Wer feiert sich da? Und wer feiert sich zu recht? - Mit Sportprogramm und Buffet wurde am Montag, 15. April, die neue Sporthalle am Rabet eingeweiht, 45 Meter lang, 27 Meter breit, 4,5 Millionen Euro teuer. Für den Leipziger Osten ein Kronjuwel. Und ein Zeichen: Hier wir noch / wieder / trotzdem investiert. Auch wenn die Sache mit dem versprochenen Gymnasium im vergangenen Jahr erst einmal amtlich abgewürgt wurde. Muss man Versprechen einhalten?

Es wäre gut, wenn Amtsträger in Deutschland das wieder lernen würden. Es hat etwas mit Vertrauen zu tun. Und die, die nur tanzen, wenn eine 4,5-Millionen-Euro-Halle eröffnet wird, haben genauso viel “dazu bezahlt” wie die, die vorn ins Mikro reden. Es sind immer Steuergelder, die verbaut werden. Und die Verteiligungskämpfe sind manchmal zäh. Das waren sie auch in Leipzig, denn die verantwortliche Politik tat sich lange schwer, die neue Sporthalle zu finanzieren, die in erster Linie kein Geschenk ist, sondern ein Ersatz. Die alte, denkmalgeschützte Sporthalle am Rabet brannte im März 2008 ab. Rund drei Jahre lang dauerte das Gezerre um eine neue Sporthalle.

Aus der Versicherung der abgebrannten Sporthalle standen fast 800.000 Euro zur Verfügung, zu wenig für einen Neubau, genug, um den Neubau aber anteilig zu finanzieren. Den Partner dafür zu finden, war am Ende zäh. Deswegen sprach Bürgermeister Heiko Rosenthal, der in Leipzig auch für den Sport zuständig ist, auch fast schelmisch die Sorge um die Fördergeldgeber an. Schön im Plural.Denn neben ihm stand zwar nur der sächsische Innenminister Markus Ulbig. Doch der ist seit April 2012 auch sächsischer Sportminister. Was ihn freut, sagt der Sportminister, so könne er das Thema Stadtentwicklung, das bei ihm schon klassisch verwaltet wird, noch besser mit der Sportförderung verzahnen. Sport hat Primat in der sächsischen Politik. Und spielt, so Rosenthal, auch in der Integrationspolitik eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Immerhin 6.000 Migranten sind in Leipzig in Sportvereinen organisiert, darunter 1.500 Kinder und Jugendliche. Der Leipziger Osten ist der Stadtbezirk mit dem höchsten Migrantenanteil. Die neue Sporthalle wird also auch Integrations- und Kulturzentrum.

Im August 2011 hatte Markus Ulbig den Förderbescheid an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung übergeben. 1,85 Millionen Euro aus dem EFRE-Förderprogramm der EU. Der Freistaat ist der Verwalter und Vermittler dieser Fördergelder. Im November 2011 begannen die Bauarbeiten. Insgesamt rund 10.000 Tonnen Erdreich und Bauschutt, etwa 1.300 Lkw-Ladungen, wurden für die Baugrube in der Größe von 52 mal 50 Metern ausgehoben und entsorgt. Im März 2012 wurde der Grundstein gelegt – mit Minister und OBM.Da wurde in Dresden noch hart gerungen. Denn eigentlich hatte der Finanzminister für den Sportstättenbau im Doppelhaushalt 2013/2014 keinen einzigen Euro vorgesehen. Vielleicht dachte er sich: Das merkt ja eh keiner. Wer baut schon Sporthallen, wenn die Bevölkerung schrumpft? – Aber auch die Leipziger CDU-Landtagsabgeordneten Rost und Pohle kämpften. Wenn die Bevölkerung im Vogtland wegschmilzt, heißt das ja nicht, dass sie es auch in Leipzig tut. Im Gegenteil. Die Großstädte in Sachsen wachsen. Sie brauchen Kitas, Schulen, Sporthallen. Am Ende konnte sich auch der Sportminister freuen: Wenigstens 27 Millionen Euro stehen für beide Haushaltsjahre im Plan.

Doch Sachsens Minister rechnen auch immer mit der Vergesslichkeit ihrer Untertanen. Denn zuvor hatte man natürlich eifrig gekürzt, was die Kommunen bei den Sportinvestitionen erst so richtig in Not brachte.

2010 betrug die investive Sportförderung des Freistaats noch 17 Millionen Euro. Sie wurde dann mit dem Kürzungshaushalt 2011/2012 erst auf 2,85 Millionen Euro (2011) und dann auf 0,86 Millionen Euro (2012) eingedampft. Wer die 4,3 Millionen Euro für die neue Sporthalle dagegen hält, weiß, was das im gesamten Freistaat bedeutet.Natürlich hofft Leipzig darauf, auch in den nächsten Jahren wieder dabei zu sein. Heiko Rosenthal sprach ganz dezidiert die geplante neue Dreifeldhalle für die Sportmittelschule am Sportforum an. Als Leipzig 2007 sein Sportstättenprogramm bis 2015 niederschrieb, stand der Leipziger Osten schon mit der schlechtesten Grundausstattung aller Stadtbezirke da. Über 9.000 Quadratmeter Sporthallenfläche fehlten. Eins zieht das andere nach sich. Und wie wichtig die Stabilisierungsarbeit für einen Stadtbezirk ist, das betonte auch Ulbig.

Aber er mahnte auch, das neue gute Stück pfleglich zu behandeln, in ein, zwei, drei Jahren wolle er wiederkommen und sich anschauen, wie die Nutzer mit ihrer Halle umgegangen sind. Eine Mahnung galt insbesondere den Handballspielern. Aber für Handball gilt wohl wie für wenige Spielarten: Wenn die Spieler aufs Parkett Rücksicht nehmen, gewinnen sie nicht. Ein Spagat. Was tun?

Rosenthal betonte deshalb, man werde aus eben diesen Gründen keine private Firma mit der Wartung der Halle beauftragen, sondern das in städtischer Regie lassen. Da könne man die professionelle Wartung eher gewährleisten. Aber die Debatte um neue Einsparmöglichkeiten wird auch an dieser Stelle wieder kommen wie das Amen in der Kirche. Irgendwann gibt es immer einen, der ganz sicher weiß, dass privat besser und billiger ist. Sparen ist ja das Zauberwort in Sachsen. Dumm nur, dass man – wenn man bei eh schon zu knappen Etats spart – Löcher an Stellen reißt, wo es richtig weh tut. Bei der Wartung zum Beispiel. Wie es Leipzig 2012 heftig erlebt hat, als das Bauordnungsamt reihenweise die Warnschilder an die Sporthallen klebte, weil Sanitärräume und/oder Parkett in desolatem Zustand waren. Ein Notprogramm half.

Aber das kann – gerade bei den neuen Hallen, nicht die Norm sein. Aber vielleicht fällt es dem Sportbürgermeister deshalb zumindest in den nächsten zwei, drei Jahren leichter, genügend Haushaltsmittel für die Bestandserhaltung durchzusetzen. Danach wird es wieder schwer. Denn nicht nur Ämter sind an manchen Stellen sehr vergesslich, auch Mandatsträger. Manche Geschichten fangen dann von neuem an.

So wie beim versprochenen Gymnasium im Leipziger Osten, das den Akteuren in diesem wirklich nicht leichten Stadtteil fest versprochen war – und dann wanderte das “Gymnasium im Osten” in der Schulentwicklungsplanung unverhofft in den Nordosten. Der Osten ging leer aus, obwohl auch Leipzigs Schulplaner wissen, wie dringend gerade der Osten eine höhere Schule braucht. Auch als Ansporn. Wenn die klugen Kinder jeden Morgen erst mit Straßenbahn oder Bus in fernere Stadtteile fahren müssen, sind sie irgendwann wieder ganz weg. Das ist für das so beliebte Thema Stadtteilentwicklung kontraproduktiv.

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