Am 10. und 11. November fand die nunmehr zweite Fachtagung unter dem Motto „Neues Wasser auf alten Wegen – Schon im Fluss?“ zum Projekt Lebendige Luppe statt. Bereits seit vier Jahren treiben die Städte Leipzig und Schkeuditz gemeinsam mit dem NABU Sachsen, der Universität Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) das Projekt in der Auenlandschaft zwischen Leipzig und Schkeuditz voran. Die Grenzen des Projekts sind spürbar.

Unter dem Dach des Projekts Lebendige Luppe sollen ehemalige Flussläufe, die sich einst durch die urbanen Wald- und Wiesenflächen zogen, wiederbelebt werden und wieder mehr – für die Auen und deren typischen Artenreichtum überlebenswichtiges – Wasser in die Landschaft bringen. In diesem Zusammenhang wurden auch Gesamtüberlegungen für eine mögliche weitere Entwicklung des Gebietes vorgestellt.

Ein erster Meilenstein wurde bereits Anfang dieses Jahres geschafft: Das erneuerte Einlassbauwerk an der Weißen Elster, das der Erhaltung eines typischen, jedoch gefährdeten Auenlebensraumes – den Papitzer Lachen bei Schkeuditz – dient, konnte in Betrieb genommen werden.

An den nächsten Schritten arbeiten die Planer derzeit. Denn weitere 16 Kilometer Fließstrecke sollen in den kommenden Jahren im Auwaldgebiet südlich der Neuen Luppe zwischen Kleiner Luppe/Nahle und dem Luppewildbett in Sachsen-Anhalt entstehen. Die dauerhaft wasserführende Lebendige Luppe soll den Grundwasserstand im Gebiet erhöhen und mit temporären Ausuferungen zu einer auentypischen Dynamik beitragen.

Ein erster Bauabschnitt soll zwar bis 2019 fertiggestellt werden. Doch so einfach, wie es klingen mag, ist es nicht. Andreas Stowasser (Stowasserplan), Auftragnehmer im Projekt, stellte das zukünftige Gewässernetz der Lebendigen Luppe vor und berichtete über die Planungen zur Speisung der Lebendigen Luppe. Unterstützt wurde sein Vortrag durch die Ausführungen Tilo Sahlbachs (HTWK Leipzig), der für das Projekt Lebendige Luppe die hydraulischen Berechnungen durchführt. Und da werden die Grenzen des Projekts sichtbar.

Denn maximal 30 m³ je Sekunde können alle drei bis fünf Jahre in die Aue geleitet werden, um die auentypischen Hochwasser zu erzeugen. Damit würde man gerade einmal die Hälfte der Hartholzaue im Gebiet erreichen. Aus Sicht von Jörg Putkunz von bgmr, der ebenfalls für das Projekt als Umweltplaner tätig ist, trotzdem ein wichtiger Beitrag.

Aber auch nur ein Kompromiss, der die Grundprobleme der Aue nicht löst. Weder den tiefen Einschnitt der Neuen Luppe ins Gelände noch die Absperrung auch wichtiger Wasseradern im Untergrund durch die technisch verstärkten Deiche. Und der Plan, die Hartholzaue schon vom Burgauenbach bei Leutzsch her flutbar zu machen, ist auch nicht umsetzbar. Vor allem, weil die Eisenbahnstrecke wie ein Sperrriegel im Gelände liegt. So lässt sich der Plan, das weniger belastete Wasser der Kleinen Luppe zu nutzen, nicht umsetzen. Der mögliche Zufluss wird irgendwo in Nähe des Nahleauslasswerks entstehen und damit nicht ganz so unbelastetes Nahlewasser in die Aue spülen. Die Menge wird durch die Vorgaben der Landestalsperrenverwaltung begrenzt, die erst 2011/2012 mit der Verstärkung der Deiche im Gebiet vollendete Tatsachen geschaffen hat, die eine naturnahe Flutung der Aue regelrecht verhindern.

Geplante Wasserzuflüsse für die Lebendige Luppe. Grafik: Lebendige Luppe / NABU
Geplante Wasserzuflüsse für die Lebendige Luppe. Grafik: Lebendige Luppe/NABU

Die Projektbeteiligten waren also gezwungen, auch über das bisherige Projektgebiet hinauszuschauen. Ziele und Raumbezug wurden weiter ausgedehnt, um einen noch weitergehenden Beitrag zur auentypischen Dynamik leisten zu können. Jetzt ist quasi Projekthalbzeit.

Die Fachtagung gab auch anderen Akteuren im Auenschutz Raum, ihre Anliegen vorzustellen. Mit Vorträgen zum wissenschaftlichen Auenmonitoring bis hin zur praktischen Umsetzung derartiger Projekte auch außerhalb Leipzigs wurde einiger Input für die lebhaften Diskussionen im Anschluss geboten.

Das Publikum setzte sich aus Behördenvertretern, Wissenschaftlern und ehrenamtlichen Naturschützern sowie Vertretern des Projektes und interessierten Bürgern zusammen. Sie verfolgen das Projekt zum Teil seit vielen Jahren. Manche auch mit Bauchgrimmen, denn oft genug steht ehrenamtlichem Engagement eine Mauer staatlicher Vorgaben gegenüber. Auch bei diesem Auenprojekt.

Vor allem auf die Rolle des Ehrenamts im Auenschutz ging ein Vertreter des NABU bei seinem Vortrag ein und forderte mehr Unterstützung bei der Planung und Umsetzung von Projekten zur Auenrevitalisierung seitens Behörden und Institutionen.

Den hohen Stellenwert von Auen in Gegenwart und Zukunft unterstrichen Dr. Hartmut Schwarze (Sächsisches Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft) und Andreas Krug (Bundesamt für Naturschutz). Beide verwiesen auf geeignete Programme auf Landes- und Bundesebene, die bereits bestehen oder derzeit erarbeitet werden und den Auenschutz unterstützen sollen. Der Ausflug in das Fachgebiet der Ökosystemleistungen mag für den einen oder anderen Neuland gewesen sein, betonen die Veranstalter. Aber damit wurde ein Thema angeschnitten, das über das Projekt „Lebendige Luppe“ deutlich hinausweist. Denn das erschließt nur einen kleinen Teil der natürlichen Leistungen des Auensystems. Weite Gebiete bleiben ausgeklammert, ein natürliches Flutungsregime ist nicht mal in Sicht.

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