Vielleicht hätte man den Entwurf für ein neues Straßenbahnnetz in Leipzig schon vor Jahren einem unabhängigen Projektbüro übergeben sollen. Der Gedanke drängt sich regelrecht auf, wenn man an die Debatte um die Straßenbahngleise auf der Schlachthofbrücke in der Richard-Lehmann-Straße denkt, die jetzt für 3,9 Millionen Euro komplett erneuert werden soll. Geplant wurde das schon seit 2013.

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass in den Planungen ein Neubau der Straßenbahngleise einfach weggelassen wurde. Denn 2013 waren die Streckeneinkürzungsdiskussionen bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) noch nicht wirklich beendet. Man denke nur an die fatale Entscheidung, die Linie 9 nach Markkleeberg einzukürzen, eine Idee, die in Markkleeberg geboren wurde. Aber kurz zuvor beinhalteten auch die Nahverkehrsvorlagen für den Stadtrat noch Überlegungen, die Linie 9 auch in der Arthur-Hoffmann-Straße einzustellen.

Und genau von dieser Denkweise war auch die Haltung der LVB getragen, für eine Gleisstrecke in der Richard-Lehmann-Straße keine Notwendigkeit mehr sehen zu wollen. Seit Einstellung der Straßenbahnlinie 22 fährt hier nur noch die Buslinie 70. Aber gerade wenn es zu Umleitungen im Leipziger Süden kommt, ist die Richard-Lehmann-Straße noch immer eine wichtige Ersatzstrecke. Eine von den letzten, die es einmal im Leipziger Straßenbahnnetz gab und die es den Verkehrsbetrieben ermöglichte, auch bei Störungen flexibel zu reagieren.

Doch in den letzten Jahren wurden all diese Pufferstellen abgeklemmt. Folgerichtig gingen die Fraktionen des Leipziger Stadtrates zu Jahresbeginn an die Decke und forderten, die Gleise auf der Schlachthofbrücke unbedingt zu erhalten – auch in Hinblick auf eine mögliche künftige Erweiterung des Straßenbahnangebots.

Die Verwaltung musste ihre Vorlage zum Bauprojekt zurückziehen und überarbeiten. Jetzt ging die überarbeitete Vorlage wieder den Fraktionen zu. Mit dem wichtigen Passus: „Die Gleisanlagen der LVB werden im Brückenbereich neu errichtet und an den vorhandenen Gleisbestand beidseits der Schlachthofbrücke zur Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes angeschlossen.“

Die Brücke selbst stammt aus dem Jahr 1970, nur ein kleiner Teil aus dem Jahr 1927. Und schon 2013 war der Bau ziemlich angefressen: „In den letzten Jahren sind an der Schlachthofbrücke verstärkt größere Schäden aufgetreten. Hauptsächlich sind zu nennen Schäden im Bereich der Brückenkappen und im Gehbahnbereich, welche zu auffälligem Wasserdurchtritt in diesem Bereich führen. Optisch sind eine starke Vernässung der Auflagerbänke sowie stark geschädigte bis zerstörte Auflagersockel erkennbar.

Die volle Lagerfunktion, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme von Kräften infolge temperaturbedingter Längenänderung, ist nicht mehr gegeben. Um die Funktionssicherheit des Brückenbauwerkes weiterhin aufrechterhalten zu können, wurde bereits im Jahr 2013 eine Notinstandsetzung der baulich stark geschädigten Lagersockel als Havarieleistung vorgenommen.“

Der Stadtrat muss nun ziemlich schnell sein Okay zum Brückenneubau geben, denn das Zeitfenster ist mit der Deutschen Bahn abgestimmt, die ja für entscheidende Phasen des Brückenbaus den S-Bahn-Verkehr unter der Brücke einstellen muss. 2021 soll gebaut werden.

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