Es ist ein verzwicktes Ding mit dieser Riebeckbrücke: Sie ist laut, sie ist eng, eigentlich ist sie reif für die Sanierung. Aber vor 2020 ist nicht abzusehen, woher das Geld dafür kommen soll. Und selbst die Schaffung von Radwegen auf der Brücke ist ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest, wenn man auch dafür kein Geld hat, erklärt jetzt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau.

Das Dezernat hat jetzt, nachdem es schon im Sommer 2014 recht deutlich erklärt hatte, dass ein Lärmschutz an und auf der Riebeckbrücke mit den vorhandenen Mitteln nicht umsetzbar ist, einen neuen Verwaltungsstandpunkt erarbeitet, der nun am 16. Januar im Petitionsausschuss behandelt werden soll. Ein dreiseitiges Papier, das noch einmal bestätigt, warum beim derzeitigen Brückenzustand eigentlich nichts zu machen ist. Das beginnt schon damit, dass die Brücke in ihrem zentralen Teil sowieso schon aus statischen Gründen eingeengt ist. Sie gehört zu den Dutzenden Leipziger Straßenbrücken, die längst ihr “Haltbarkeitsdatum” erreicht haben und schon vor Jahren hätten saniert oder ersetzt werden müssen.

Doch andere Kandidaten sind viel desolater und deshalb auch viel eher dran. So teilt das Planungsdezernat denn mit: “Unter Berücksichtigung der Randbedingungen wurde die Riebeckstraße im ‘Mittelfristigen Investitionsprogramm des Straßen- und Brückenbaus 2013 – 2020’ unter Position 91 (von 190) der Hauptverkehrs- und Erschließungsstraßen mit schlechter Zustandsnote erfasst. Dieses Programm wurde in der Ratsversammlung am 18.09.2013 beschlossen. Aufgrund der Position ist der Ausbau der Riebeckstraße gegenwärtig als finanziell nicht gesichert eingeordnet.”

Der Stadtrat hatte explizit danach gefragt, ob zur Verkehrsberuhigung auf der Brücke Radfahrstreifen angebracht werden könnten. Doch das scheint ein Ding der Unmöglichkeit. Dazu ist das Kopfsteinpflaster auf der Brücke augenscheinlich nicht geeignet. Stellenweise ist es desolat, wurde bei Reparaturarbeiten in der Vergangenheit immer nur stellenweise geflickt. Und man kann auf diesem Steinpflaster auch keine dauerhafte Abmarkierung unterbringen. Einzige Lösung: Eine Generalsanierung der Fahrbahn. Kostenpunkt: 160.000 Euro.

Aber das Planungsdezernat erzählt noch ein wenig mehr über die mögliche Zukunft der Brücke, die ja eigentlich in dieser Form nicht mehr gebraucht wird. Als sie vor über 120 Jahren gebaut wurde, überspannte sie die Gleiszufahrt zum damaligen Eilenburger Bahnhof. Den Bahnhof gibt es nicht mehr und die Gleistrasse auch nicht. Auf deren Gelände verläuft heute die Anger-Crottendorfer Bahnschneise.

Wenn man die Brücke also einmal anpackt, dann könne man sie auch den heutigen Erfordernissen anpassen – und auf alte Erfordernisse verzichten. Das bedeutet: Sie könnte zwei bis drei Meter tiefergelegt werden, weil ja nun einmal keine Dampfloks mehr drunter durchfahren.

Die Brücke könnte also deutlich flacher und moderner werden.

In der Stellungnahme des Planungsdezernats liest sich das so: “Randbedingungen sind vor allem die südlich anschließende Bebauung, die erforderliche Durchfahrtshöhe im Lene-Voigt-Park und die technische Infrastruktur (Leitungen, Fernwärme usw.). Durch eine Absenkung der Brückenhöhe würde sich im Längsprofil eine komplett neue Straßenlage mit kürzeren Rampen und geringeren Lärmproblemen als heute ergeben. Eine Anbindung der Charlottenstraße und der Schirmerstraße (rechts rein/rechts raus) könnte geprüft werden. Ebenfalls wären Varianten denkbar bei denen der Radverkehr und ggf. auch der Fußgängerverkehr nicht über die Brücke, sondern durch den Lene-Voigt-Park geführt werden, wenn dann die Anbindung an die südliche Riebeckstraße möglich ist. Auch könnte der Bau eines eigenen Bahnkörpers für die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH erforderlich sein, um gegebenenfalls eine bessere Basis bei der Bereitstellung von Fördermitteln zu erlangen. Insofern sind bei einem Brückenneubau nicht nur viele Details noch offen, sondern es stehen auch die Grundzüge der Planung noch nicht fest. Gegenwärtig ist eine zeitliche Einordnung der Realisierung daher noch nicht möglich.”

Aber auch schon diese Überlegungen zeigen, welche Frage alle zu klären sind, bevor man neu plant. Aber man könnte damit gleich eine Straße von Problemen lösen, die jetzt weiter vor sich hinköcheln bis mindestens 2020. Mitsamt dem Lärm, der nur deshalb so belastend ist, weil die Brücke für die Bedingungen des 19. Jahrhunderts gebaut wurde.

Aber da die Stadtratsfraktionen extra nach Lösungen für den Radverkehr gefragt hatten, verweist das Planungsdezernat auf einen Vorschlag des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC): “Aufgrund der schlechten Radverkehrsbedingungen auf der Riebeckbrücke, aber auch darüber hinaus bis zur Wurzner Straße, wurde mit dem ADFC Leipzig e.V. im Zuge der Netzpräzisierung des innergemeindlichen Hauptradnetzes (IR III) eine alternative Hauptradroutenführung abgestimmt. Die parallel zur Riebeckstraße befindliche IR III Verbindung verläuft beginnend ab der Oststraße über die Albert-Schweitzer-Straße, den Lene-Voigt-Park und die Kippenbergstraße bis zur Dresdner Straße. Mit dieser Verbindung kann am östlichen Rand des Lene-Voigt-Parks auch die Ost-West-Verbindung durch den Park bzw. in Richtung Anger-Crottendorfer direkt angebunden werden. Diese Ost-West Verbindung ermöglicht auch ein niveaufreies Kreuzen der Riebeckstraße unterhalb der Riebeckbrücke.”

Zu diesem Vorschlag der Leipziger Profi-Radler kann man eigentlich nur seufzend sagen “Naja.” Da war wohl wieder jemand mit dem Mountainbike unterwegs. Ebenerdig ist die Strecke zwar. Aber von der Wittstockstraße bis zur Geyerstraße ähnelt die Kippenbergstraße der Riebeckstraße wie ein Ei dem anderen. Nur die Brücke fehlt. Das Pflaster ist hier ebenfalls 100 Jahre altes Steinpflaster. Im südlichen Teil an der Reichpietschstraße ist sogar noch Asphaltbelag drauf, im nördlichen Teil, ist der Belag völlig abgefahren. Die Straße ist eine typische Anliegerstraße, stellenweise kaum breit genug, dass zwei Autos aneinander vorbeikommen. Und die Kreuzung mit dem Täubchenweg ist eine der gefährlichsten Stellen im örtlichen Wegenetz – unübersichtlich und ohne Ampel. Diese Route ist wirklich nicht mehr als eine schlechte Notlösung und macht eigentlich erst richtig sichtbar, dass Leipzigs Verkehrsplaner beim Neubau der Breiten Straße zwischen Täubchenweg und Dresdner Straße schlichtweg die Radwege vergessen haben. Musste wahrscheinlich wieder ganz schnell gehen damals.

Schilda ist wirklich nie weit, wenn man in Leipzig mit den Fahrrad unterwegs ist.
Die Stellungnahme des Planungsdezernats als PDF zum download.

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