Im Ausstellungsbereich des Stadtplanungsamtes (4. Obergeschoss des Neuen Rathauses) werden von Montag, 11. Februar, bis Mittwoch, 20. Februar, die Ergebnisse des Workshopverfahrens zur Umnutzung der ehemaligen Naumannschen Brauerei in Leipzig-Plagwitz gezeigt. Eine Brauerei in Plagwitz? - Da werden selbst die meisten Plagwitzer ratlos da stehen. Nur ein Teil des alten Sudhauses erinnert noch an die einst zweitgrößte Leipziger Brauerei.

Mehrere der einst unübersehbaren Industriegebäude in Plagwitz wurden in den vergangenen 20 Jahren abgerissen. Brachen wuchern mitten im Stadtgebiet. Ein Teil der Brache an der Zschocherschen Straße gegenüber der Einmündung der Markranstädter Straße wurde vor wenigen Jahren mit einem der so unbedingt notwendigen Discounter-Märkte bebaut. Mit Klinkerverkleidung, die auf den benachbarten Klinkerbau der einstigen Brauerei Bezug nimmt.

Die Naumannsche Brauerei gehört mit zum großen Heine-Erfolgs-Kapitel in Plagwitz. Und sie verbindet einige der berühmten Leipziger Sehenswürdigkeiten miteinander. Auch eine, die im wilden Wahn des Straßenumbaus im Vorfeld der Fußball WM 2006 abgerissen wurde. Denn 1832 kaufte Carl Wilhelm Naumann das Grundstück “Kleine Funkenburg” am Ranstädter Steinweg, wo er sein erstes Brauhaus errichten ließ, das 1835 die Produktion aufnahm. Es ist genau jene “Kleine Funkenburg”, die 2005 abgerissen wurde, um eine Verbreiterung der Jahnallee, die später wieder Ranstädter Steinweg heißen durfte, an dieser Stelle zu ermöglichen.

Das Bier, das er in der “Kleinen Funkenburg” braute, ließ Naumann ab 1843 auf dem Böhmischen Gut in Plagwitz in einem ins Erdreich gegrabenen Felsenkeller lagern, wo er 1844 auch ein Ausflugslokal eröffnete. Das Grundstück in der Zschocherschen Straße 79 erwarb er 1857 von Carl Heine. Da ließ er dann seine neue, moderne Dampfbrauerei bauen, die 1864 ihren Betrieb aufnahm. 1888 bekam die Brauerei auch einen Gleisanschluss. Die Brauerei C. W. Naumann war es auch, die 1888 “Zills Tunnel” eröffnete und 1890 den neuen “Felsenkeller”.

Und obwohl die Brauerei im ersten Weltkrieg, in der Weltwirtschaftskrise und im 2. Weltkrieg mehrmals in finanzielle Engpässe kam, wurde das Bierbrauen in der Zschocherschen Straße auch nach der Enteignung 1946 nicht eingestellt. Erst die modernen Zeiten mit ihren blühenden Landschaften machten dem Braubetrieb den Garaus. Aber wer mag, kann die Geschichte der Brauerei im verdienstvollen “Leipzig-Lexikon” von André Loh-Kliesch nachlesen.Jetzt erinnert nur noch das verklinkerte Sudhaus an die einst straßenbildprägende Brauerei. Die Haus & Capital Wirtschafts- und Finanzierungsberatungs GmbH plant nun, die etwa 16.000 Quadratmeter große Fläche zwischen Zschocherscher Straße und Erich-Zeigner-Allee mit Wohnhäusern zu bebauen. Die Lage an einer der wichtigsten Hauptachsen des Stadtbezirkes Südwest stellt dabei besondere Ansprüche, meint auch das Stadtplanungsamt.

Ein Workshop sollte nun architektonisch annehmbare Lösungen für das Gelände suchen.

Mit dem Workshop, an dem sich insgesamt sechs Architekturbüros beteiligt haben, wurden Entwicklungsmöglichkeiten und Ideen für eine künftige Wohnnutzung und die dafür erforderliche Infrastruktur begutachtet, erklärt das Stadtplanungsamt dazu. Zu berücksichtigen waren dabei auch der Denkmalschutz für noch bestehende Gebäude und die gebietsübergreifenden Zielkonzepte der Stadt.

Es betont weiterhin. “Die Art und das Maß der künftigen Bebauung sowie deren Repräsentation sind wichtige Elemente zur Prägung des Straßenraums.”

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Die gesamte Wohnanlage ist vorrangig für potentielle Eigennutzer geplant, die sich größere, auch familienfreundliche und altersgerechte Wohnungen mit direkt angrenzendem Grünbereich wünschen. Also der nächste Wohnpark im Stadtgebiet. Ob das von Stadt und Eigentümer klug gedacht ist, werden die nächsten Jahrzehnte zeigen. Denn wenn die Metropolenentwicklung in Deutschland weiterhin so progressiv verläuft wie in den letzten Jahren, dann wird Leipzig keine kleinteiligen Wohnanlagen brauchen, sondern wieder kompakte, energiesparende Wohnquartiere mit kleinen Wohnungsquerschnitten und familiengerechter Infrastruktur. Jawohl: bis hin zu weiteren von vornherein eingeplanten Kindertagesstätten.

Ob Haus & Capital den Trend aufgenommen hat, kann man ab heute sehen. Die Ausstellung im Neuen Rathaus zeigt ab heute die Arbeiten der drei Preisträger und ist gemäß der Öffnungszeiten des Neuen Rathauses montags bis donnerstags 8-18 Uhr und freitags 8-15 Uhr geöffnet.

Am 4. Februar tagte die Jury und vergab folgende Preise:

1. Preis: Sven Hirsch Architekt, Hildesheim

2. Preis: Torsten Hentsch Architekt, Leipzig

3. Preis: Kayser + Nemeth Architektur, Leipzig

Die Brauerei C. W. Naumann in André Loh-Klieschs Leipzig-Lexikon: www.leipzig-lexikon.de/handwerk/naumann.htm

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