Das kann schwierig werden. Seit ein paar Tagen thematisieren wir ja immer wieder das Thema Umgang mit dem Leipziger Auenwald. Sein Hauptproblem ist: Er steht in großen Teilen trocken, abgedeicht von den natürlichen Wasserzuflüssen. Die Überschwemmungen fehlen. Was dazu führt, dass der typische Hartholzauenwald stark bedroht ist. Dafür soll es 2018 endlich ein Gesamtkonzept gehen. Aber wird es auch eins?

Die Arbeit passiert vor allem im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), teilt uns auf Nachfrage Angelika Freifrau von Fritsch, Leiterin des Amtes für Umweltschutz, mit. Dort hat man mit Sorge konstatiert, dass vor allem der Hartholzauenwald in Leipzig Probleme hat. Der Großteil befindet sich noch in einem leidlich guten, ein Drittel aber schon in einem schlechten Erhaltungszustand. Daran können auch forstwirtschaftliche Maßnahmen nichts ändern, weil dieser Auenwaldtyp regelmäßige natürliche Überschwemmungen braucht. Wenn es die nicht gibt, verschwindet zwar der Wald nicht – es wird nur ein völlig anderer.

„Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) bearbeitet aktuell das Vorhaben ‚Naturschutzfachliches Leitbild/Gesamtkonzept für das Leipziger Auensystem‘ (Bezugsfläche Landschaftsschutzgebiet ‚Leipziger Auwald‘). Ein zentraler Betrachtungsgegenstand ist hierbei der FFH-Lebensraumtyp (LRT) Hartholzauwald. Teile dieses LRT befinden sich in der Kategorie ‚schlechter Erhaltungszustand‘“, bestätigt auch Angelika Freifrau von Fritsch. „Deshalb besteht Handlungsbedarf, entsprechende Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen. Dies betrifft vor allem die Wiederherstellung von Auendynamik. Bei der Entwicklung dieses Konzeptes sind die unteren Naturschutzbehörden eingebunden. Das Konzept soll Ende 2018 vorliegen.“

Auendynamik heißt: Altarme im Leipziger Auensystem müssten wieder dauerhaft Wasser führen. Und es müsste wieder regelmäßig natürliche Überschwemmungen geben – nicht in der ganzen Aue, das ginge auch technisch nicht, ohne den Hochwasserschutz der Stadt aufzulösen.

Aber gerade Teile des südlichen Auenwaldes und ein Großteil der Nordwestaue wären für die Wiederherstellung der Auendynamik prädestiniert.

Pleiße im südlichen Auwald. Foto: Ralf Julke
Pleiße im südlichen Auwald. Foto: Ralf Julke

Das Problem ist nur: So groß wollen derzeit die staatlichen und kommunalen Behörden nicht denken, obwohl es jetzt um Grundsatzentscheidungen für die nächsten Jahrzehnte geht.

„Ein Baustein für eine Revitalisierung des nördlichen Auwaldes soll das Projekt ‚Lebendige Luppe‘ darstellen. Im südlichen Auwald soll als Kompensationsmaßnahme der Landestalsperrenverwaltung ein Wiedervernässungsprojekt auf einer Fläche von ca. 14 ha durchgeführt werden (mittels Deichdurchörterung rechter Deich Elsterhochflutbett). Das Plangenehmigungsverfahren wurde hierfür eingeleitet“, bestätigt die Amtsleiterin den aktuellen Stand.

Aber das erfüllt noch nicht wirklich den Rahmen eines Gesamtkonzepts und löst auch nicht das Problem, dass ein Drittel der Hartholzaue in schlechtem Zustand ist. Die Hartzholzauenbestände findet man genau in den beiden Bereichen: im südlichen Auenwald und in der Nordwestaue.

Die Zustandsbeschreibung des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG):

„Mit 84 Einzelbeständen zu insgesamt ca. 720 ha (>25 % der SAC-Gesamtfläche) bilden die Hartholz-Auenwälder (LRT 91F0) den im Hinblick auf seine Ausdehnung bedeutsamsten FFH-LRT des Gebietes. Zu ihm gehören der Großteil des im Nordwesten befindlichen Waldbestandes sowie die zentralen, tiefer liegenden Bereiche des Ratsholzes im Süden. Mehr als zwei Drittel der kartierten Bestände von Hartholz-Auenwäldern (bezogen auf die Fläche) weisen einen noch guten EHZ auf. Flächen in hervorragendem Zustand existieren nicht, vor allem aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen durch fehlende Überflutungsereignisse infolge Flussregulierung. Bei den Beständen mit aktuell unzureichendem EHZ (ca. 30 % der Gesamtfläche) handelt es sich ausschließlich um strukturarme Jungbestände ohne LR-typische Anteile von starkem Totholz und Biotopbäumen bzw. mit fehlender Reifephase.“

Und dann die deutliche Warnung: „Der LRT ist im SAC vom Aussterben bedroht, sofern die widrigen Umstände des Gesamtwasserhaushaltes dauerhaft Bestand haben.“

Heißt im Klartext: Wenn sich der Wasserhaushalt in diesen Waldbeständen nicht deutlich verändert, ist dieser Lebensraumtyp (LRT) vom Verschwinden bedroht. Ob Projekte wie die „Lebendige Luppe“ dazu ausreichen, dürfte zu bezweifeln sein.

Aber natürlich sind 720 Hektar Hartholzaue nur ein Teil der über 4.900 Hektar Auwald-Schutzgebiet. Dazu zählen verschiedene Gewässertypen, Wiesen, Weichholzaue, seltene Kleinbiotope …

Und man darf auch nicht vergessen: Ein Großteil des Auenwaldes ist nicht nur historisch durch die Bildung der Lehmaue im Mittelalter geprägt. Wesentliche Waldtypen sind auch durch die Waldbewirtschaftung bis ins 19. Jahrhundert erst so entstanden. Die Leipziger holten sich ihr Brennholz aus den Wäldern, trieben ihr Vieh in die Wälder und ließen es dort grasen und Eicheln fressen. Die Wiesen wurden regelmäßig gemäht. Hier sind Waldtypen entstanden, die man normalerweise nur dadurch erhält, indem man die alte Waldnutzung wieder einführt oder, wie es die Leipziger Stadtforsten versuchen, forstwirtschaftlich die alten Zustände wieder herzustellen.

Ein echtes Diskussionsthema, weil man natürlich unterschiedliche Herangehensweisen finden kann, wie man das macht.

Aus Sicht der Stadt klingt das so: „Von der Stadt Leipzig (Stadtforsten) wurde für die forstliche Bewirtschaftung aller Wälder im LSG ‚Leipziger Auwald‘ eine Konzeption erarbeitet. Diese ist Bestandteil des im Jahr 2000 vollendeten Gesamtkonzeptes für den Leipziger Auwald, dem ‚Erweiterten Maßnahmeplan Flussauenlandschaft von Elster und Pleiße‘. Im Jahr 2002 wurde hierfür der Sächsische Umweltpreis verliehen. Diese forstliche Konzeption ist nicht statisch und wird regelmäßig, so auch im Augenblick, überarbeitet, um neue Fakten und Erkenntnisse einfließen zu lassen. Die ‚Konzeption zur forstlichen Pflege des Leipziger Auwaldes‘ ist in die Homepage der Stadt Leipzig eingeflossen und als Konzentrat in den Unterlagen des Grünen Ringes enthalten. In nächster Zeit wird diese Konzeption überarbeitet.“

Mit Spannung haben wir natürlich auch auf unsere zwei letzten Fragen gewartet.

Die lauteten: Und wie steht der OBM dazu, der in seinem Arbeitspapier „Leipzig 2020“ schrieb: „Wir setzen uns deshalb zum Ziel, die natürlichen Lebensgrundlagen in Leipzig – auch in Zusammenarbeit mit der Region – zu sichern und weiterzuentwickeln. Dies umfasst insbesondere ein flächensparendes und versieglungsarmes Bodenmanagement, das bewusst Prioritäten in der Innenentwicklung setzt. Aber auch die Sicherung der Güte von Grund- und Oberflächenwasser, der Erhalt und die Entwicklung der Biodiversität und des Biotopverbundes (Natura 2000) sowie das Management von Schutzgebieten bleiben im Fokus.“ Und: Die „Entwicklung der Biodiversität und des Biotopverbundes (Natura 2000)“ verlangt eigentlich zwingend nach einem „Generalplan“ für den Auenwald. Wird ihn OB Jung in Auftrag geben? Und wenn ja: Wann?

Die Antwort war dann eher ausweichend: „Im Freistaat Sachsen besteht eine Biotopverbundplanung, bei der u. a. ‚Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente‘ ausgewiesen werden. Der Leipziger Auwald ist Bestandteil dieses Biotopverbundes. Die Stadt Leipzig ist Mitglied im Bündnis ‚Kommunen für biologische Vielfalt e. V. ‘, ein Zusammenschluss von im Naturschutz engagierten Kommunen und hat im Wettbewerb der Deutschen Umwelthilfe ‚Bundeshauptstadt der Biodiversität‘ einen Platz unter den ersten zehn teilnehmenden Städten belegt.“

Wenn man dann freilich nach Arten- und Biotopschutz auf der Homepage der Kommunen für biologische Vielfalt e. V. nachschaut, ist kein einziges Leipziger Projekt aufgeführt.

Dabei ist das Ziel dieses kommunalen Zusammenschlusses recht groß definiert, wie man bei Wikipedia lesen kann: „Städte und Gemeinden in Deutschland sollen dazu motiviert werden, Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt in verschiedenen Bereichen zu ergreifen. Diese Bereiche sind: Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich, Arten- und Biotopschutz, nachhaltige Nutzung sowie Bewusstseinsbildung und Kooperation.“

Eigentlich eine ideale Grundlage, eine Revitalisierung der Elsteraue tatsächlich einmal in einer Gesamtschau zu skizzieren. Was auch die Herstellung natürlicher Wasserläufe beträfe, überall da, wo es möglich ist. Und möglich wäre es in viel mehr Gebieten, als es jetzt als machbar erscheint.

Hat dazu in Sachsen jemand den Mut? Oder geht’s weiter mit Kleinklein?

Die neue LZ Nr. 48 ist da: Zwischen Weiterso, Mut zum Wolf und der Frage nach der Zukunft der Demokratie

Zwischen Weiterso, Mut zum Wolf und der Frage nach der Zukunft der Demokratie

 

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Es gibt 13 Kommentare

Lieber Karl, Sie schreiben sich mit Herrn J. ziemlich viel. Ich verfolge dieses mit Spannung. Mein Eindruck bleibt dennoch unverändert. Sie sind ein Freund der Forstwirtschaft, Naturschutz geht anders. Naturschutz braucht kein “Gärtnern” im Wald. Ich las, dass Sie meinen, das Großtiere wegen des Nutzungsdrucks durch Menschen nicht in den Wald passen. Das sehe ich total anders, es gibt keinen Nutzungsdruck. Dieser wird uns vom “Amt für Stadtgrün und Gewässer” in Leipzig allerdings eingeredet. Mein Vorschlag. Nehmen wir die Fläche von Schlobachs Hof, welche die Stadt Leipzig ersteigert hat, sowie die mit Gift bewirtschafteten Flächen der Agrarindustrie, meist von der Stadt an die Agrargenossenschaft verpachtet, und wir haben genug Fläche für einen Bio-Demeterhof inkl. Grossviehbeweidung, welche wir gar noch im Flussbett der Neuen Luppe, diese brauchen wir im Normalfall nicht für das Wasser, weiden lassen können.

Zu den Großherbivoren: ja, natürlicherweise müssten es frei lebende Wisente und Rothirsche in unseren Wäldern geben. Das ist so nicht machbar, erst Recht nicht mitten in einer Großstadt, das ist mir bewusst. Was gäbe das für ein Hallo, wenn ein sonnenbadendes Wisent einen Stau auf dem Schleussiger Weg verursachen würde. Aber es gibt durchaus Waldbeweidungsprojekte. Ich selber kenne das Beweidungsprojekt vom NABU Koethen noch von früher, aber im Laufe der Jahre ist das offenbar so erfolgreich, dass man sogar nicht mehr nur im Wulfener Bruch Tiere hat, sondern auch in der Oranienbaumer Heide. Die Heckrinder und Przewalskipferde werden extensiv auf Ganzjahresweiden halbwild gehalten (also mit Zaun) und es scheint gut zu funktionieren. Am Werbeliner See gibt es auch ein kleines extensives Beweidungsprojekt, den grünen Bogen Paunsdorf kennst Du ja. Im Solling gibt es einen Hutewald seit dem Jahre 2000! Hier wird mit Exmoorponys und Heckrindern gearbeitet. Im Naturpark Pfälzerwald sorgen auf 40 ha Kiefernwald ebenso Heckrinder für Auflockerung. In Thüringen entsteht gerade ein neues Projekt, die “Waldweide Uhlstädter Heide” v.a. um Lebensraum für den Ziegenmelker zu schaffen.

Ich bin sicher, es geht, man muss nur schauen, wie!

Welche Tierart sich nun im Leipziger Auwald eignen würde? Welche es auch sei, Ihr hättet garantiert mit den Tieren einen Publikumsmagneten und würdet damit naturnahen Tourismus fördern (persönlich finde ich sowas weitaus erstrebenswerter als mit Motorbooten durch den Auwald zu fahren), es wäre ausgezeichnet für das Image der Stadtforst und auch der Stadt Leipzig und zudem wäre es gut für den Lebensraum Auwald.

Ansonsten honoriere ich Deine Anmerkungen zum größeren Periodenabstand, mögen Deine Empfehlungen in Zukunft Gehör finden.

Dass es nicht immer einfach ist, auf einen Konsens zu kommen bei einer solch komplexen Konzeption ist mir bewusst. Und wenn der Stadtrat es so beschlossen hat – tja. Ich selbst sehe die Geschwindigkeit dennoch als zu hoch an. Viele Tierarten sind ja doch sehr standorttreu und auch viele geschützte Tierarten könnten vergrämt werden bei soviel Unruhe. So sind zum Beispiel Fledermäuse bekannt dafür, immer die gleichen Quartiere aufzusuchen. Bei der besonders seltenen Mopsfledermaus bin ich mir nicht sicher, ob die an Eschen zu finden ist, sie ist ja eher ein Bewohner von Spalten und für diese Art sind Eichen in der Tat wahrscheinlich besser geeignet und die Art könnte sogar profitieren von dem, was Ihr da tut (auch wenn mir manche Menschen das nicht glauben wollen). Für andere Fledermäuse, die eher Höhlenbewohner sind (Großer Abendsegler, Wasserfledermaus…), könnte eine abgeholzte Esche, in der sie im vorigen Sommer noch gelebt haben, schon einen Verlust darstellen. Wir haben auch Biber und Fischotter als durchziehende Arten. Wäre etwas mehr Ruhe nicht auch für sie dienlich (gerade im südlichen Auwald als Wanderkorridor nach Süden)? Immerhin ist dies auch der Zweck eines FFH-Gebiets: Arten die Wiederansiedlung zu ermöglichen. Wie reagieren eigentlich die Wildkatzen auf die Störungen? Habt Ihr störungsarme Areale für sie? Und vergiss nicht die Flechten. Gibt es da Untersuchungen zu? Ich gebe zu, ich finde Flechten sehr faszinierend, hatte aber noch nicht die Zeit in meinem Leben, mich eingehend mit diesen beachtlichen Lebensformen zu befassen. Wenn das stimmt mit dem PH-Wert von Eschenborke, würde ich an Eurer Stelle alles etwas langsamer angehen und mir auch diesbezüglich stattdessen die Zeit nehmen, auch hier nochmals Untersuchungen zu starten. Es wäre sicher interessant. Aber vielleicht ist es dafür schon zu spät. Es ist ja schon vieles verschwunden letzten Winter und vielleicht werden auch jetzt schon weitere Bäume gefällt. Ich finde es eben bedauerlich und man vertut sich Möglichkeiten!

Ich hoffe auch, dass der Eichenprozessionsspinner nicht hierher findet und mögest Du recht haben mit den mikroklimatischen Bedingungen. Aber in der heutigen Zeit weiß man ja nie, wohin sich das Klima nun entwickelt. Es war auf jeden Fall sehr beeindruckend und anstrengend, kilometerweit mit dem Rad zu fahren und nicht anhalten zu können, weil überall Eichenalleen waren voller Gespinste dieser Tiere (die hatten fast einen halben Meter Durchmesser!). Nun, auch solche Tiere gehören zur Natur und der Klimawandel scheint sie zu begünstigen. Im Endeffekt gehören ja auch solche Erscheinungen zu den Verursachern von Waldlichtungen, ich meine, neulich gelesen zu haben, dass man inzwischen sogar den Borkenkäfer diesbezüglich inzwischen mit anderen Augen ansieht. Auch diese Tiere wie auch das falsche weiße Stengelbecherchen haben eine ökologische Funktion und lockern ganz ohne uns Menschen unsere Wälder auf. Nur ist mir auch klar, dass es in einem Auwald mitten in der Stadt gerade entlang viel befahrener und begangener Wege unklug wäre, ein flächendeckenden Prozessschutz durchzuführen (gerade auch wegen diverser lichtliebender Arten). Bei kleinen, abgelegenen Flächen abseits der Wege könnte ich mir aber sowas schon im Leipziger Auwald vorstellen. Wenn mich mein Eindruck nicht täuscht, lasst Ihr auch an der Waldspitze schon viel stehen; plant Ihr da vielleicht schon in die Richtung an der Stelle?

Zu dem Verhältnis Esche-Eiche: ich denke da kann man viel drüber streiten und der eine findet den Anteil zu wenig, der andere findet es angemessen. Ich selbst würde schlicht alles langsamer angehen und auch schauen, wo sich vielleicht selbst was verjüngt und wie sich alles entwickelt. Die Natur hält sich ja selten an menschliche Prozent-Vorgaben und Bestände schwanken immer. Ich finde es nachvollziehbar, dass ein Forstwirtschaftsbetrieb so sklavisch mit Prozentzahlen arbeitet, wäre es aber ökologisch gesehen nicht sogar logischer mit Von-Bis-Bereichen zu arbeiten?

Ich begrüße es sehr, dass Ihr inzwischen zwei Begutachtungsgänge durchführt. Vielleicht sollte der Stadtforst dazu auch mal eine Pressemeldung machen? Wenn Ihr berichtet, dann immer nur über Fällungen. Informiert die Menschen auch darüber, was Ihr stehen lasst! Vielleicht müsst Ihr manchem Baum auch noch mehr Zeit lassen.

Und theoretisch ist es doch auch so: wenn man es schaffen würde (und warum sollte man es nicht schaffen?), eine natürliche Flussdynamik wieder herzustellen im Auwald, müsste dann nicht auch alles neu geplant werden? Im Endeffekt ist ja dies der Dreh- und Angelpunkt des Auwaldes. Ja ich weiß, die Wasserqualität ist da noch ein Thema, aber ich bin sicher, man könnte Lösungen finden. Auch hier könnte es dienlich sein, sich Zeit zu lassen und manchmal manches neu zu überdenken.

Zum Thema Zeit: vor allem vergesst Ihr immer eine ganz besondere Art im Leipziger Auwald. Die lebt hier schon seit ca. 250.000 Jahren in diesem Habitat. Diese interessante Tierart hat den Auwald sogar maßgeblich in seiner Entwicklung beeinflusst. Diese Wesen sind jedoch sehr störungsanfällig und reagieren mit Protest auf Veränderungen in ihrem angestammten Lebensraum. Damit sich diese Art auch anpassen kann an Eure Pläne, würde ich auch darum empfehlen, sich Zeit zu lassen. Ihr wisst schon, diese seltsamen zweibeinigen Primaten können sehr ungnädig reagieren wenn man sie in ihren Lebens- und Sehgewohnheiten stört. Ich bin sicher, es würde alles relativieren, wenn man sich Zeit ließe.

Sehr geehrter J., was Großherbivoren betrifft, so fände ich es spannend, wenn Wisente und Rothirsche in unserem Wald vorkämen. Aber für diese Arten ist der Nutzungsdruck des Menschen zu groß, das Wegenetz zu dicht. Deshalb bleiben auf absehbare Zeit, soweit mir bekannt ist, Reh und Wildschwein die größten Herbivoren im Leipziger Auwald.

Was die Auflichtungen durch forstliche Maßnahmen im Leipziger Auwald betrifft, so sind diese immer nur für eine begrenzte Zeit und wachsen wieder zu. Da der größte Arten- und Strukturreichtum in der Regel in einem starken Spannungsfeld zwischen Störung und Sukzession entsteht, halte ich zirkulieren periodischer Auflichtungen für richtig. Allerdings habe ich auch in einer Stellungnahme zur letzten Forsteinrichtung angemerkt, dass ich einen größeren Periodenabstand (15-20 Jahre, momentan 10 Jahre) für besser hielte, weil einige sehr konkurrenzschwache Arten immer auch an stark ausgeschattete Habitate gebunden sind, die nach meiner Meinung in den letzten Jahren zu knapp geworden sind. Leider hat diese Empfehlung bisher keine Berücksichtigung in der aktuellen Forsteinrichtung gefunden.

Die 40% Stiel-Eichen beruhen auf einer Empfehlung von Prof. Gerd K. Müller, der maßgeblich an der naturschutzfachlichen Konzeption zur Bewirtschaftung des Leipziger Auwaldes mitgewirkt hat. Dazu kann man andere Meinung haben. Aber wenn nach einem 6-jährigen Diskussionsprozess dieses Ziel beschlossen wurde und durch alle Behörden einschließlich dem Leipziger Stadtrat beschlossen wurde, dann bin ich nicht derjenige, der dies in Frage stellt, zumal ich es angemessen finde. Und was die Geschwindigkeit betrifft, 240 bis 320 Jahre für die geplanten Anpassungen sehe ich auch nicht als zu schnell an. Das ist ein Zeitraum, von dem wir persönlich den größten Teil nicht miterleben werden, ein langer Zeitraum in dem die Wissenschaft weitere Erkenntnisse hinzugewinnen wird und auch die Pläne weitere Anpassungen erfahren. Kurz fände ich nur die Zeit, wenn man jetzt bereits alle mühsam errungenen Pläne komplett über den Haufen werfen wollte. Anpassungen als Reaktion auf Veränderungen, wie z.B. das Eschentriebsterben sind ebenfalls geboten. Und wenn der Eichenprozessionsspinner (danke für den Hinweis) in Zukunft eine weitere Anpassung des Konzeptes erforderlich machen sollte, so wird es sicher geschehen. Aber noch unterscheiden sich die mikroklimatischen Bedingungen zwischen dem Leipziger Auwald und den auf sandigen Böden wachsenden Wäldern in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Und der Eichenwickler; der in den viel stärker von Stiel-Eichen dominierten Au- und Nichtauwäldern zwischen Dessau und Aken immer wieder zu starken Kalamitäten geführt hat, hat im Leipziger Auwald bisher auch noch keine so gravierenden Schäden angerichtet. Ich denke der Arten- und Strukturreichtum, der unseren Auwald gerade auch wegen der trockeneren Phacies eines Hartholzauwaldes auszeichnet, ist hier ein guter Puffer. Übrigens bei einer Untersuchung der Höhlenbäume in der Probstei (Connewitzer Holz) betrug der Anteil der Stiel-Eiche 53,8%, der Esche 21,5 %, des Berg-Ahorns 12,3%, der Hainbuche 4,6% der Hybrid-Pappel 4,6% sowie der beiden Lindenarten zusammen 3%. Auf dieser Fläche lag der Anteil der Stiel-Eiche bei 15% und der der Esche bei 42%. Während bei der Esche Bruthöhlen weitestgehend nur im Stamm angelegt werden und nach wenigen Jahrzehnten zum Bruch des selben oder Umsturz des Baumes führen, kann eine Stiel-Eiche sehr viel länger (weit über 100 Jahre) als Höhlenbau fungieren. Oft ringeln die Mittelspechte einzelne Starkäste der Stiel-Eichen, die dann leichter von Pilzen befallen, von holzbewohnenden Käferarten besiedelt und mit Bruthöhlen versehen werden. Auch die großen Bruthöhlen für Waldkäuze entstehen vor allem nach Astabbrüchen an kräftigen Stiel-Eichen.

Und 20% Eschenanteil ist auch nicht wenig. Und das die Leipziger Stadtförster nicht alles versuchen, um angemessen auf das Eschentriebsterben zu reagieren, und nicht, wie von Nukla gefordert, bei der Stadtreinigung Müll zu sammeln, versteht sich wohl auch. SO gibt es bereits seit mehreren Jahren Monitoringflächen zum Eschentriebsterben und eine Erkenntnis ist, dass junge Eschen und Eschenreinbestände sehr viel stärker auf das Eschentriebsterben reagieren und bereits erhebliche Verlustraten haben, als die die Starkeschen in durchmischten Waldbeständen. Klar ist auch, dass die Eschen jahresweise witterungsabhängig und sehr individuell auf den Pilzbefall reagieren. So haben sich z.B. viele Eschen in diesem Jahr von Auswirkungen aus dem letzten Jahr etwas erholt. Bei der flächigen Altdurchforstung führen unsere Stadtförster auf Grund des Eschentriebsterbens inzwischen zwei Begutachtungsgänge durch, denn die Auswirkungen des Eschentriebsterbens sind in der Sommerbelaubung besser zu erkennen, die Bedeutung als Biotopbaum (nach Sächs.NatSchG) aber erst nach dem Laubfall. Besonders bei noch sehr vitalen Eschen wird durch Freistellung der Konkurrenzstress im Kronen- und im Wurzelraum reduziert, während die Eschen mit den stärksten Krankheitssymptomen entnommen werden. Die unabhängig vom Eschentriebsterben geplante Reduzierung des Eschenanteils reduziert damit auch den Falllaubanteil der Esche, was das Infektionsrisiko wiederum deutlich mindert. Zudem soll mit zukünftig mit ergänzenden Pflanzungen von Winter-Linden das Infektionsrisiko weiter abgesenkt werden, da das Laub der Linden eine schneller Verrottung des Laubs fördert, und somit den Kleinen Falschen Weißen Stängelbecherchen weniger Zeit bleibt, um auf den Blattrippen der Eschenblätter ihre Sporenträger zu bilden. Sie sehen, dass auch unsere Stadtförster ein großes Interesse daran haben, die Eschen in einem angemessenen Anteil im Leipziger Auwald zu erhalten.

Sehr geehrter Axel, ich habe mich nicht mit dem Projekt befasst, aber Prof. Christian Wirth, der vor seiner Berufung an die Universität Leipzig Arbeitsgruppenleiter am MPI in Jena war und jetzt mit zum engsten Beratergremium der Leipziger Stadtförster zählt.

Wenn Sie Fragen an die Leipziger Stadtförster zu deren Arbeiten und Plänen haben, können Sie diese in den Förstersprechstunden stellen, die einmal monatlich im Umweltinformationszentrum durchgeführt werden.

Hallo Karl, ich schrieb ja weiter oben schon: ich finde es grundsätzlich in Ordnung, wenn der Auwald verjüngt und stellenweise aufgelichtet wird (durch Lichtungen oder Femellöcher). Und prinzipiell finde ich es auch gut, die Eiche als Charakterbaumart zu fördern. Allerdings fehlen bei Eurer Planung die großen Herbivoren, bei dem Nährstoffreichtum (durch uns Menschen verursacht) und durch die Trockenheit werdet Ihr in Zukunft immer mit Ahorn, Holunder und anderen nährstoffliebenden Konkurrenten gegenüber der Eiche zu tun haben auf diesen Flächen. Vielleicht plant Ihr da jedoch auch schon etwas, wovon ich nur nichts weiß? Bisher ist das ein Problem. Und eine natürliche Eichenverjüngung würde ich auch eher bevorzugen, diese wäre auch kleinteiliger. Sei es drum. Aber Du beantwortest noch nicht meine Frage, ob die bisher stattgefundenen Auflichtungen nicht bereits reichen um bestimmte Arten zu fördern. Du schreibst ja selber, dass bereits jetzt einige Schmetterlingsarten zurückgekehrt sind. Und gerade im letzten Winter sind ja noch einige sehr große Femellöcher entstanden. Die 40% habt Ihr selber so festgelegt, aber warum? Würden auch 30% ausreichen? Ich sehe auch die Geschwindigkeit der Maßnahmen kritisch. Ihr begründet dies mit dem Eschentriebsterben, aber ich habe mich selbst mit Menschen darüber gestritten und habe gelesen, dass die Eschen durchaus nicht zum Tode verurteilt sein müssen, dass Eschen diesen Pilz auch überstehen können. Es wäre doch sinnvoll, sich Zeit zu lassen und zu schauen, welche Eschen die Krankheit überstehen oder sogar resistent bleiben, damit diese Individuen dann ihr Erbgut weitergeben können. Immerhin ist die Esche auch standorttypisch für den Leipziger Auwald, auch wenn sie aufgrund menschlichen Eingreifens zumindestens in den letzten Jahrhunderten nie so wachsen konnte, wie sie es vielleicht sonst hätte getan von Natur aus. Warum also diese Eile? Warum so einen krassen Umbau in solch kurzer Zeit, der sicher auch bei den Tieren für Unruhe sorgt? Zudem ein Gedanke von mir: Auch Eschen sind Biotopbäume. Laut einer schweizer Studie des Zentrums Swiss
Lichens sind 550 Pilzarten und über 400 Flechtenarten an Eschen nachgewiesen worden, und die Studie unterstreicht die Wichtigkeit der Esche für baumnewohnende Flechten (aufgrund der pH-Neutralität der Borke). Laut einer englischen Studie sind 1058 Arten abhängig von der Esche: ” In total, 1,058 species were identified as being associated with ash (ashassociated species): 12 birds, 55 mammals, 78 vascular plants, 58 bryophytes, 68 fungi, 239
invertebrates, and 548 lichens.”. Diese Baumart ist im Leipziger Auwald genauso wichtig wie die Eiche, und sie gehört auch dorthin. Und langfristig gesehen wäre es jetzt sehr dienlich, sorgsamer mit den Eschen umzugehen und zu schauen, wer die Krankheit überlebt und den zu lassen im Sinne des Genpools der Esche! Diejenigen, die es nicht überstehen oder an viel begangenen Wegen stehen und ein Sicherheitsrisiko darstellen, werden sowieso gefällt werden müssen oder als Totholz enden. Verstehst Du? Ich würde mir an Eurer Stelle mehr Zeit nehmen und etwas sorgsamer sein! Vor allem möchte ich Euch eins auf den Weg geben: ich bin viel unterwegs und ich habe gesehen, was in anderen Bundesländern mit den Eichen los ist wegen des Eichenprozessionsspinners. Auch dieses Tier ist ein Teil der Natur und es wird immer Zeiten geben, wo diese Tiere stärker auftreten. Aber was wird sein, wenn der Eichenprozessionsspinner hier auch auftaucht? Karl, soweit weg sind wir nicht von Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Ihr müsst damit rechnen, dass es gesperrte Straßen wie in der Altmark und im Fläming dann auch im Auwald geben wird. Was werdet Ihr dann tun? Nichts gegen die Eichen, im Gegenteil, es geht mir um das Verhältnis, dass Ihr gesetzt habt (die 40%), die Schnelligkeit der Maßnahmen, die vertanen Chancen für die Esche im Sinne ihres Genpools und auch darum, dass es in Zukunft an manchen Stellen sinnvoll sein kann, auch mal ein paar mehr Eschen stehen zu haben.

Sehr geehrter J. (?), was die fehlende Wasserdynamik betrifft, stimmen wir weitestgehend überein. Und wer mich kennt, weiß, dass ich mich bereits seit Jahren für mehr Natürlichkeit der Fließgewässer in der Leipziger Aue, insbesondere für die Widerherstellung der ursprünglichen Wasser- und Grundwasserdynamik einsetze. Allerdings sollte man dabei nicht außer Acht lassen, dass die Wasserqualität unabhängig von den Güteklassen eine völlig andere ist, als die, die früher in den Auwald gelangte. Der heutzutage ca. 40fach höhere Anteil an überdingenden Nährstoffen (Stickstoff- und Phosphatverbindungen) wird deshalb auch den Auwald verändern, und nach allen bisherigen Erfahrungen nicht zu mehr Artenreichtum.

Derzeit gibt es keine Bestrebungen, großflächig den Auwald von früher nachzubilden. Die heutige Bewirtschaftung schafft dies nicht ansatzweise. Lediglich in der Burgaue wird auf insgesamt 13 ha (von ca. 1.200 ha Auwald im Besitz der Stadt Leipzig) in 12 Teilschritten Mittelwald wiederhergestellt, allerdings auch nicht identisch wie früher, sondern unter Einbeziehung heutiger Gegebenheiten.

Allerdings haben mehrere wissenschaftliche Studien belegt, dass die bisherige Überalterung der Stiel-Eichen sowie generell ihr flächenmäßiger Rückgang erhebliche Auswirkungen auf viele gefährdete Arten haben. Aus naturschutzfachlicher Verantwortung im Arten- und Biotopschutz wurde deshalb im Rahmen der Naturschutzfachlichen Konzeption zur forstlichen Bewirtschaftung festgelegt, dass der Anteil der Stiel-Eiche im Leipziger Auwald auf 40% erhöht werden soll. Da es schon in früheren Jahrhunderten die Naturverjüngung der Stiel-Eiche ein offensichtliches Problem darstellte (Ursache neben der Übernutzung unbekannt) und in den letzten 150 Jahren im Lebensraumtyp Hartholzauwald nur noch aufgeforstete Stiel-Eichen bis in die Baumschicht vorgedrungen sind, sehe ich keine Alternative zu entsprechenden forstlichen Maßnahmen. Nun ist es eine einfache mathematische Rechnung. Von 1.200 ha Auwald der Stadt Leipzig sind 40% = 480 ha. Der Forst geht von einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Stiel-Eichen von 250 Jahren aus und hatte bisher die Umtriebszeit in einem lichtkonkurrenzstarken Hochwald mit 240 Jahren definiert. Das bedeutet, dass jedes Jahr auf insgesamt 2ha Fläche, je Forstrevier auf 1 ha Fläche Leipziger Auwald Lochhiebe zur Eichenaufforstung angelegt werden müssten. Der Forstwirtschaftsplan 2016 sah für das letzte Winterhalbjahr eine Femelung von zusammen 0,8 ha im Revier Leutzsch und 1,6 ha im Revier Connewitz vor. Die gegenüber zurückliegenden Jahren deutlich erhöhte Femelfläche begründet sich damit, dass in der zu dieser Zeit bearbeiteten Nonne der Eschenanteil besonders hoch ist und der Stadtforst auch im Hinblick auf das Eschentriebsterben für spätere Jahre geplante Maßnahmen vorziehen wollte. Realisiert wurden letztes Winterhalbjahr allerdings nur ca. 0,9 ha. Im Forstwirtschaftsplan 2017 stehen für dieses Winterhalbjahr im Revier Connewitz 0 ha zur Femelung an, im Revier Leutzsch 0,6 ha.

Wichtig ist auch Altdurchforstung, die von einer künstlicher Wiederherstellung eines Auwaldes früherer Jahrhunderte weit entfernt ist und dem Leipziger Auwald weit weniger Holz entnimmt, als bei der Bewirtschaftung im 19. Jh.. Auch diese Maßnahme dient zur Sicherung des wertvollen Arten- und Strukturreichtums im Leipziger Auwald. So kommen z. B. viele noch vor 20 Jahren im Leipziger Auwald sehr selten gewordene und vom Aussterben bedrohte Pilzarten heute reichlich 20 Jahre nach der Umstellung der Waldbewirtschaftung auf die heutige Bewirtschaftungsform sehr zahlreich vor. Der Anteil an verrottendem Totholz aber auch an Vegetation in der Kraut- und der Strauchschicht hat deutlich zugenommen. Dies ist auch ein Grund für die Rückkehr der Wildkatze in den Leipziger Auwald. Ebenso sind einige nach der Aufgabe der Mittelwaldwirtschaft verschwundene Schmetterlinge zurückgekehrt. Und dies geschieht nicht durch künstliche Nachbildung früherer Bewirtschaftungen, sondern durch intelligente und nachhaltige Nutzung der heutigen Möglichkeiten zur Sicherung von Arten- und Strukturvielfalt im Leipziger Auwald.

Durch die Verbesserung des Lichtdargebotes für Alteichen im Rahmen der Altdurchforstung konnte sich ein Teil der alten, am Ende geglaubten Starkeichen wieder etwas erholen. Aus dieser Erkenntnis heraus erwägen wir in der AG Stadtwald die Umtriebszeit der Stiel-Eiche mit reichlich 300 Jahren anzusetzen. Bei einer Umtriebszeit von 320 Jahren ergäbe sich rechnerisch ein jährlicher Bedarf von 1,5 ha Femelfläche, was je Forstrevier 0,75 ha jährliche Femelfläche wären. Dies entspricht in etwa den wirklich angelegten Femelflächen in den letzten Jahren.

@Karl: Grundlagenwissen schön und gut, ich frage mich nur, ob Sie sich überhaupt auch mal mit den Forschungen in diese Richtung (u.a. das CarboEurope-Projekt mit Start 2000) des MPI Jena befasst haben?

Lieber Karl, das ist mir alles bekannt (auch wenn ich in der einen Dissertation etwas anderes zu 1813 etc. gelesen habe, die Schäden waren demnach schon extrem), erklärt aber nicht die Frage, was es für einen Sinn macht, großflächig einen Auwald aus früheren Jahrhunderten künstlich nachzubilden, in denen dieser Lebensraum wiederholt extremst ausgenutzt wurde und die Umweltbedingungen (zu denen ich auch den Menschen mit einschließen will) gänzlich anders waren (dann braucht es nämlich auch Waldbeweidung, oder?). Wir haben kein Gerberhandwerk mehr in Leipzig und auch keine Betriebe, die Eichelmast durchführen. Ich werde später auch noch ausführlicher antworten, möchte aber erstmal auch noch darauf hinweisen, dass eine natürliche Hochwasserdynamik es ja nicht ausschließt, dass der Leipziger Auwald weniger geflutet werden würde als andere Auwälder. Die Flüsse werden das schon allein regeln ohne uns Menschen, was wie oft dann geflutet wird. Momentan gibt es aber im Auwald gar keine natürliche Hochwasserdynamik, und das ist nun mal ein Problem. Verstehst Du was ich meine? “Weniger Überflutung als andere Auwälder” bedeutet etwas anderes als “gar keine Überflutung”. Und ich denke auch, Femellöcher sind durchaus positiv, aber wenn es zuviele werden? Mir geht es nicht darum, Femellöcher zu verteufeln, mir geht es schlicht um das Verhältnis. Im Endeffekt gehört ja auch die natürlich gewachsene Hartholzaue an manchen Stellen in den Auwald. Wir haben jetzt jede Menge Femellöcher im Auwald, sollte dies nicht bald mal ausreichen zur Förderung der Insektenwelt? Vor allem aber: es gibt auch andere Methoden zur Waldverjüngung, nachhaltigere, warum nutzt man diese nicht? Warum diese Extremlösungen, die in der Bevölkerung immer mehr Widerspruch auslösen?

Wer behauptet denn, dass sich die naturschutzfachliche Konzeption zur forstlichen Bewirtschaftung des Leipziger Auwaldes nur auf 1870 bezieht?! Die Grundlage sind eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten einschließlich zweier Dissertationen und die haben die historischen Quellen schon sehr gründlich recherchiert.

Funde subfossiler Holzreste belegen das Vorkommen der Stiel-Eiche und des Berg-Ahorns im Gebiet des heutigen Leipziger Auwaldes bereits seit 8.000 Jahren. Bemerkenswert sind auch Funde subfossiler Holzreste von Haselnuss und Rotbuchen im Leipziger Auwald aus dem Jungholozän vor ca. 3.000 bis 2.000 Jahren. Sie zeugen davon, dass bereits damals der Leipziger Auwald trockener und weniger stark überflutet war als andere Auwälder an der Weißen Elster. Dieses bis heute zur großen Artenvielfalt im Leipziger Auwald beitragende Charakteristikum wird ja immer wieder von ideologischen Fundamentalisten in Frage gestellt.

1870 war das Jahr der ersten amtlichen Forsteinrichtung im Leipziger Auwald. Deshalb existieren erst ab dieser Zeit exakte Erfassungen des Baumarteninventars des Leipziger Auwaldes. Aber auch aus der Zeit davor gibt es ausreichend Quellen, die gute Schlussfolgerungen auf die Artenzusammensetzung und Bestandsentwicklung im Leipziger Auwald zulassen:

Eine der aussagekräftigsten Quellen sind die Schlagregister der Jahre 1620 bis 1750. Sie belegen zusammen mit verbalen Beschreibungen, dass der damalige Oberstand von vielen Stiel-Eichen und Zitter-Pappeln sowie wenigen Buchen (Rot- und Hainbuche) und Ulmengebildet wurde. Im Unterstand, welcher vorwiegend der Brennholzgewinnung diente, fanden sich Hasel, Ulmen, Feld-Ahorn, Linden, Erlen, Wilde Obstbäume, Eschen, Schießbeeere, Pfaffenhütchen und Weiden. Die Esche, die aus Stubben sehr gut neue Stockausschläge bilden kann, spielte im Leipziger Auwald nur eine Nebenrolle bei der Brennholzgewinnung und scheint wegen der ausgesprochen seltenen Erwähnung auch nicht so häufig gewesen zu sein.

Wie aus Schriften der „Ordnung des Holzhauens“ (1. Waldordnung der Stadt Leipzig 1563) , der „Ordnung wegen des Holzschlagens“ (2. Waldordnung 1617) sowie der 3. Waldordnung 1714 ersichtlich ist, besaß der Leipziger Auwald über einen langen Zeitraum für verschiedene Formen der Waldnutzung, wie Gräserei, Holzlesen und Waldweide, eine größere Bedeutung, als für die eigentliche Holzgewinnung. Die Rechtenutzung der Gräserei, der Waldweide mit Rindern, Schafen und Schweinen sowie des Holzlesens wurde oft über den genehmigten Rahmen hinaus beansprucht, so dass die deutliche Übernutzung des Leipziger Auwaldes durch die gemeine arme Bevölkerung zur Entstehung erheblicher holzfreier Waldflächen führte. Gerade beim Holzlesen gab es viele Konflikte weil nicht nur das erlaubte dürre Holz gesammelt wurde, sondern auch frische Äste und Zweige gebrochen wurden. Übernutzung und mangelnde Bewirtschaftung des Waldes führten zu fehlenden Stockausschlägen, Überalterung des Oberstandes sowie unzureichender Verjüngung der Stiel-Eiche. Deshalb wurde in den Waldordnungen immer wieder das Setzen wilder Bäume und die Regelung der Flächennutzung zur Verbesserung der Verjüngung der Mittelwaldbestände gefordert. Bereits 1543 wurde dem Thomasmünster zur Sicherung des Oberstandes in dem vor der Säkularisierung von ihm bewirtschafteten Wald auferlegt, mindestens 30 Laßreister je Acker Wald zu Bauholz stehen zu lassen. Die Maßnahmen zeigten jedoch vor allem beim Unterstand wenig Erfolg, da die an die Waldflächen angrenzenden Gemeinden an den Gräserei- und Weiderechten auch gut verdienten und die Rechteinhaber zudem auf der Beibehaltung ihrer Rechte bestanden. Erst 1855 verloren viele Gemeinden, die später nach Leipzig eingemeindet wurden diese Rechte. Die letzte Erlaubnis zur Gräserei wurde 1924 erteilt. Zudem bestand bis zum 18. Jh. ein großer Bedarf an Loheichen im Alter zwischen 50 bis 80 Jahren. Oft wurden deutlich mehr als hundert Eichen im Jahr allein für die Lohgewinnung gefällt. Für die Schweinemast wurden auch großflächige Eichen-Reinbestände angelegt.

In all den Jahrhunderten hatte die Stiel-Eiche eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für den Menschen, während die Esche fast gar keine Erwähnung findet. Als unwichtiger Bestandteil des Feuerholzes erreichte sie durch Stockausschläge aus Stubben oft nur einen haselstrauchähnlichen Wuchs. Nachweise von Schmetterlingen, die Esche als Futterpflanze benötigen (Ochsenheimer 1805, Reichert 1900), belegen das Vorkommen von Eschen. Allerdings handelte es sich vorwiegend um Arten, die sich ganz bevorzugt von den Blättern der Safttriebe junger Stockausschläge ernährten.
Bereits 1771 wurde gefordert, dass auf Grund des schnellen Wuchses und der guten Holzpreise, die Eschen aus anderen Gebieten erzielten, mehr für die Anzucht und die Ausbreitung der Eschen getan werden soll. Bestände der Esche im Oberstand sind auf Anpflanzungen vereinzelt beginnend ab 1831, sehr massiv seit 1870 zurückzuführen. Für das Connewitzer Holz ist in einer Forsttypenkarte für das Jahr 1856 folgende Flächennutzung belegt: ca: 5% großflächige Wiesen (Heilige Wiesen- heute zum Clara-Zetkin-Park gehörend, Reiterwiesen – heute Wildpark), ca. 2% Niederwald für Weidenanbau, 20-25 % Eichenreinbestände insbesondere zur Eichelmast und der Rest Mittelwald mit Stiel-Eiche und Feld-Ulme im Oberstand.

Auswirkungen verschiedener Kriege führten zu Beginn des 18. Jh zur Abnahme an baufähigem Holz und zur Zunahme an Dornbüschen. Eschen finden hierbei im Gegensatz zu anderen Baumarten keinerlei Erwähnungen. Aber mehr noch als Kriegseinwirkungen führte die allgemeine Übernutzung des Waldes durch Überbeanspruchung erteilter Rechte weitverbreitet zu vielen kleinen holzfreien Stellen im Wald. Deshalb erließ der Rat der Stadt Leipzig bereits in der ersten Hälfte des 18. Jh. Vorschriften zur Beseitigung der Blößen und zur Sicherung des baufähigen Holzes allein für den Eigenbedarf der Stadt. Und obwohl der Stadt Leipzig von außerhalb zum Teil sehr lukrative Angebote zum Verkauf ihrer Starkeichen unterbreitet wurden, verweigerte der Stadtrat diesen. Die Kriegshandlungen um die Völkerschlacht zu Beginn des 19.Jh. hatten gerade auch deshalb kaum Auswirkungen auf den bauholzfähigen Oberstand, nur indirekt durch teilweise stärkeren Nutzungsdruck aus dem gemeinen Volke auf den Unterstand. Das weitest gehende Fehlen der Esche im Oberstand um 1870 hat seine Ursache in ihrer wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit in der über viele Jahrhunderte andauernden sehr intensiven Mittelwaldnutzung des Leipziger Auwaldes.

1870 erfolgte im Leipziger Auwald die erste „Forsteinrichtung“ durch den Königlich Sächsischen Oberförster Roch. Deshalb existieren auch erst seitdem exakte Erfassungen der Holzbestände und Zehnjahresplanungen ihres Anbaus, ihrer Pflege und ihrer Nutzung. Die beschlossene Hochwaldwirtschaft mit großflächigen Kahlschlägen konnte sich gegen den Widerstand der Bevölkerung nicht durchsetzen. Deshalb erfolgte ein allmählicher Waldumbau mit Gruppen- und Lochhieben und großflächigem Unterbau mit Eschen. Angestrebtes Ziel war ein mittelwaldähnlicher Hochwald mit Eschen und Ulmen in der 2. Baumschicht und den Eichen-Überhältern dazwischen. Durch die ständige Reduktion der zu schlagenden Holzmenge kam es seit Beginn des 20. Jh im Leipziger Auwald zu einer zunehmenden Überalterung der Waldbestände. Die immer stärkere Ausschattung des Waldbodens führte zum Verlust vieler licht- und wärmeliebender Pflanzen- und Tierarten. Bei den Schmetterlingen gingen über 30 % der bisher im Leipziger Auwald beheimateten Arten verloren. In der DDR intensivierte sich die Holznutzung wieder. Hinzu kam die abschließende Welle des Ulmensterbens, bei der zwischen 1958 bis 1962 mit den Feld-Ulmen ca. 13 % der Bäume des Oberstandes starben. Dies führte in dieser kurzen Zeit noch einmal zu einer stärkeren Auflichtung des Leipziger Auwaldes. In den 1970er und 1980er Jahren wurde ein Großteil der Leipziger Waldarbeiter bei der Vorfeldberäumung der Braunkohlentagebaue benötigt. Gerade südlich von Leipzig gingen dabei große Flächen wertvollster Auenlebensräume verloren. Gleichzeitig verschärfte die stark gedrosselte forstliche Nutzung die Überalterung der Waldbestände im Leipziger Auwald insbesondere bei den Baumarten Esche und Stiel-Eiche.

Was den Kohlenstoffkreislauf betrifft, erübrigt sich eigentlich jeglicher Kommentar, da dies Grundlagenwissen des Biologie-Unterrichtes ist. Kohlenstoff kann nur dann dem Kreislauf entzogen und damit eine positive CO² Bilanz erzielt werden, wenn er in irgendeiner Form (Holz, Humus, Torf, Kohle) gespeichert wird. Beim Humus ist im Leipziger Auwald seit Jahrzehnten keine signifikante Veränderung der Höhe der Humusschicht ersichtlich. Folglich halten sich hier Bildungs- und Abbauprozesse die Waage. Torf und sehr langfristig Kohle entstehen nur bei dauerhaft (über viele Jahrzehnte) stehendem Wasser, so dass die Zersetzungsprozesse unter Wasser mangels Sauerstoff fast nicht mehr stattfinden. Derartige Prozesse laufen in Moor- und Bruchwäldern, nicht aber im Leipziger Auwald ab, wo jahreszeitliche Austrocknung schon seit Jahrhunderten zu einer guten Durchlüftung des Bodens führt.

“..Was den Klimaschutz betrifft, so ist ein vom Menschen ungenutzter Wald CO²-neutral. Das Holzwachstum bindet so viel CO² wie auf der anderen Seite durch Holz- und Laubzersetzung wieder freigesetzt wird. Erst wenn wir dem Wald Holz entnehmen und diese vor Abbau- und Zersetzungsprozessen schützen, erhalten wir eine positive CO²-Bilanz…”
Bin der Meinung hierzu eine gegenteilige Aussage in einer Forschung des MPI gelesen zu haben, nämlich das ein unbewirtschaftetet Wald eben nicht alles gespeicherte CO2 bei der Zersetzung von Altmaterial freisetzt. Anyway.
Meine Frage ist eher die: Ist denn überhaupt bekannt, wofür das hier geschlagene Holz (wirtschaftlich) überhaupt verwendet wird?

Prinzipiell halte auch ich kleine Lichtungen und Femellöcher für positiv im Leipziger Auwald. Aber ich kann nur eindringlichst davor warnen, sich bei einem solch gravierenden Waldumbau auf ein solch kleines Zeitfenster (1870) zu beziehen, nur weil man da mal Daten aus diesem Jahr gefunden hat! Es gibt schlicht Gründe, warum die Baumzusammensetzung im Leipziger Auwald damals so war, wie sie war. Sachsen hat erst nach dem siebenjährigen Krieg und ein paar Jahrzehnte später nach 1813 schlimme wirtschaftliche Not erlitten und musste bei beiden Kriegen soweit ich weiß, heftige Kontributionsleistungen zahlen an Preußen. Dazu zählte auch Holz! Fast alle sächsischen Wälder (u.a. auch die Dahlener Heide) haben extremst darunter gelitten. Die Eschen, die 1870 nicht in den Forstdaten zu finden waren, sind sehr wahrscheinlich in einer dieser Zeiten abgeholzt und an Preußen geliefert worden. Die wirtschaftliche Not tat ein übriges. Es ist nur logisch, dass Stieleichen als lichtliebende Arten aus der Situation ein paar Jahrzehnte später profitiert haben und Ihr in den Unterlagen von 1870 einen jungen, sehr lichten Wald vor Euch seht. Aber ich fürchte, als Referenzausgangspunkt für das heute sollte man diese damalige Extremsituation nicht nehmen, vor allem, da das, was Ihr tut in dem Maße, wie es geschieht, zu einem irreversiblen Verlust führt!

Die Baumfällungen im Leipziger Auwald empfinde ich weder als massenhaft noch als grausig. Vielmehr halte ich diese Baumfällungen für naturschutzfachlich notwendige Maßnahmen, die im Rahmen der Umsetzung der “Naturschutzfachlichen Konzeption zur forstlichen Bewirtschaftung des Leipziger Auwaldes” erfolgen. Diese Konzeption wurde in breitem Konsens zwischen Wissenschaftlern der Universität Leipzig, des Helmholzzentrums für Umweltforschung, der Naturschutzbehörden und Vertretern der ehrenamtlich aktiven Naturschutzverbände erarbeitet. Prof. Gert K. Müller, der von der L-IZ bereits mehrfach zitiert wurde, hat wesentlich zu den Inhalten dieser Konzeption beigetragen.
Eine Grundlage für diese Konzeption sind historische Forstdaten. Im Jahr 1870 bestand der Leipziger Stadtforst aus 5 ca. 200 ha großen Forstrevieren. Im Forstrevier Burgaue betrug z.B. der Anteil an Stiel-Eichen in der B1-Baumschicht 67%, der Anteil der Eschen 0,9%, im Forstrevier Connewitz betrug der Anteil der Stiel-Eiche 60%, der Anteil der Eschen 0,33%. Nach der Aufgabe der Mittelwaldbewirtschaftung, um 1870, die ca. 98% des Leipziger Stadtwaldes umfasste, wurden auf den vielen kleinen Waldlichtungen und Waldwiesen massenhaft Eschen aufgeforstet. Gleichzeitig sind in den letzten 150 Jahren im Bereich des Lebensraumtypes Hartholzauenwald nur noch forstlich angepflanzte Stiel-Eichen groß geworden. Natürliche Eichenetablierungen waren auf diesen feuchten Waldstandorten sehr selten und verkümmerten in der Regel spätestens im Strauchstadium. Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser naturschutzfachlichen Konzeption in den Jahren 1994 bis 2000 betrug der Anteil an Stiel-Eichen in der B1-Baumschicht nur noch 15-20 %, der Anteil der Eschen reichlich 40%. Naturschutzfachlich hat die Stiel-Eiche im Leipziger Auwald eine deutlich höhere Wertigkeit als Bestandteil von Nahrungsketten und als Habitatart für andere Arten (z.B. Höhlenbaum), als die Gewöhnliche Esche. In der Forstabteilung Probstei lag der Anteil der Stiel-Eiche in der Kronenschicht bei 15%, aber 53% aller Höhlenbäume waren STiel-Eichen. Aus eine Vielzahl solcher naturschutzfachlichen Fakten und Erwägungen reifte die Erkenntnis, die in der naturschutzfachlichen Konzeption niedergeschrieben wurde, den Anteil der Stiel-Eiche wieder auf 40% zu erhöhen, während der Anteil der Eschen auf ca. 20% abgesenkt werden soll.
Um die als naturschutzfachlich notwendig erkannte Erhöhung des Anteils der Stiel-Eiche mit einer ausgewogenen Altersstruktur zu erreichen, werden in den nächsten 250 Jahren Lochhiebe auf von Eschen oder von Ahornen dominierten Flächen angelegt. Denn als Lichtbaumart benötigt die Stiel-Eiche zum Aufwuchs mindetens 30 x 30 m² große schattfreie bis schattarme Flächen. Wissenschaftliche Begleituntersuchungen haben gezeigt, dass durch etwas größere Lochhiebe eine Vielzahl dem Leipziger Auwald nach der Aufgabe der Mittelwaldbewirtschaftung veroren gegangene Insektenarten wieder zurückkehren können. Deshalb wurden in den letzten Jahren Lochhiebe in der Größe von 0,1 bis 0,5 ha angelegt, auf denen Stiel-Eichen aufgeforstet wurden.
Was den Klimaschutz betrifft, so ist ein vom Menschen ungenutzter Wald CO²-neutral. Das Holzwachstum bindet so viel CO² wie auf der anderen Seite durch Holz- und Laubzersetzung wieder freigesetzt wird. Erst wenn wir dem Wald Holz entnehmen und diese vor Abbau- und Zersetzungsprozessen schützen, erhalten wir eine positive CO²-Bilanz. Was die normale Altersdurchforstung des Waldes betrifft, so verringert die Entnahme einzelner Bäume die Kronen- und Wurzelkonkurrenz der verbliebenen Bäume – die also dadurch gestärkt werden. Ein gestärkter Baumbestand kann auch besser die mikroklimatischen Funktionen des Waldes erfüllen.

Die Wiederherstellung der ursprünglichen Wasser- und Grundwasserdynamik in der Leipziger Aue und die nach naturschutzfachlichen Erfordernissen ausgerichtete forstliche Nutzung (die heute bei weitem nicht so intensiv ist, wie vor 200 Jahren) bilden keinen Widerspruch sondern eine wichtige Einheit im Naturschutz des Leipziger Auenökosystems!

Sehr geehrter Herr Karl, das ist ja ein tolles statemente, eine große eine Vision für Leipzig! Dafür wird es doch sicher Gleichgesinnte geben, mit denen Sie sich unbedingt zusammentun sollten?! Können Sie, da sie sich so für den Auwald einsetzen, nicht irgendetwas gegen die grausigen und massenhaften Fällungen alter Bäume unternehmen: das sind doch die Klimaschützer schlechthin. Leipzig hat so mit Feinstaub und insgesamt der Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte und Jahresdurchschnittstemperaturerhöhung zu tun: wieso lässt man da nicht die kostbaren Kaltluftspeicherer und Luftreiniger stehen!? Selbst wenn es bei den angekündigten Festmetern um ca 1 Mill. Euro gehen dürfte.

Da die Gewässer 1. Ordnung, die am wesentlichsten unsere Aue prägen, sowie der Schutz nach der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie Landesaufgaben sind, liegt die Verantwortung für die Erarbeitung eines alles umfassenden Konzeptes für das Leipziger Auenökosystem beim Freistaat Sachsen, in der Durchführung beim LfULG. DIe Beauftragung eines solchen Konzeptes durch den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig hätte wieder das Problem, dass es an Landeskompetenzen scheitern könnte. Wichtig ist, dass die Stadt Leipzig an der Erarbeitung des Konzeptes aktiv mitwirkt und die Leipziger Interessen zum Tragen bringt. Noch wichtiger ist allerdings danach auch, dass die Stadt Leipzig dann aktiv ihren Beitrag zur Umsetzung dieses in Planung befindlichen Konzeptes leistet.
Was versteht man unter Altarmen? Allein das Delta der Luppe bestand aus 9 namentlich bekannten Luppeläufen (interessanter Weise hieß einer “Namenlose Luppe”). Nur die Südliche Alte Luppe war in der Regel ganzjährig wasserführend. Die Nördliche Alte Luppe wurde in sehr trockenen Zeitabschnitten auch zu eine Kette stehender Kleingewässer. Viele der anderen Luppeläufe führten nur zeitweise Wasser und trockneten auch zeitweise aus. All dies war Bestandteil der natürlichen Auendynamik und am besten wäre es diese wieder herzustellen. Dazu müssten aber auch inzwischen zugeschüttete Luppeläufe, wie z.B. die Heuwegluppe wieder hergestellt werden.
Mit dem Projekt der Lebendigen Luppe wäre dies nicht zu erreichen. Die beste und anstrebenswerteste Lösung für die Nordwestaue wäre die Rückverlegung der Deiche an den Rand der Aue und die Wiederherstellung der Funktion der ehemaligen Wasserläufe. Dann gäbe es auch keinen STreit mehr zwischen den Naturschützern, wie viel und wie lange Hochwasser in den Hartholzauwald eingeleitet werden soll, denn es gäbe nur die natürlich vorhandene Wassermenge und die würde sich selbst verteilen.
Ein so mutiges Konzept, die Deiche der Gewässer 1.Ordnung an den Rand der Aue zu legen, wo sie eigentlich von Anfang an hingehört hätten, erfordert aber einen breiten Konsens zwischen allen haupt- und ehrenamtlich im Naturschutz Tätigen. Denn an der Stelle wo dann die Deiche am Auenrand die angrenzenden Siedlungen vor Hochwasser entsprechend der Hochwasserrahmenrichtlinie der EU schützen müssten, befindet sich heute nicht selten Wald mit unterschiedlichem Schutzstatus (FFH-Lebensraumtyp, gesetzlich geschütztes Biotop, Landschaftsschutz u.s.w. Rein logisch könnte man den Waldverlust durch neu Deiche am Auenrand durch Aufforstung der Flächen des bisherigen Deiches ausgleichen, aber rechtlich erfordert dies Ausnahmen, die durch keinen der im Naturschutz Aktiven in Frage gestellt werden dürften. Sonst sind sie in der heutigen Rechtslage nicht mehr durchsetzbar. Und aus dieser Angst fehlte bisher staatlichen Behörden der Mut, derartige Maßnahmen in Angriff zu nehmen.

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