So recht glauben möchten es auch die Macher der Studie "Masterplan Naturkundemuseum" nicht, wenn sie zwischen die bereits auf L-IZ beschriebenen gangbaren, unwägbaren und favorisierten Standorte das Stadtbad quetschen. Da war doch was? Richtig, eine Förderstiftung, welche sich 2008 verstärkt um eine Wiederauferstehung des Komplexes an der Eutritzscher Straße 21 bemüht. Mit Schwimmhalle natürlich. Wenig Raum eigentlich für eine Naturkundemuseums-Idee. Und mehr war es wohl auch nicht.

Es gäbe eben keinen Investor für das Gebäude, so die Haltung der Stadt zu ihrer Immobilie, welche sie 2004 schließen musste. Geld zur Instandsetzung hat die Kommune auch nicht, aber dass es keinen Investor gäbe, wirkt etwas merkwürdig. Stimmt, sind ja eher Bürger, welche sich unter dem Slogan “Ein Herz für …” zugunsten des Alten Stadtbades engagieren und investieren. Ein Investor jedoch ist scheinbar etwas anderes – so mit Krawatte und Zwirn in großer Stahlkarosse. So einen gibt es nicht fürs Stadtbad und ein Naturkundemuseum wird’s darin wohl ebenfalls nicht geben.

Auf Nachfrage der L-IZ lässt Dirk Thärichen, Vorstandsvorsitzender der Förderstiftung Leipziger Stadtbad freundlich ausrichten: “Die Förderstiftung Leipziger Stadtbad hat sich die Sanierung des 1916 eröffneten Stadtbades zur Herzensangelegenheit gemacht. Gemeinsam mit Stiftern, Partnern und den Bürgern arbeiten wir an der Vision, das historische Juwel zu revitalisieren und damit seiner ursprünglichen Bestimmung zurück zu führen. Wo Stadtbad drauf steht, soll auch wieder Stadtbad rein.”
2016 ist das Zieljahr auch laut Studieninformationen, in welchem die Stadtbadstiftung versuchen wird, die Männerschwimmhalle wieder zu eröffnen. Ein Traum? Vielleicht einer, aber mit realistischem Boden und etwas mehr Zeitbedarf als ein Verkauf oder eine wohl eher theoretisch überlegte Umnutzung zum Naturkundemuseum. Dirk Thärichen weiter zum bisherigen Stand: “Dafür haben wir bisher rund eine Million Euro eingesammelt und mehr als die Hälfte gemäß des Stiftungszweckes wieder investiert. Hinzu kommen rund zwei Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II für die energetische Dachsanierung und somit die grundsätzliche Rettung des Stadtbades. Die Nutzung des Stadtbades für Veranstaltungen ist für die Stiftung nur eine Zwischenlösung.”

Neben den bereits geflossenen Mitteln für eine eher nasse Verwendung gibt es jedoch auch Gründe innerhalb der Studie, welche den Ort als Variante obsolet machen. Im Falle des 1913 bis 1915 erbauten Alten Stadtbades sind es die eigentliche Nutzungsart, Größe, der Standort, die zu erwartenden Kosten für die museale Herrichtung und während des laufenden Betriebes. Also eigentlich alles.
Bei den Sanierungskosten stolze 22,580 Millionen Euro, also nahezu der doppelte Betrag im Vergleich zu den derzeit preisgünstigsten Varianten. Dieser korrespondiert auch ganz gut mit der schieren Größe des Komplexes. Die Nutzfläche liegt bei stolzen 7.620 Quadratmetern, im Vergleich zu den sonst geplanten 4.200 bis 4.500 Quadratmetern eine “andere Liga”, wie die Studienersteller selbst eingestehen. Summiert mit dem Standort an der Eutritzscher Straße, konstatieren diese dann auch, dass dies alles wohl nur mit einigen massiven Kopfständen realistisch erscheinen könnte. Und so heißt es: “An diesem Standort ist eine Konzeptanpassung erforderlich. Die im Masterplan vorgestellte Rahmenkonzeption ist nicht 1:1 übertragbar.” Wohl eher 1:2, denn nachfolgend heißt es: “Das Gebäude erfordert ein Konzept, das die Langeweile des hinteren Bahnhofsgebietes durchbricht und dem Besucher die Standortwahl zwar nicht sinnfällig vor Augen führt, jedoch Staunen und Respekt auslöst, wie gut die Nachnutzung eines Stadtbades gelingen kann. Das Museum muss hier – in der Einrichtung und auch beim Start – finanziell in einer anderen Liga spielen.”

Mit durchschnittlich 1,350 Millionen jährliche Kosten fürs Stadtsäckel laut der Berechnungen für das Modellhaushaltsjahr 2015 also eher eine Idee für Visionäre und Schwimmbadgegner. Selbst in der vorläufigen Personalplanung wären mehr Techniker nötig. Irgendwie scheint hier die Wiederaufnahme des ehemaligen Zweckes doch weit näher zu liegen, als ein “Eventmuseum” mit Rechtfertigungsdruck am oberen Rand der Skala und einer derzeitigen Besucherprognose von 100.000 pro Jahr. Ließe man das (kleinere) Konzept laut Masterplan einfach auch für das weit größere Gebäude bestehen, gar nur 70.000 – so zumindest die immer schwierigen Prognosen zur Zukunft eines Leipziger Naturkundemuseums.
In den vertiefenden Betrachtungen im Masterplan taucht dieser Standort dann auch folgerichtig nicht mehr auf. Fast möchte man angesichts dessen “Halleluja” seufzen und freut sich lieber auf die nächsten Kita-Neubauten.

Bis in die Detailplanung hat es auch der letzte der sieben Kandidaten nicht geschafft, wobei hier die Fragen noch größer zu sein scheinen, als es Antworten aus der Stadtkämmerei und von den durchaus vorhandenen Lobbygruppen rings um das Naturkundemuseum geben könnte. Am Tröndlinring, da steht ein Haus … und wird wohl auch noch eine Weile so da stehen bleiben. Ganze fünf von 150 Seiten finden sich zu dem ehemaligen Bankgebäude am Tröndlingring 3.

Der Eigentümer sei “nach eigenen Aussagen derzeit gern bereit, das Gebäude zu verkaufen, eine Vermietung hingegen wird begrüßt (Gespräch mit dem Eigentümer am 26.11.2012). Zur Zeit ist das dritte und vierte Obergeschoss an ein Fitnesstudio vermietet.” So die Einstiegssätze zur nichtstädtischen Immobilie.

Angesichts der Alternativen hätte man den Vorschlag wohl schon hier in die “Ablage P” bringen können, aber das Gebäude sei aufgrund der Art der Räume und den damit gegebenen Möglichkeiten, welche den derzeitigen Besitzer inklusive Fassade zirka 4 Millionen gekostet habe, “hervorragend als Museumsgebäude geeignet.”

Das war es dann aber auch schon wieder mit den Vorteilen. Runde 8,5 Millionen “Grunderwerb”, also Kauf des Hauses mit einer Nutzfläche von 5.860 Quadratmeter lassen die Kosten der Herrichtung für ein Naturkundemuseum mit gesamt 21,566 Millionen in die Oberliga der Varianten rauschen. Da hilft wohl auch die “gute Sichtigkeit” des Standortes nahe zum Zentrum und Hauptbahnhof nichts mehr. Und auch eine Anmietung, welche natürlich die Kosten des Erwerbs erübrigen würden, scheint unrealistisch. Während beim Eigenbetrieb des Museums am Tröndlingring 3 die jährlichen Zuschuss-Kosten mit 1,135 Millionen zumindest noch im oberen Bereich der anderen Varianten läge, entstünden so laufende Steuertransfers zum Besitzer in Höhe von 2,045 Millionen.

In der weiteren Diskussion werden wohl beide Vorschläge in den Genuss einer kurzen Diskussion der Korrektheit halber und einer anschließenden Überantwortung an den Reißwolf kommen.

Zur Stiftung Stadtbad im Netz
www.herz-leipzig.de

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