Offen bleibt im neuen, im Mai vorgestellten Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Leipzig die Problematik in Südost. Das Thema sollte eigentlich im März 2013 in einem Bürgerworkshop zur Verkehrssituation in Stötteritz geklärt werden. Die Stadt wollte in diesem Workshop tatsächlich eine Variantenentscheidung für eine Vorzugsvariante der Führung des Mittleren Ringes Südost erreichen. Aber das scheiterte an der realistischen Sicht der Teilnehmer des Workshops.

“Allerdings wurde aus dem Workshop heraus der Verwaltung empfohlen, sich der Sicht des im Rahmen des STEP beauftragten Fachgutachtens anzuschließen und die Variante ‘Ausbau der bestehenden Straßen in den Ortslagen Stötteritz/Mölkau’ (sog. Wohngebietsvariante) nicht mehr weiterzuverfolgen”, heißt es jetzt in der Begründung zum FNP. “Gleichzeitig soll an der ‘Bahnvariante’ (2-streifige Straße als mögliche Trassen entlang der Bahn) für die nächsten 10 Jahre festgehalten werden. Mit der Bahnvariante könnte sich eine Entlastungswirkung von Stötteritz und Mölkau von 58 % ergeben.”

Insoweit verständlich, dass die Bürger aus Stötteritz und Umgebung eine Trasse mitten durch ihre Ortsteile ablehnen. Aber auch die “Bahntrasse” hat ihre Tücken. Sie würde nämlich Flächen in Anspruch nehmen, die jetzt noch anders genutzt werden – als Grünfläche, Gärten, Gewerbefläche. “Verbunden sind damit jedoch Eingriffe in bestehende Strukturen, die unter Einbeziehung aller Effekte wie Lärm, Schadstoffe und Unfälle in einer Studie untersucht werden sollen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird”, versucht die Stadt das Projekt zu entschärfen. Aber das verlängert nur den Status der Unsicherheit um weitere Jahre: “Die Trassenfreihaltung für eine nur noch zweistreifige Variante wird deshalb für die nächsten 10 Jahre beibehalten und im FNP dargestellt.”

Wer auf dem Gelände ansässig ist, wird sich freuen.

“Während dieser Zeit soll die Alternative ‘Führung auf den bestehenden Straßen von Stötteritz und Mölkau’ geprüft werden”, schlug die Stadt vor. “Hierzu sind u.a. umfangreiche Maßnahmen zur Verkehrsführung, Beruhigung, Straßenraumgestaltung usw. erforderlich. Derzeit gibt es noch keinen Stadtratsbeschluss zum Verzicht auf die sog. Wohngebietsvariante. Dieser wird im Rahmen der Beschlussfassung zum STEP Verkehr und Öffentlicher Raum herbeigeführt werden. Sollte hier ein entsprechender Beschluss des Stadtrates zum Verzicht auf die ‘Variante Wohngebietsvariante’ und die Fixierung auf die ‘Bahnvariante’ erfolgen, wird eine entsprechende Änderung des FNP vorgenommen.”

Dazu gab es im Mai den fraktionsübergreifenden Antrag der Stadträte Sebastian Walther, Carola Lange, Jens Lehmann und Holger Gasse, der in der Mai-Sitzung des Stadtrates dann auch mit Mehrheit angenommen wurde.

Sie hatten beantragt, den Satz: “Während dieser Zeit soll die Alternative ‘Führung auf den bestehenden Straßen von Stötteritz und Mölkau’ geprüft werden” zu ändern. Noch einmal zehn Jahre warten, bis im Südosten irgendwas geklärt ist, das hält der ganze Stadtteil nicht aus. Ihre Änderung wurde angenommen: “Bis zur Trassenentscheidung im Jahr 2015 muss die Alternative ‘Führung auf den bestehenden Straßen von Stötteritz und Mölkau’ geprüft werden.”

Was nämlich die ganzen vergangenen 25 Jahre nicht passiert ist: Kann man die Verkehrsprobleme in Südost nicht auch mit einfachen Maßnahmen in Griff bekommen und kann auf die Mega-Investition eines Trassenneubaus verzichten? Wobei ja völlig offen ist, ob Leipzig in den zehn Jahren irgendwo das Geld für die “Bahntrasse” auftreiben kann.

Für Ärger sorgt diese unentschiedene Situation auch an anderer Stelle.Der Stadtverband der Kleingärtner e.V. (SLK) zum Beispiel ist richtig sauer, denn die Trassenpläne hängen wie ein Damoklesschwert über den Kleingartenanlagen im Südosten: “Das mit den verkehrspolitischen Leitlinien von 1992 festgelegte Leitbild eines Tangenten-Ring-Systems war für den SLK bisher die verlässliche Größe bzgl. eigener Planungen. In der Fortschreibung des FNP wird von ‘kleinen Schritten’ entsprechend der verfügbaren Mittel im mittelfristigen Straßen- und Brückenbauprogramm gesprochen. Die Festsetzung erforderlicher Trassenvarianten z.B. des Mittleren Ringes ist sinnvoll, aber nicht hilfreich für die eigene Mittelfristplanung. Eine Bindung an zu entwickelnde Bebauungspläne ist nicht zu erkennen. Eine Stellungnahme zu den Trassenvarianten kann momentan nicht qualifiziert erfolgen. Absehbar ist jedoch ein Scheitern der Bahnvariante (Variante 2), da hier das Landschaftsschutzgebiet ‘östliche Rietzschke’ und der Kleingartenpark Südost mit einer Vielzahl von Kleingartenanlagen berührt sind. Wiederholte Eingriffe sind den Betroffenen nicht mehr zu vermitteln …”

Wie lange wird es dauern, bis Leipzigs Verwaltung zugibt, dass auch hier das Thema Naturschutzgebiet dazu führt, dass der Bau einer Mittlerer-Ring-Trasse in Südost unmöglich ist?

Den Kleingärtnern bescheidet die Verwaltung erst einmal trocken: “Wird nicht berücksichtigt.”

Und begründet es so: “Derzeit liegt kein Beschluss des Stadtrates vor, auf dessen Grundlage eine Entscheidung zum Verzicht des Mittleren Ringes Südost ableitbar wäre.”

Und selbst bei den LVB rufen diese schwelenden Pläne Unmut hervor. Sie hatte zu ihrer Wendeschleife in Anger-Crottendorf / Zweinaundorfer Straße angeregt, die Fläche als “Gemischte Bauflächen auszuweisen. Dies würde die angrenzende Nutzung mit dem städtischen Betriebshof, die als Fläche für Versorgungsanlagen dargestellt werden sollte, sinnvoll abrunden.”

Geht nicht, sagt die Stadt. “Die westlich angrenzende Bahntrasse bildet in Anger-Crottendorf die städtebauliche Trennlinie zwischen den in einem baulichen Zusammenhang stehenden Quartieren westlich der Bahntrasse und den freiräumlich geprägten Bereichen östlich davon. Eine bauliche Nutzung dieses Grundstück würde dem entgegenstehen. Darüber hinaus befindet sich das Flurstück in einer Lage, die für einen möglichen Trassenverlauf des Mittleren Ringes in Betracht gezogen wird. Eine Änderung von einer ‘Grünfläche’ in eine Baufläche würde möglicherweise die Umsetzung des Verkehrsprojektes gefährden.”

Man klammert sich fest an diesem Projekt. Und verhindert damit auf Jahre hinaus sinnvolle Entwicklungen im Leipziger Osten und Südosten. Zehn Jahre mindestens. Das hat mit Realismus nichts mehr zu tun.

Die Verwaltungsbegründung zum vorgelegten Flächennutzungsplan (FNP): http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/01035D77DE4E46E2C1257CE4002E02D4/$FILE/V-ds-3686-text.pdf

Der Abwägungsvorschlag zu den Änderungsanträgen als PDF zum Download.

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