Warum sollen die Senioren eigentlich aus ihrer Wohnanlage in der Schongauer Straße 170 in Paunsdorf ausziehen, wenn das Ganze nur am Bebauungsplan hängt, der hier keine Wohnbebauung vorsieht? Liegt das nicht in unserer Hand als Stadträte, hier einfach den Bebauungsplan zu ändern, fragten sich der CDU-Stadtrat Jens Lehmann und die Linke-Stadträtin Carola Lange. Sie haben jetzt einen entsprechenden Antrag geschrieben.

Seit Wochen tobt der Streit um die nicht genehmigte Seniorenwohnanlage “Amalie”. Die Stadt beruft sich auf die Gesetzeslage. Es ist kein Wohngebiet. Hier hätte nie eine Seniorenwohnanlage entstehen dürfen, argumentiert sie. Die Senioren müssen bis Anfang 2016 ein anderes Domizil finden.

Was für Jens Lehmann und Carola Lange so nicht nachvollziehbar ist. Denn schon einmal hat der Leipziger Stadtrat gezeigt, dass es in seiner Macht steht, Bebauungspläne anzupassen, wenn sich Dinge anders entwickeln. “Dass diese Änderung rechtens wäre, zeigt der Bebauungsplan E – 164 ‘Südlich der B 6’. Er ist seit dem 21.02.1996 in Kraft”, argumentieren sie in ihrem Antrag. “Für einen Teilbereich von ca. 8 ha wurde das Verfahren zur 1. Änderung im Jahre 1997 durchgeführt mit dem Ziel, anstelle des festgesetzten Gewerbegebietes ein Allgemeines Wohngebiet zu entwickeln. Diese Änderung trat am 27.08.1997 in Kraft.”

Im Grunde passiert das seitdem überall in Leipzig: Ursprüngliche Bebauungspläne lösen sich in Luft auf. Mal entsteht nicht das Gewerbegebiet, das man sich vor 20 Jahren erhofft hat, mal wird das Wohngebiet nicht gebaut. Mal ändern sich auch die Interessen der Investoren, wenn sie merken, dass die alten Pläne einfach nicht funktionieren. Mal ändern sich aber auch die Wünsche der Stadtgesellschaft, braucht man auf einmal doch wieder Schul-, Gewerbe- oder Wohnstandorte an einer Stelle, wo es mal anders gedacht war.

Manchmal lädt die Stadt dann auch regelrecht zur Bürgerbeteiligung ein, wie das zuletzt in Probstheida der Fall war, wo sich die Balance zwischen Wohngebiet und medizinischem Zentrum anders entwickelt hat, als noch Anfang der 1990er geplant.

Warum nicht auch in Paunsdorf, fragen die beiden Stadträte. “Durch Aufhebung des räumlichen Geltungsbereiches Bebauungsplan 2  ‘Einkaufs- und Gewerbegebiet Nordost – Lehdenweg’ kann die bestehende Seniorenwohnanlage erhalten bleiben, und für die vor allem betagten Bewohner kann ein weiteres Wohnen gewährleistet werden”, stellen sie in ihrem Antrag fest. Und ergänzen, was man beim Vor-Ort-Besuch auch sieht: “Die nächsten Wohnbebauungen  befindet sich in unmittelbarer Nähe (im Peter-Breuer-Weg nur 160 m, die Wohnbebauungen in der Gundermannstraße nur 370 m und die Siedlung im Sommerfelder Weg in nur 800 m Entfernung).”

Es ist ja nicht so, dass die Senioren die Entwicklung im Gebiet stören. Tatsächlich wohnen sie in einem Gebäude, das ursprünglich mal als Hotel gedacht war, aber an diesem Standort augenscheinlich nicht gebraucht wird. Die neuen Leipziger Hotels entstehen fast alle im Bereich der Innenstadt. Denn Leipzig-Touristen wollen genauso gern lieber im urbanen Zentrum logieren wie Geschäftsreisende, die nach einem langen Tag auf Messe oder Tagung auch die Laufweite zur Leipziger Kultur genießen.

Also könne man an der Schongauer Straße eigentlich auch den Inhalt des Bebauungsplanes ändern, finden Lange und Lehmann und beantragen: “Der OBM wird beauftragt, die Festlegungen im Bebauungsplan 2 ‘Einkaufs- und Gewerbegebiet Nordost – Lehdenweg’ und im Bebaungsplan  Nr.170 für die Flurstücke 957/7; 957/8; 957/6 aufzuheben und eine Änderung der baulichen Nutzung herbeizuführen mit dem Ziel, ein Allgemeines Wohngebiet (oder Mischgebiet) festzusetzen anstelle des bisher vorgesehenen Gewerbegebietes für Sportbauten und kurzfristige Beherbergung.”

Ihr Antrag soll am 8. Juli in die Ratsversammlung kommen.

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Was für Jens Lehmann und Carola Lange so nicht nachvollziehbar ist.

Wie wäre es denn damit, sich einmal mit gesetzlichen Bestimmungen zu befassen. Sicher würde die Verwaltung Herrn Lehmann und Frau Lange gerne nochmals persönlich darauf hinweisen, obwohl diese Thematik in den verschiedensten Ausschüssen des Stadtrates erörtert wurde.

Der Betreibergesellschaft geht es nur noch um Kohle.

Geht es nach Herrn Lehmann und Frau Lange, dann kann man getrost bei Rot über die Kreuzung gehen.

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