Eigentlich dürfte das Ergebnis zu denken geben, auch wenn Jens Kipping von der Firma BioCart den Eiswochen in Januar und März 2018 die Schuld daran gibt, dass in Leipzig deutlich weniger Eisvogel-Brutpaare gezählt wurden als in den Vorjahren, im Floßgraben, dem eigentlichen Eisvogel-Paradies, sogar nur ein einziges, wo vor zwei Jahren noch vier Paare brüteten. Von Entwarnung kann keine Rede sein. Im Gegenteil.

Am Mittwoch, 27. Februar, hat Leipzigs Umweltdezernat die neuesten Ergebnisse des Eisvogel-Monitorings vorgestellt. Das gibt es seit 2013, seit das Dezernat zugeben musste, dass es im Floßgraben ein gewaltiges Problem gibt. Nicht nur mit dem Eisvogel, der ist nur der Zeigervogel für das streng geschützte Stück Auenwald. Nach 2006 brütete er wieder öfter im Floßgraben, weil der alte, verschlickte Graben wieder durchgängig befahrbar gemacht wurde und aus dem Cospudener See wieder Wasser nachfließt. Dadurch hat sich das Jagdrevier für den eisblauen Vogel etwas verbessert. Er fand auch in den Steilufern wieder Möglichkeiten zum Brüten. Und auch die kleinen Fische waren wieder im Wasser, mit denen er seine Brut füttert.

Auch wenn selbst der Floßgraben nur auf eine Gewässergüte von 4 kommt. Das ist zu wenig. Von klarem Wasser, das dem Eisvogel wirklich die Jagd erleichtert, kann keine Rede sein. Und dann kommen auch noch die Paddler. Nicht immer gesittet. Ab Pfingsten geht es meistens los, da hat der kleine Vogel nicht mehr wirklich Ruhe in seinem Revier. Hunderte Boote fahren an Sonnentagen durch den idyllischen Graben, der dann nicht mehr so idyllisch ist. Nicht nur am Himmelsfahrtstag zeigen echte Männer im Revier, was sie für Rücksichtslosigkeiten draufhaben.

Die Frage stand im Raum: Wie müssen eigentlich die Schutzzeiten im Floßgraben eingerichtet sein, damit der Eisvogel wirklich gute Brutmöglichkeiten hat?

Leipzigs Umweltverwaltung ist sich sicher: Die eingeschränkten Durchfahrtzeiten reichen, um dem Vogel Zeit genug zu lassen, zu jagen und seine Jungen zu füttern.

Auch wenn das Ergebnis für 2018 eigentlich zu denken gibt: Im Jahr 2018 konnte am Floßgraben ein einzelnes Brutpaar des Eisvogels festgestellt werden, welches insgesamt mindestens zwei Bruten erfolgreich großzog. So geht es aus dem jährlichen Monitoring hervor, welches die Stadt Leipzig auch im vergangenen Jahr beauftragt hatte, um die Brutaktivitäten und die entstehenden Störungen und Auswirkungen auf die Bruten zu untersuchen. Die Zahl der Jungvögel liegt mit einmal sechs und einmal fünf Jungvögeln im normalen Schwankungsbereich.

Von März bis September 2018 haben insgesamt 33 Begehungen und vier ganztägige Beobachtungen im Rahmen des Monitorings stattgefunden.

„Die zwei Bruten bedeuten einen Rückgang des Brutbestandes gegenüber dem Vorjahr mit zwei Brutpaaren und fünf Bruten“, konstatiert Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal. Aber er übernimmt gern die Interpretation des beauftragten Eisvogel-Beobachters: „Bei dem negativen Bestandstrend am Floßgraben seit 2016 handelt es sich aber um kein singuläres Phänomen des Floßgrabens.“

Gutachter Jens Kipping von der Firma BioCart zum Leipziger Gesamtbild: „Die Entwicklung stellt sich in gleicher Weise auch im übrigen Stadtgebiet sowie in ganz Sachsen dar. Ursächlich dafür waren der frostreiche Januar des Jahres 2017 und der späte Kälteeinbruch im März 2018. Sie führten vermutlich zu Verlusten und verursachten zusätzlich einen sehr späten Brutbeginn.“

Das jährliche Monitoring des Eisvogels (Alcedo atthis) am Floßgraben gibt es seit 2013. Durch engmaschige Kontrollen werden der Brutstatus, das Brutverhalten und der Bruterfolg der Eisvögel untersucht, ausgewertet und mit den Vorjahresergebnissen verglichen. Gleichzeitig wird aufgezeichnet, inwieweit der Eisvogel durch Bootsverkehr und anderes gestört wurde und wie sich diese Störungen auf sein Verhalten auswirken. Aus der Analyse werden dann Empfehlungen abgeleitet.

Eins folgt auch 2019 daraus: Von ungestörter Brut kann im Floßgraben keine Rede sein.

„Die zeitliche Regulierung des Bootsverkehrs auf dem Floßgraben durch die Allgemeinverfügung wird als weiterhin notwendig erachtet“, sagt Heiko Rosenthal zur seit 2016 unbefristet gültigen Allgemeinverfügung (AGV) zum Floßgraben. „Eine weitere konsequente Durchsetzung der Sperrzeiten ist notwendig, um die Sicherung von erfolgreichen Eisvogelbruten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Bootsverkehrs zu gewährleisten.“

Zudem ist das Betreten und Befahren der Ufer einschließlich eines 20 Meter breiten beidseitigen Uferstreifens sowie das Freilaufenlassen von Hunden verboten. Entsprechende Hinweise sollen rechtzeitig angebracht werden, kündigt er an. Denn die letzten Jahre haben gezeigt: Viele Hundehalter respektieren die Verfügung nicht, gehen mit ihren Hund mitten hinein ins Eisvogelrevier.

Zum Schutz des Eisvogels ist laut der entsprechenden Allgemeinverfügung auch in diesem Jahr das Befahren des Floßgrabens mit Booten von März bis September nur eingeschränkt möglich. Für muskelbetriebene Wasserfahrzeuge aller Art ist das Befahren des Floßgrabens nur in der Zeit von 11 bis 13 Uhr, 15 bis 18 Uhr und 20 bis 22 Uhr erlaubt.

Die von der Stadt Leipzig, dem Landkreis Leipzig, der Wasserschutzpolizei und den Naturschutzhelfern im Jahr 2018 durchgeführten Kontrollen mit insgesamt 26 Kontrolltagen (davon 7 Großkontrollen) zur Einhaltung der Sperrzeiten haben sich insgesamt als wirkungsvoll erwiesen.

Eisige Winter setzen dem Leipziger Eisvogel heftig zu

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