Es kommt, wie es kommen muss, auch wenn einige Leipziger das für einen verwaltungsseitigen Übergriff halten: Immer mehr Autos in der Stadt auf immer knapperem Raum werden die Kommune dazu zwingen, im inneren Stadtbereich ziemlich bald flächendeckend ein Anwohnerparken einzuführen. Nach dem Waldstraßenviertel ist das Musikviertel der nächste Kandidat. Eine Petition könnte jetzt dazu den Anstoß geben.

Geschrieben hat sie ein Bewohner der Haydnstraße, der das vor allem durch Baustellen bedingte Verschwinden von Parkmöglichkeiten rund um sein Wohnhaus thematisiert. Dazu kommt, wie er selbst schreibt, dass es im Musikviertel an ausgewiesenen Parkplätzen für Schwerbehinderte mangelt und tagsüber das Parken in einigen Straßen sogar untersagt ist. Was für ihn ein echtes Problem ist, da er nach eigener Auskunft Inhaber eines Ausweises für Schwerbehinderte zu 60 Prozent ist, andererseits weiter berufstätig und auf die Nutzung des Autos angewiesen.

Eigentlich hat er sich „nur“ die Ausweisung einer LWB-Brache als Ersatzparkplatz gewünscht.

Aber die im Petitionsausschuss versammelten Stadträt/-innen sehen das Parken im Musikviertel als generell zu lösendes Problem und übernehmen damit auch die Sichtweise des Planungsdezernats, das in seiner Stellungnahme vorgeschlagen hatte: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt zu prüfen, die bestehende Bewohnerparkregelung auf das gesamte Musikviertel auszudehnen und die dafür erforderlichen Untersuchungen in 2021 zu veranlassen.“

„Die beklagte Parkraumsituation trifft für die meisten dicht bebauten Stadtteile in Leipzig zu: die im öffentlichen Verkehrsraum nur begrenzt zur Verfügung stehenden Stellplätze, die auch durch verkehrsorganisatorische Maßnahmen nur in geringem Maße erweiterbar sind, sowie das weit unter dem Bedarf liegende private Stellplatzangebot, können den hohen Parkdruck nicht mehr abdecken“, stellt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau fest und so übernimmt es auch der Petitionsausschuss.

„Der Anteil privater Kfz und damit die Notwendigkeit ihrer Unterbringung ist in den Jahren seit 1990 noch einmal ganz erheblich angestiegen. Dies ist eine allgemeine Problemlage, zu deren Lösung vor allem die Eigentümer der Gebäude und Grundstücke beitragen müssen. Eine Verbesserung der Parkplatzsituation für die Bewohner in bestehenden Quartieren kann städtischerseits durch die Anordnung von Bewohnerparken erreicht werden, vorausgesetzt die Anforderungen gemäß StVO werden hierfür erfüllt.“

Aber Fakt ist eben auch, dass immer mehr innerstädtische Quartiere diese Anforderungen erfüllen. Aber das muss das Verkehrsdezernat erst einmal alles prüfen, beobachten und belegen. Der Gesetzgeber macht es Kommunen tatsächlich mit allen Mitteln schwer, vernünftige Verkehrs- und Parkregelungen zu finden, die das autoforcierte Chaos in geregelte Bahnen bringen können.

„Teile des Musikviertels gehören bereits zum Bewohnerparkgebiet A“, betont die Vorlage. „Die vom Petenten benannten Parkregelungen in einigen Straßen sind Bestandteil der Regelungen zum Bewohnerparken. Es ist beabsichtigt zu untersuchen, die Bewohnerparkregelung auf das gesamte Musikviertel auszudehnen. Dazu ist es erforderlich, umfassende Verkehrszählungen durchzuführen und eine Parkraumbilanz zu erstellen. Diese Untersuchungen sind nach derzeitigem Stand für 2021 vorgesehen. In Vorbereitung der Verkehrserhebungen wurden bereits stichpunktartige Zählungen durchgeführt. Diese ergaben, dass die Auslastung der Parkplätze tagsüber sehr hoch ist. In den Abendstunden ab ca. 17 Uhr stehen allerdings ausreichend freie Parkplätze im Wohngebiet insgesamt zur Verfügung.“

Und eigentlich der schnellste Schritt zur Lösung wäre die Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes. Wie steht es damit? In der Stellungnahme heißt es: „Behindertenstellplätze kommen nach den Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dort in Betracht, wo schwerbehinderte Menschen besonders häufig auf einen derartigen Parkplatz angewiesen sind, z. B. in der Nähe von Behörden oder anderen öffentlichen oder medizinischen Einrichtungen. Im Musikviertel sind solche Stellplätze z. B. auch in der Grassistraße zwischen Mozartstraße und Beethovenstraße und in der Beethovenstraße zwischen Harkortstraße und W.-Seyfferth-Straße vorhanden. Der Verwaltung liegen keine Hinweise vor, dass dies nicht ausreichend ist.“

Was aber nicht bedeutet, dass nicht gehandelt werden kann. Denn: „Für Schwerbehinderte mit der entsprechenden Ausnahmegenehmigung (,Blauer Parkausweis‘) kann bei Bedarf auch ein reservierter Behindertenparkplatz in der Nähe der Wohnung und der Arbeitsstätte eingerichtet werden.“

Das sollte man vielleicht sogar recht bald in Betracht ziehen. Denn die Einführung eines das ganze Viertel umfassenden Bewohnerparkens braucht Zeit. Dazu würde 2021 nur erst einmal der erste Schritt getan, wie das Verkehrsdezernat ankündigte: „Realisierungs-/Zeithorizont: Voruntersuchung ab 2021, die Umsetzung ist u. a. von den Ergebnissen abhängig.“

Und wie man aus dem Waldstraßenviertel weiß, ist das ein Prozess, der einige Jahre dauern kann.

Verkehrs- und Tiefbauamt: Die Einziehung der Beethovenstraße würde nur noch mehr Verkehr im Musikviertel erzeugen

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Es gibt 3 Kommentare

Wenn ich früh morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre erlebe ich regelmäßig rücksichtsloses Verhalten von einigen Autofahrern. Hier sollte die Stadt beim Kontrollieren und Ahnden zulegen. Aber das kostet Geld und bringt keins, dann deshalb besser das Wundermittel Anwohnerparken. Geld abziehen ohne an der Akzeptanz des Fahrrad- und Fussgängerverkehrs zu arbeiten.

Mir würde eine stärkere Ahndung reichen. Kontrolle gibt es ja schon, durch langsam durchfahrende Streifenwagen.
So langsam ziehen an den Kreuzungen Verhältnisse wie in St. Ötteritz oder Schleußig ein, ohne das es Not tut (anders als in den genannten Stadtteilen). Wenn man 50-100 m Gehweg in Kauf nimmt kann man immer vor der Taroschule parken, oder einen zur Verfügung stehenden Stellplatz mieten. Auch auf den weniger beliebten Parkplätzen unter den Bäumen (Stichwort “verdauende Krähen”) ist meistens noch Platz.
Aber nein, lieber parkt man bequem auf schraffierter Fläche im Kreuzungsbereich oder vor dem Eingang zum Umspannwerk. Von daher könnten doch einfach mehr Tickets verteilt werden. Stellenweise von mir aus auch abgeschleppt…

@Saschok: MUSIKviertel. 🙂

Wieso kommt was kommen muss ? Das Musikerviertel ist voll vermietet auch unter Inanspruchnahme der stark eingeschränkten Parkplatzsituation. Sind viele Wohnungen wegen des fehlenden Parkplatz vor der Tür jetzt leer – nein . Wer im Musikerviertel eine Wohnung anmietet akzeptiert die bestehende Situation bzw. verzichtet auf ein Auto. Dann werden es dadurch auch weniger Autos in der City. Es geht der Stadt nur darum mit der prekären Parkplatzsituation noch Geld zu verdienen, wobei die einzige Änderung das Aufstellen von Schildern und Kassenautomaten ist. Will die Stadt selbstherrlich den selben Fehler wieder machen wie im Waldstraßenviertel ?

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