Das neue Jahr hat begonnen, es darf wieder diskutiert werden. Und mit der Entwicklungskonzeption zum Clara-Zetkin-Park und dem angrenzenden Johannapark hat das Leipziger Umweltdezernat ein 86-Seiten-Papier vorgelegt, über das jetzt auch die Parteien so langsam in die Diskussion kommen. "Endlich", seufzt die CDU-Fraktion, die mit ihrem Antrag die Sache erst ins Rollen gebracht hat.

“Die Verwaltung betrachtet den Park vor allem als ein vor den Menschen zu schützendes Objekt, obwohl doch weite Teile dieses Parks damals für die Menschen entwickelt wurden”, erklärt dazu die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dr. Sabine Heymann. “Wir müssen aber die richtige Balance zwischen Nutzungsintensität, Anliegerqualität und Strapazierfähigkeit des Gartendenkmals finden.”

Ein ernst gemeinter und breit angelegter Prozess der Beteiligung von Nutzern, Anliegern und Interessenvertretern sei aus Sicht der CDU-Fraktion unverzichtbar. Dieser Prozess brauche ausreichend Raum und Zeit sowie ein konstruktives Klima, das nicht Konflikte verschärfe, sondern Lösungsideen anrege. “Bloße Informationsveranstaltungen reichen nicht, es bedarf vertiefender Einzelworkshops. Ein Runder Tisch aus Verwaltung, Stadträten und Vertretern von Nutzergruppen sowie Anliegern sollte die so erarbeiteten Anregungen sachgerecht abwägen”, so Heymann weiter.

Ein wichtiges Thema sind aus CDU-Sicht unter anderem die Lärmemissionen. Hier bedürfe es einer differenzierteren Herangehensweise. “In den 90er Jahren war der Park fast schon tot geglaubt. In den letzten 10 Jahren haben sich die Bürger diesen Park ‘zurückerobert’. Daran haben viele Akteure ihren Anteil. Diese Akteure und die Leipziger Bürger insgesamt sollen nun auch mitbestimmen, wie es mit dieser grünen Oase weitergehen soll”, betont Heymann.

Und ist damit nicht weit weg von der Position, die auch die Grünen-Fraktion einnimmt, aus der aber auch schon deutliche Kritik am beabsichtigten Sicherheitskonzept laut wurde.

Das Thema Bürgerbeteiligung ist auch aus Sicht der Grünen nicht ausreichend berücksichtigt. Das in der Verwaltungsvorlage vorgesehene Bürgerbeteiligungsverfahren hält Tim Elschner, für die Grünen Mitglied des Stadtbezirksbeirates Leipzig-Mitte, für vollkommen unzureichend. “Sollte die Verwaltung dabei bleiben, erleidet sie Schiffsbruch,” sagt Elschner. Er schlägt deshalb vor, dass die Stadtverwaltung ein sogenanntes “Bürgergutachten” initiiert, das Politik und Verwaltung als Unterstützung dienen soll. Ein Grund zur Eile besteht aus seiner Warte nicht: “Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit!”Für ihn liegen die Vorteile eines solchen Bürgergutachtens klar auf der Hand: Bürgerinnen und Bürger werden befähigt, auf Augenhöhe mit der Politik zu diskutieren. Durch das spezielle Verfahren wird die Meinungsführerschaft durchsetzungsmächtiger Partikularinteressen vermieden. Elschner regt außerdem an, die Onlinebeteiligungsplattform “Leipzig weiter denken” für eine breitangelegte Diskussion zu nutzen. Außerdem spricht er sich dafür aus, das “Forum Bürgerstadt Leipzig” als Ort einer Dialog- und Informationsveranstaltung zu wählen.

Die Stadt München hat 2013 hinsichtlich der Entwicklung des sogenannten “Kunstareals” ein derartiges Bürgergutachten zum ersten Mal erfolgreich initiiert. Elschner ist davon überzeugt, dass bei gutem Willen auch in Leipzig positive Erfahrungen bei dieser Art der Beteiligungsform gemacht werden würden.

Er sieht eine umfassende Bürgerbeteiligung sogar als zwingend an, nachdem die Verwaltung ihr 86-seitiges Papier quasi wieder hinter verschlossenen Türen erarbeitet hat. Schon aufgrund der Komplexität der Fragestellungen müsse es umfangreich und gründlich diskutiert werden. Es sei schon ein Unding, so Elschner, dass die Stadtverwaltung unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Entwurf seit 2011/2012 erarbeitet habe, ohne dass Meinungen und Anregungen seitens der Bürgerschaft vorab eingeholt wurden. “Nun soll auch noch in einem Hau-Ruck-Verfahren das Bürgerbeteiligungsverfahren nachgeholt werden.”

Aus seiner Sicht könnte der Kommunikations- und Beteiligungsprozess so aussehen:

1. Werkstätten bilden: z.B. analog der Handlungsfelder und Themenfelder (Einbeziehung von Anwohnern, Initiativen, Betreibern, Pächtern, Verbänden, Interessenvertretern)

2. “Forum Bürgerstadt Leipzig”: Dialog- und Informationsveranstaltung für die interessierte Öffentlichkeit (Vorstellung des Konzeptentwurfs und der Werkstattergebnisse)

3. Anschließende Online-Diskussion auf der Onlinebeteiligungsplattform “Leipzig weiter denken”

4. (auch mehrtägige) Tagung sog. “Planungszellen”: In den “Planungszellen” werden ausgewählte Bürgerinnen und Bürger die Ergebnisse der bisherigen Bürgerbeteiligung auswerten und das sog. “Bürgergutachten” erstellen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden im Zufallsverfahren aus dem städtischen Melderegister gezogen. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung.

5. Übergabe des Bürgergutachtens an den Oberbürgermeister und Behandlung im Stadtrat

6. Zwischenbilanz zur Umsetzung der Bürgergutachten-Empfehlungen

7. Beschluss des Entwicklungskonzeptes und Beginn der Umsetzungsphase

Wie ein “Bürgergutachten” aussehen kann: www.buergergutachten.com/buergergutachten

Meldung der Stadt München zum durchgeführten “Bürgergutachten: www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-und-Bauordnung/Projekte/Kunstareal.html

Das vom Umweltdezernat vorgelegte Entwicklungskonzept: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/0D06E294479CA3AAC1257C270026FF56/$FILE/V-ds-3453_anlage.pdf

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