Ziemlich spät ging die Stadt Leipzig mit den Plänen an die Öffentlichkeit, die sanierungsreifen Georg-Schwarz-Brücken zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg durch einen opulenten Brückenneubau zu ersetzen. Im Stadtbezirksbeirat Leipzig-Altwest fühlte man sich ziemlich überrumpelt und beantragte Anfang 2018 eine regelrechte Bürgerbeteiligung. Die aber lehnte der Stadtrat mehrheitlich ab. Und auch der zweite Antrag des Stadtbezirksbeirats wird jetzt abgewiesen.

Dort hatte man Hoffnung geschöpft, als bekannt wurde, dass sich der geplante Baubeginn noch einmal um zwei Jahre verschiebt. So aus Bürgersicht wären das zwei Jahre gewesen, in denen man das, was bei der ursprünglichen Planung der Brücken Ende der 1990er Jahre völlig unterlassen wurde, vielleicht doch noch hätte nachholen können.

Und so beantragte der Stadtbezirksbeirat im September: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zum Neubau der Georg-Schwarz-Brücken vor der Beschlussfassung des Stadtrates eine umfassende Bürgerbeteiligung durchzuführen. Die Bürgerbeteiligung umfasst sowohl städtebauliche und verkehrliche Belange sowie Belange des Umweltschutzes.“

Aber schon bei der Stadtratsentscheidung im März hatte die Verwaltung Druck gemacht: Für eine richtige Variantenentscheidung sei keine Zeit mehr.

Und genau das betont das Dezernat Stadtentwicklung und Bau jetzt auch in seiner Stellungnahme, die den Antrag des Stadtbezirksbeirats empfiehlt abzulehnen.

„Die Beschlussfassung der Vorlage VI-DS-04710-NF-01 Vorplanung Ersatzneubau Georg-Schwarz-Brücken einschließlich Umbau Am Ritterschlößchen (Neufassung) erfolgte in der Ratsversammlung am 21.03.2018. Es ist in der beschlossenen Vorlage das weitere Beteiligungsverfahren ausführlich beschrieben“, betont das Planungsdezernat.

„Insofern wäre der Beschlussvorschlag, eine umfassende Bürgerbeteiligung vor der Beschlussfassung des Stadtrates zur vorgenannten Vorlage durchzuführen, nur durch die Aufhebung und erneute Beschlussfassung umsetzbar. Das Anliegen des Beschlussvorschlages wurde inhaltlich bereits im Rahmen eines Absetzungsantrages von der Tagesordnung am 21.03.2018 von der Ratsversammlung diskutiert und mehrheitlich bestätigt.“

Und eine Beteiligung zumindest auf der Informationsebene habe es ja gegeben: „Die Vorlage zur Vorplanung wurde am 07.02.2018 im Stadtbezirksbeirat Altwest beschlossen und am 22.02.2018 im Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg zur Information vorgestellt. Entsprechend dem Beschluss fand am 26.06.2018 ein Fachgespräch mit Vereinen und Verbänden statt. Am 20.09.2018 wurde die Baumaßnahme im Rahmen einer öffentlichen Gesprächsrunde des SPD- Ortsvereines Altwest diskutiert. Weiterhin ist am 29.11.2018 der 1. Workshop zu Planungsdetails vorgesehen.“

Die Information im Februar hatte ja dann zum ersten Antrag des Stadtbezirksbeirats geführt, der dann in der März-Versammlung von der Stadtratsmehrheit abgelehnt wurde. Und das wohl auch schon, weil die Stadt – nachdem das Projekt fast zwei Jahrzehnte in den Schubladen geschlummert hatte – nun auf einmal unter Zeitdruck steht. Denn die alten Bauwerke sind an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Es wird eine Riesenbaustelle, die über sechs Jahre dauert. Und das muss auch noch mit der Bahn, die drunter durchfährt, terminlich alles abgestimmt werden.

„Die notwendigen Planungsschritte und die Terminkette wurden nach dem Ratsbeschluss zur Vorplanung detailliert aufgestellt. Daraus ergibt sich ein Baubeginn im November 2024“, betont das Planungsdezernat. „Mit Hinblick auf die Einhaltung der Ecktermine, den maroden Zustand beider Brückenbauwerke, den technischen Zwangsbedingungen (u. a. Erhalt Polygraph Gebäude, Anlagen der DB AG) und der Notwendigkeit der Schaffung einer leistungsfähigen Verkehrsanlage lässt der Terminplan die Durchführung einer grundlegenden Variantendiskussion nicht mehr zu.“

Und den Terminplan, der seit März im Grunde in Kraft ist, zur Baumaßnahme „Ersatzneubau Georg-Schwarz-Brücken einschließlich Umbau Am Ritterschlößchen“ liefert das Planungsdezernat gleich mit:

21.03.2018: Beschluss Ratsversammlung zur Vorplanung/Variante

30.03.2018: Abschluss Vergabeverordnung-Verfahren (VgV); Planungsleistungen Verkehrsanlage und Ingenieurbauwerke

05/2018: Beginn Entwurfsplanung Verkehrsanlage

10/2018: Vorliegen stabiler Lageplan

07/2019: Fertigstellung Entwurfsplanung einschl. aller Fachplanungen nach Prüfung Verkehrs- und Tiefbauamt

03/2020: Einarbeitung Hinweise aus baufachlicher Stellungnahme, Fördermittelgeber (Vorliegen finaler Vorentwurf nach RE)

11/2020: Beschluss Ratsversammlung zur Durchführung Planfeststellung

05/2021 bis 09/2021: Baudurchführung Austausch Überbau Bauwerk II (kleine Brücke)

06/2022: Planfeststellungsbeschluss (Verkehrsanlagen, Ingenieurbauwerke, LVB-Anlagen, DB-Anlagen)

10/2022: Bau- und Finanzierungsbeschluss Gesamtbaumaßnahme

10/2022: Beginn Ausführungsplanung

06/2024: Beginn Ausschreibungsverfahren

11/2024 bis 03/2030: Baudurchführung

Stadtbezirksbeirat Altwest beantragt jetzt ganz offiziell eine Bürgerbeteiligung zu den Georg-Schwarz-Brücken

Stadtbezirksbeirat Altwest beantragt jetzt ganz offiziell eine Bürgerbeteiligung zu den Georg-Schwarz-Brücken

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Es gibt 2 Kommentare

Hier soll ganz ohne Not eine große zweistellige Millionensumme für eine völlig überdimensionerte Riesenlösung zum Fenster rausgeschmissen werden. Natürlich braucht man dabei keine Öffentlichkeit, geschweige den echte Bürgerbeteiligung.

Der Verwaltungsstandpunkt der Stadt, in diesem Fall des Verkehrs- und Tiefauamtes Abteilung Straßenentwurf, ist recht launisch und mangelhaft. In feinster Akribie werden Zeitpläne dargestellt. Damit soll wohl bekundet werden, dass man akkurat und fleißig arbeitet.
Leider fehlt in der Übersicht der Hinweis, dass die Beschlüsse im SBB Altwest und im Stadtrat mit Hinweis auf einen ganz anderen Terminplan erschlichen wurden.
Wurde doch in beiden Gremien jeweils der unbedingte Baustart für 2022 angegeben. Dies ist auch auf mehrfache Nachfrage in beiden Gremien so bestätigt worden. Dass keine 4 Monate später plötzlich der Baustart um 2 Jahre nach hinten verschoben wird, ist erstaunlich und legt die wissentliche Falschaussage seitens der Mitarbeiter*innen des VTA in den besagten Gremien nahe.
Lüge ist aber noch nie ein guter Ratgeber für die vertauensvolle Zusammenarbeit gewesen. Und wer einmal lügt, dem glaubt man kaum in weiteren Punkten.
Insofern hoffe ich auf eine Klage eines Umweltverbands, der die Unverträglichkeit des monströsen Brückenbauwerkes mit europäischen Umweltrecht zum Thema macht. Na, und dann viel Spaß liebe Straßenplaner im VTA!
Die bisherige Dreistigkeit seitens dieses Amtes ist der eigentliche Skandal.

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