Mit der klammen Haushaltssituation sind in der Leipziger Ratsversammlung auch neue Ängste aufgekommen. Eine dieser Ängste hat auch noch dadurch Nahrung bekommen, dass das Liegenschaftsamt von OBM Burkhard Jung aus dem Baudezernat wieder zurück ins Wirtschaftsdezernat gegeben wurde. Also aus einem „grünen“ Dezernat in ein CDU-geführtes. Was bei den Grünen im Stadtrat die Angst nährte, dass die Stadt damit auch zu einer längst vergangenen Liegenschaftspolitik zurückkehrt, dem „großen Ausverkauf“ um jeden Preis. Eine große Anfrage sollte Klarheit schaffen.
Diese Anfrage der Grünen-Fraktion hat das Liegenschaftsamt dann auch sehr ausführlich beantwortet. Aber wirkliche Klarheit gab es dann tatsächlich erst am 18. Dezember in der Ratsversammlung. Denn eigentlich ging es nicht um konkrete Adressen von Käufen und Verkäufen, was SPD-Stadtrat Andreas Geisler dann kritisierte, der die Grünen-Anfrage so überhaupt nicht gut fand.
Es ging tatsächlich um die Frage, wie Leipzig jetzt mit seiner Liegenschaftspolitik umgeht, da nun einmal der unerhörte Druck auf dem Haushalt liegt, irgendwie Geld zu finden, mit dem man die aufklaffenden Löcher stopfen kann. Etwas, was das Liegenschaftsamt eben lange Zeit getan hat. Die Wunden sind noch frisch. Denn so lange ist das noch nicht her, wie Oberbürgermeister Burkhard Jung betonte, nachdem auch CDU-Stadtrat Julian Schröder den Sinn der Grünen-Anfrage hinterfragt hatte.
Doch bis 2010 – so erinnerte sich Burkhard Jung – galt im Leipziger Liegenschaftsamt eben doch die Prämisse, dass das Amt jedes Jahr erkleckliche Beiträge für den Haushalt zu liefern hatte. Das Amt verkaufte also fleißig wertvolle Grundstücke, viele Grundstücke darunter, die in den Folgejahren auf einmal fehlten für wichtige Investitionen der Stadt.
Die schlechten Erfahrungen bis 2010
Und es waren nicht nur die Grünen, die diesen Ausverkauf der Stadt damals kritisierten, der ganz eindeutig dazu führte, dass der Stadt schlichtweg die Grundstücke für eigene wichtige Investitionen fehlten.
Burkhard Jung erinnert sich so, dass er selbst damals die Anweisung gab, dass das Liegenschaftsamt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kauf und Verkauf herstellen musste, also vor allem Grundstücke und Immobilien verkaufen sollte, die die Stadt selbst nicht brauchte, im Gegenzug im selben Wert aber Grundstücke sicherte, die für wichtige Leipziger Bauvorhaben gebraucht werden.
Und wer sich erinnert, der weiß, dass diese Entscheidung in vielen Fällen zu spät kam. Denn bis dahin haben sich gerade große Immobilienunternehmen in Leipzig mit wertvollen Grundstücken eingedeckt. Die Stadt zahlt also für dringend benötigte Grundstücke deutlich mehr Geld, als sie damals noch für diese Grundstücke hätte bezahlen müssen. Und sie hat auf wichtige Grundstücke dennoch keinen Zugriff, weil deren Käufer lieber auf Wertsteigerung spekulieren, als das Gelände der Stadt zu überlassen.
Aber die zentrale Frage, die augenscheinlich auch den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Dr. Tobias Peter, umtrieb, war ja nun einmal: Kann man sich darauf verlassen, dass die alten Regeln für das Liegenschaftsamt auch nach dessen Wechsel ins Wirtschaftsdezernat weiter gelten? So deutlich benannte er das nicht. Aber Burkhard Jung hatte ihn sehr wohl verstanden und betonte: „Die Liegenschaftspolitik ändert sich nicht mit der Zuordnung zu einem anderen Dezernat.“
So ähnlich hatte es auch Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke versucht zu sagen. Aber Burkhard Jung war da deutlicher. Kauf und Verkauf im Liegenschaftsamt sollen sich weiter die Wage halten. Und zur Konsolidierung des Haushalts sind Liegenschaftsverkäufe derzeit nicht vorgesehen.
In der Antwort des Liegenschaftamtes gibt es dazu auch keine Angaben. Die alten Regeln – auch zu Wertgrenzen – gelten weiter. Und ansonsten hat Andreas Geisler recht: Die konkreten Kauffälle und Strategien gehören in den Grundstücksverkehrsausschus (GVA), wo die Fraktionen über das tatsächliche Agieren des Liegenschaftsamtes ja informiert werden.
Aber die Befürchtung der Grünen-Fraktion, dass Leipzig nun doch wieder Tafelsilber verkaufen muss, ist nur zu nachvollziehbar. Denn bis 2010 hat es der Stadtrat schon einmal anders erlebt. Und manchmal muss man eben nachfragen, um zumindest für die aktuelle Stunde wieder etwas beruhigt zu sein.
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