Das Juni-Hochwasser hat nicht nur hektisches Treiben bei der Landestalsperrenverwaltung ausgelöst. Es hat auch bei einigen Leuten in Leipzig ein leichtes Nachdenken in Gang gebracht. Auch über die Frage, dass für den nachhaltigen Hochwasserschutz in Leipzig in den letzten elf Jahren gar nichts passiert ist. Der BUND spricht von ökologischem Hochwasserschutz und fordert endlich einen anderen Umgang mit dem Leipziger Auenwald.

Der heißt ja nicht so, weil man hier irgendein mythisches Auenland vermuten darf, sondern weil er in den letzten 1.000 Jahren im Gebiet der Flussauen von Weißer Elster, Pleiße, Luppe und Parthe entstanden ist. Ein Produkt auch der modernen Besiedelung Sachsens. Denn der fruchtbare Boden, auf dem die Auenwälder entstanden sind, ist vor allem kostbare Ackerkrume, die bei den Rodungen und der sich ausbreitenden Landwirtschaft in Sachsen und Thüringen losgelöst und in die niedrigeren Flussauen geschwemmt wurde. Der Artenreichtum, von dem die Biodiversitätsforscher so schwärmen, entstand, weil die jährlichen Überschwemmungen nicht nur besondere Flora-Fauna-Gemeinschaften begünstigten, die Wasserreichtum lieben, sondern weil die jährlichen kleinen und größeren Überschwemmungen auch immer neue Nährstoffe in die Auen schwemmten.

In welcher Menge, das konnte auch in den letzten Jahren jeder beobachten, der das flotte Wachsen der Schwemminseln im Elsterbecken beobachtete. Ein Phänomen, das aller paar Jahre 1 Million Euro kostet, wenn die Landestalsperrenverwaltung diese Ablagerungen aufwändig abbaggern oder neuerdings absaugen lässt. Die letzten Überschwemmungen im Januar 2011 und Juni 2013 zeigten aber auch, wie wichtig die Waldauen sind, um auch bei starken Hochwasserereignissen als Entspannungsflächen zur Verfügung zu stehen. Beide Male wurde zum Höhepunkt der Flut das Nahleauslasswerk geöffnet und die Burgaue in einer Blitzaktion geschwemmt – mit entsprechenden Flutungsschäden.

Nicht nur der BUND kritisiert, dass so etwas überhaupt nicht nötig wäre, wenn die auch in früheren Hochwasserschutzkonzepten der Stadt Leipzig für Überschwemmung vorgesehenen Auwaldgebiete auch tatsächlich dafür geöffnet wären. Doch die Konzepte liegen seit zehn Jahren in der Schublade. Es gibt ein paar Ausweichmanöver wie das Forschungsprojekt “Lebendige Luppe”. Aber die tatsächliche und alleinige Hoheit über das, was an den Gewässern 1. Ordnung in Leipzig passiert, liegt bei der Landestalsperrenverwaltung. Und selbst Leipzigs OBM tut, was die Talsperrenverwaltung sich wünscht. Ein sichtliches Ringen um eine Lösung für das Kleinod Auenwald ist nicht sichtbar. Das muss sich ändern, findet auch der BUND.Auf der letzten Mitgliederversammlung des BUND Leipzig verabschiedeten die Mitglieder nun einstimmig einen Leitantrag zum Thema Ökologischer Hochwasserschutz. Der BUND fordert darin, dass Hochwasserschutz bei der Flächennutzung Vorrang haben müsse und dass das FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem” erhalten bleiben müsse. Durch die Deichverstärkung in der Burgaue ist es nämlich akut gefährdet. Der BUND schließt sich zudem der Forderung an, dass das Nahleauslassbauwerk zurückgebaut werden sollte, um die Burgaue wieder als Überschwemmungsgebiet nutzen zu können.

“Das Hochwasser 2013 und die Lage 2011 haben deutlich gemacht, dass der ökologische Hochwasserschutz auch in Leipzig deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Auch wenn die Situation im Sommer für Leipzig glimpflich ausging und die Pläne im Wesentlichen funktioniert haben, so muss doch eine breite Diskussion zur Zukunft des Hochwasserschutzes geführt werden”, erklärt Martin Hilbrecht, Vorsitzender der Regionalgruppe Leipzig. “Die Versuche, Panik zu schüren und in der Gesamtauswertung zum Teil Umweltverbänden und -initiativen die Schuld in die Schuhe zu schieben, wie etwa die Landestalsperrenverwaltung dies exerziert, lehnen wir ab. Hochwasserschutz kann nicht gegen die Natur betrieben werden, sondern die natürlichen Möglichkeiten der Wasserrückhaltung müssen ausgeschöpft werden.”

“Unter dem Eindruck des voranschreitenden Klimawandels und der Prognosen des Landesamtes für Umwelt und Geologie ist zu konstatieren, dass sogenannte Extremwetterereignisse zunehmen werden. Das Risiko von Starkregenereignissen mit temporären Überschwemmungen ist gewachsen”, stellt auch Jürgen Kasek aus der BUND Gruppe fest.

Die Maßnahmen, für die sich der BUND Leipzig einsetzen will:

– Vorrang des Hochwasserschutzes bei der Flächennutzung

– Erhalt des FFH-Gebietes “Leipziger Auensystem”

– Absenkung der Wehrschwelle des Nahle-Auslasswehrs – dadurch Nutzung der Burgaue als Überschwemmungsgebiet

– Nutzung und Ausbau der Luppe-Aue als Polder

– Verknüpfung und Revitalisierung der Luppe-Aue als Fließpolder

– Wiederherstellung des verschütteten Elster-Altarmes

– Wissenschaftliche Begleitung der hydrologischen, geologischen, forstbotanischen und botanischen Prozesse der Renaturierung

– Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Städten Markkleeberg und Schkeuditz umsetzen

www.bund-leipzig.de

Direkt zur Themenseite beim BUND Leipzig: www.bund-leipzig.de/themen_und_projekte/naturschutz/unser_leitantrag_2014/

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