Es ist noch so eine zähe Kaugummigeschichte, die die Leipziger Politik nun seit sechs Jahren begleitet: 2014 wollte die Leipziger Stadtverwaltung das Haus Gottschedstraße möglichst meistbietend verkaufen, um mit dem Erlös die neue Spielstätte „Diskothek“ im Schauspiel Leipzig zu finanzieren. Ein Vorhaben, das bekanntlich im Stadtrat scheiterte. Was folgte, waren Jahre des zähen Ringens darum, wie das Haus für die Leipziger Kulturszene wieder nutzbar gemacht werden könnte.

Was lange Jahre blockiert war, weil die Verwaltung stur daran festhielt, das Gebäude, in dem einst die kleine Spielstätte des Schauspiels Leipzig („Neue Szene“, später „Skala“) untergebracht war. Danach ging es jahrelang um ein Modell in Erbpacht, um das sich auch die Cinemathéque Leipzig bewarb, die in der Gottschedstraße 16 ein richtiges Filmkunsthaus schaffen wollte. Aber das wollte dann die Verwaltung wieder nicht. 2018 zog der Stadtrat die Reißleine und beschloss, dass das Gebäude in städtischer Hand bleiben soll.

Da war zwar noch unklar, wie die Stadt die Räumlichkeiten nutzen könnte.

Aber mittlerweile ist die Ideenfindung zu einer wirklichen Idee geronnen: Das Gebäude soll zu einem „Haus der Festivals“ werden und dem Jazzclub endlich eine eigene Spielstätte verschaffen.

So steht es jetzt in einer Beschlussvorlage des Kulturdezernats, die jetzt auch eindeutig definiert: „Die Liegenschaft Gottschedstraße 16 verbleibt in städtischem Eigentum, wird grundlegend saniert und zu einem „Haus der Festivals“ entwickelt, das dauerhaft als Quartier für gemeinnützige Träger der freien Szene aus dem Bereich der Kulturfestivals genutzt wird. Der Saal soll durch den Jazzclub e. V. zu einer festen Spielstätte für alle Formen des Jazz etabliert, aber auch durch andere Mieter im Haus bespielt werden.“

Und da in Leipzig mehrere Festivalveranstalter noch ziemlich obdachlos durch den Kosmos schweben, sollen sie hier alle eine feste Adresse bekommen.

Das Kulturdezernat: „Die Leipziger Herbstfestivals (euro-scene, literarischer Herbst, Leipziger Jazztage) spielen eine prägende Rolle für das Kulturleben der Stadt Leipzig. Durch ein gemeinsames, zentrumsnahes Quartier soll ihr erfolgreiches Agieren, das für internationale Aufmerksamkeit sorgt, gestärkt und weiterentwickelt werden. Mit einer gemeinsamen Infrastruktur können kreative Energien gebündelt und Kooperationen und Synergieeffekte befördert werden.

Abstimmungen zu Konzeptionen, Terminen, künstlerischen Inhalten und gemeinsamen Aktionen werden dadurch erleichtert und befördert. Im Ergebnis führt eine solche weitere Vernetzung der freien Festivallandschaft nicht nur zu einer Erhöhung der touristischen Relevanz der Festivals, sondern stärkt auch die im Fachkonzept Kultur des INSEK 2030 gesetzten Ziele. Deshalb soll ein zentraler Standort für die Träger der Festivals etabliert werden.

Dafür soll die Immobilie Gottschedstraße 16 zu einem ,Haus der Festivals‘ entwickelt werden. Durch die zentrumsnahe Lage sind die Geschäftsstellen der Festivals sowie die Spielstätte mit der Gastronomie auch für Touristen leicht zu erreichen. Das kulturell traditionsreiche Haus soll in städtischem Eigentum bleiben, saniert und brandschutztechnisch ertüchtigt werden.“

Heißt also: Auch für die einstige Theaterkneipe gibt es eine Zukunft.

Die Frage ist nur: Wer verwaltet das Haus dann eigentlich? „Die Sanierung des Gebäudes soll durch die Stadt Leipzig (Amt für Gebäudemanagement) erfolgen. Mit dem Planungsbeschluss wird die Verwaltung der Liegenschaft vom Dezernat Kultur/Kulturamt übernommen.“

Die Vorlage ist lediglich der Beschluss zur neuen Nutzung. Der Planungsbeschluss muss erst erarbeitet werden. Erst dann weiß man auch, was der Umbau des Hauses kostet. „Der Bau- und Finanzierungsbeschluss ist für das 4. Quartal 2021 geplant und die Umsetzung der Maßnahme für 2023.“

Aber eine Vorstellung, welche Festivalbüros ins Haus sollen, hat man im Kulturdezernat schon.

Folgende Träger wollen im „Haus der Festivals“ arbeiten:

Jazzclub Leipzig e. V., Veranstalter der Leipziger Jazztage,
Leipziger Dok-Filmwochen GmbH, Veranstalterin des Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
Initiative Leipziger Jazzmusiker e. V.
euro-scene Leipzig mit dem Festival zeitgenössischen europäischen Theaters und Tanzes
Schumann-Verein e. V., welcher aus der ehemaligen Schumannfestwoche für das Jahr 2021 ein internationales Kammermusikfestival entwickelt
Literaturfestival Leipziger literarischer Herbst

Der Stadtrat tagt: Skala wird nicht verkauft, Jazzclub erhält Mietvertrag + Video

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