Irgendwie muss man doch Politik machen können, fand die Leipziger CDU-Fraktion, und stellte einen Antrag, die Parkplätze am Nordstrand des Cospudener Sees näher an den Strand zu legen. Auf den Lauerschen Weg am besten. So könne man - die erstaunliche Schlussfolgerung - dem Vandalismus und der Vermüllung vorsorgen. Nun versucht CDU-Stadträtin Sabine Heymann zu erklären, was Pkw-Parkplätze in Strandnähe mit Müll und Vandalismus zu tun haben könnten.

Dass es beides gibt – keine Frage. Unter der Eiapopeia-Wohlstands-Decke der Stadt Leipzig tobt – wie anderswo im verklärten Deutschland auch – eine stille Gewalt und Zerstörungslust. Nicht nur am Strand des Cospudener Sees, wenn keiner hinguckt. Auch mitten in der Stadt. Die Polizeiberichte sind voll davon – zerstörte Wartehäuschen, zerfahrene Poller, wild entsorgter Müll, beschmierte Hauswände, zerstörte Fahrräder und Pkw. Das Phänomen ist ein gesellschaftliches. Und man wird ihm nicht beikommen, wenn man punktuelle Lösungen sucht. Auch nicht am Cospudener See.

Helfen aber geparkte Autos am Strand?

“Aufgrund der im Winter wieder deutlich gewordenen Schäden an öffentlichen und privaten Einrichtungen am Nordstrand des Cospudener Sees muss man sich einfach fragen, wie man dieser Herr werden kann”, meint Sabine Heymann. “Bei Vergleichen mit anderen Uferabschnitten am Cospudener See und am Markkleeberger See fällt ein deutlicher Unterschied auf, die bessere Erreichbarkeit und die Vielfalt der Angebote unabhängig von der Saison. Beides zusammen trägt einerseits zur besseren öffentlichen bzw. sozialen Kontrolle bei und gibt andererseits den Betreibern die wirtschaftliche Grundlage, für Sicherheit und Ordnung in der gewünschten Form zu sorgen. Dabei muss man sich mit Freizeit- und Mobilitätsanforderungen der Gäste des Sees befassen. Denkverbote aufzuerlegen oder Diskussionsansätze nur als Wahlkampfgeplänkel zu deklassieren ist einfach zu billig.”

Aber auch der CDU-Antrag macht nicht wirklich deutlich, wie gerade Autoparkplätze am Nordstrand die Zerstörungen minimieren sollen. Irgendwie versucht die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag, zwei oder gleich drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.

“Der Erholungswert des Sees steht und fällt mit der Sicherheit und Ordnung”, meint Sabine Heymann. “Am Ende nützt es wenig, wenn man allein nur mit dem Fahrrad an und um den See kommt und sich dabei durch eine desolate Landschaft bewegt, Fußgänger keinen sicheren Bewegungsraum haben und Familien ihre Badeutensilien kilometerweit schleppen müssen. Multimodalität ist eben mehr als das Diktat des Fortbewegungsmittels. Multimodalität ist die Ermöglichung einer attraktiven Angebotsvielfalt, auch im Freizeitverkehr. Letztlich schadet eine Vermüllung und unstrukturierte Nutzung des Nordufers auch der Natur. Dieses wird eintreten, wenn die Freizeitangebote nicht, wie gewünscht, wirtschaftlich vorgehalten werden können.”Dass die anderen Parteien den Antrag schon als Teil des CDU-Kommunalwahlkampfes sehen, findet Sabine Heymann unverständlich. “Unabhängig davon ob gerade die Wahl des neuen Stadtrats vor der Tür steht, sollte sich jeder Stadtrat und jede Stadträtin in der Verantwortung sehen, das uns anvertraute Gut zu sichern und für alle nutzbar zu machen”, sagt sie. “Dazu sind Diskussionen, frei von irgendwelchen Paradigmen, zuzulassen, an deren Ende dann praktikable und lebensnahe Lösungen stehen können. Hier muss sich nun die Verwaltung aufgefordert fühlen, die Diskussion in die Hand zu nehmen, um eine parteiübergreifende Abwägung von unterschiedlichen Optionen zu ermöglichen.”

Die anderen Fraktionen im Stadtrat können die Probleme des CDU-Antrages so nicht sehen. Nicht nur von SPD und Grünen gibt es öffentliches Stirnrunzeln, auch die Linke findet Begründung und Inhalt des CDU-Antrages irgendwie seltsam.

Autoparkplätze direkt am Strand? Ist das eine lebensnahe Lösung?

Nicht wirklich, findet der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, Reiner Engelmann. Er greift zu einem eher selten genutzten Mittel der politischen Diskussion in Leipzig, dem Humor, und möchte folgende Vorschläge in den Prozess aufgenommen wissen:

“1. Wiederaufnahme des in den 90er Jahren verworfenen Vorschlages der Einrichtung einer Seilbahn;

2. Verlängerung der Parkeisenbahn zum Cospudener See;

3. für jeden Liegeplatz am Nordstrand ist ein unmittelbarer Parkplatz einzurichten.

Zur Finanzierung schlägt Stadtrat Engelmann vor, die Differenz von Wasser- und Lufttemperatur am Cospudener See zu nutzen.

Außerdem wird vorgeschlagen, dass von den nunmehr erwirtschafteten Parkplatzgebühren längs der Zufahrt eine Lehmwand errichtet wird, dann kann sich dort der Eisvogel ansiedeln, damit wiederum wird einer zu hohen Frequentierung des Autoverkehrs vorgebeugt.

Im Übrigen schlägt Stadtrat Engelmann vor, diese Phantomdiskussion einzustellen, es fehlt dafür jede finanzielle und rechtliche Substanz. Wer die Diskussion der CDU ernst nimmt, nimmt sich selbst nicht mehr ernst.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar