Bereich zwischen Riemannstraße und Hohe Straße – die Hälfte der jetzt noch breiten Bürgersteige, die der Straße hier einen Boulevardcharakter geben.

Und auch die Stadt weiß, dass die Parkplätze den Händlern im Straßenabschnitt keine zusätzliche Kundschaft bringen. Meist sind auch die heute aufgemalten Parkstreifen von Dauerparkern belegt.

Während die gemeinsame Führung von Straßenbahn- und Kfz-Verkehr im Abschnitt Körner-/Shakespearestraße sowie zwischen Riemann- und Windmühlenstraße den Vorstellungen des ADFC entspricht, werde es dagegen mit der derzeit vorliegenden Planung eine massive städtebauliche Verschlechterung im Abschnitt Shakespeare-/Riemannstraße geben. Leidtragende wären vor allem der Fußverkehr und die Gewerbetreibenden, die dann zum Teil in den Freisitzen oder Gewerbeauslagen eingeschränkt werden, resümiert der ADFC.

Der geplante separate Gleiskörper würde den momentanen Charakter der KarLi außerdem stark verändern und widerspräche zudem Richtlinien und Stadtratsbeschlüssen. “Wir fordern daher eine durchgängige Boulevardlösung mit gemeinsamer Führung von Tram- und Kfz-Verkehr, die auch die Querung für Mobilitätseingeschränkte sicherstellt”, bekräftigt Alexander John.

Der ADFC zweifelt auch an einer nennenswerten Beschleunigung der Straßenbahn durch einen separaten Gleiskörper und der damit verbundenen Förderfähigkeit. “Alternativ bietet sich eine durchgängige gemeinsame Führung von Kfz- und Straßenbahnverkehr mit Bevorzugung der Tram durch Vorrangschaltungen und als Pulkführer, wie zum Beispiel in der Eisenbahnstraße, an”, so John. “Querungen wären überall möglich, mit zusätzlicher Hilfe durch Ampeln.”

Die komplette Stellungnahme des ADFC Leipzig zur Vorplanung KarLi findet man unter: www.adfc-leipzig.de/index.php/verein/fachstudien

Die LVB-Info-Seite zum Projekt: www.lvb.de/karli

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