Eine öffentliche Brücke war es nie wirklich. Seit zehn Jahren ist sie sowieso für jeglichen Verkehr gesperrt. Nur der Fußweg von der Nonnenstraße führt noch direkt auf die einstige Eisenbahnverbindung im alten Werksgelände der Buntgarnwerke zu, endet dort an einem Zaun. Demnächst wird er direkt am Wasser enden.

Am 10. April gab das Stadtplanungsamt bekannt, dass die Brücke abgerissen wird. Zuvor hatte der Eigentümer des Geländes die Brücke schon sichern lassen, damit Paddler unter der Brücke nicht von herabfallenden Steinen verletzt werden. Der Eigentümer des Geländes ist seit einiger Zeit eine bekannte Immobilienentwicklungsgesellschaft aus Leipzig, die nicht gern öffentlich genannt werden will. Sie möchte nur eine bestimmte Art Geschichten über sich erzählt wissen.

Zum Beispiel die über den Umbau des noch unsanierten Teils der alten Buntgarnwerke für 33 Millionen Euro zu einem Wohnblock mit Luxus-Appartements. 125 Wohnungen für etwas betuchtere Käufer oder Mieter sollen hier entstehen, die Mietpreise zwischen 7 und 10 Euro, Autostellplätze im Erdgeschoss, auch ein Bootsanleger soll gebaut werden.Das Wohnen am Wasser hat sich, wie man sieht, als attraktives Marktsegment für die besserverdienenden Leipziger entwickelt. Die Brücke – 1907 gebaut – war freilich nie wirklich für den öffentlichen Verkehr vorgesehen. Man hätte sie sich als Fußgängerbrücke vorstellen können. Doch die Entscheidung, ob sie das werden würde, lag zwangsläufig beim Besitzer.

Der hat auch das Gutachten in Auftrag gegeben, teilt die Stadtverwaltung mit. “Das Gutachten wurde durch den Eigentümer in Auftrag gegeben und kann auch nur von ebendiesem kommentiert werden. Das gleiche gilt für die Höhe der Abrisskosten. Die Entscheidung zu einem Abbruchtermin erfolgt durch den Eigentümer. Die Kosten für den Abriss werden derzeit ermittelt und vom Eigentümer getragen.”Ist jetzt also nur noch eine Frage der Zeit, wann die Brücke abgerissen wird. “Für den Bootsverkehr gibt es beim Abriss keine Einschränkungen, da die Abbrucharbeiten der Holz- und Betonbeläge durch Errichtung eines Pontons unter der Brücke erfolgen”, teilt das Dezernat für Planung und Bau dazu mit. “Die Stahlteile der Brücke werden zerlegt und mittels Autokran ausgehoben.”

Natürlich hätte sich die Stadt mit der Brücke durchaus auch ein neues Element in der Stadtteilentwicklung vorstellen können. Denn wenn man schon von Klein-Venedig spricht, dann gehören Brücken natürlich zum Reiz einer solchen Stadtlandschaft. Der Eigentümer hat da sichtlich andere Vorstellungen.

Mehr zum Thema:

Leipziger Buntgarnwerke: Brücke über Weiße Elster muss abgerissen werden
Sie ist einer der Hingucker für Wassersportler …

Damit kein Stein ins Wasser fällt: Die Brücke der Buntgarnwerke wird vernetzt
Unter der ehemaligen Werksbrücke der …

Und so teilt das Baudezernat nur sein Bedauern mit: “Die Stadt Leipzig bedauert einen Abbruch sehr. Aufgrund des vorliegenden Gutachtens zum Zustand der Brücke und der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einer Sanierung musste die Stadt dem Abrissantrag des Verfügungsberechtigten stattgeben. Da die Buntgarnwerke inklusive der Brücke nicht im Eigentum der Stadt sind oder waren, konnte sie auf die Kaufverträge keinen Einfluss nehmen.”

Und: “Im steten Austausch mit dem Eigentümer hat sich die Stadt fortwährend für den Erhalt der Brücke eingesetzt. Jedoch ist hier der Eigentümer in der Verantwortung. Trotz des bedauernswerten Verlust dieses markanten Elements bleibt das Gesamtensemble als Ganzes weiter erlebbar.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar