Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert eine Verteuerung des Bewohnerparkens und der geschätzte LVZ-Kollege Andreas Tappert zitiert dazu den ADAC, in persona Helmut Büschke, mit: „Am Beispiel des Waldstraßenviertels ist zu sehen, dass es mehr Probleme als Vorteile gibt, weil das funktionierende System geändert wurde.“ Ich erspare mir die Frage „Wie hat es denn im Waldstraßenviertel vor dem Bewohnerparken, funktioniert?“, ohne das dort aktuell bestehende System des Bewohnerparkens für wirklich effizient zu halten.

Viel Lärm um Nichts

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zuerst fragen: „Wo gibt es in Leipzig Bewohnerparken?“. Da finden wir, außer dem Reallabor Waldstraßenviertel, nicht viel.

Es sind genau 102 Straßen, bzw. Straßenabschnitte, für die in Leipzig das Bewohnerparken eingerichtet ist. Ziehen wir die 8 Doppelungen, mehrere Straßenabschnitte in einer Straße, ab, dann betrifft es 94 Straßen. Die Zahlen beruhen auf der Veröffentlichung von Dezember 2021.

Davon entfallen 30 auf die Innenstadt, inkl. Innenstadtring, 21 auf das Waldstraßenviertel und der Rest, also 43 Straßen, verteilt sich vor allem auf die Umgebung Zoo, die Innere Westvorstadt und das Musikviertel. Dem stelle ich gegenüber, dass es in Leipzig über 3.000 Straßennamen gibt, es ist also ein minimaler Teil, für den es ein Bewohnerparken gibt.

Preise erhöhen, ist das zielführend?

Unter diesen Voraussetzungen ist die, von der DUH geforderte, Erhöhung der Bewohnerparkgebühren für mich reine Augenwischerei. Mit dieser ändert sich fast nichts.

Hier muss ich Tino Supplies von den Ökolöwen zustimmen, der sagt: „Wir Ökolöwen fordern schon seit vielen Jahren, dass der Bürgermeister flächendeckend die Parkraumbewirtschaftung durchführt und Anwohnerparkzonen ausweist.“

Auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Bewohnerparkgebühr nach Größe staffeln!“ ist für mich nur bei einer Ausweitung des Bewohnerparkens sinnvoll, ich schrieb in der LZ dazu.

Der ADAC warnt

Wer hätte gedacht, dass der ADAC Sachsen in Person von Helmut Büschke eine Ausweitung des Bewohnerparkens gut findet? Ich jedenfalls nicht.

Besonders schön finde ich die Stelle im LVZ-Artikel, wo es heißt: „Zuvor (also vor Einrichtung des Bewohnerparkens T.K.) habe sich der Parkverkehr weitgehend selbst geregelt: Am Tage seien Anwohner zur Arbeit gefahren und die frei gewordenen Stellplätze hätten Besuchern, Kunden und Dienstleistern zur Verfügung gestanden.“

Wer kennt nicht diesen selbst geregelten Parksuchverkehr?

Ad hominem eine Beschreibung aus Leipzig Möckern, Bereich zwischen Georg-Schumann-Straße und Kirschbergstraße im Umfeld von Arbeitsamt und Rentenversicherung.

An Werktagen ab 8.00 Uhr morgens fahren Autos Kreise durch Faraday-, Seelenbinder-, Laube- und Kirschbergstraße, wartend, dass endlich ein Anwohner ausparkt. Wenn diese dann einen Parkplatz gefunden haben, bleiben sie oft bis 17:00 oder 18:00 Uhr stehen.

Es sind nicht nur Besucher der Einrichtungen, es sind Menschen, die dort arbeiten und keinen Firmenparkplatz haben, teilweise auch Berufspendler, die von dort mit Tram oder S-Bahn zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Wenn die Anwohner nach der Arbeit zurückkommen, gibt es dasselbe Spiel unter umgekehrtem Vorzeichen.

Soweit zur Selbstregelung.

Was tun?

Es gibt zu viele Autos in Leipzig, nicht zu wenige Parkplätze – ich habe versucht das zu beschreiben.

„Das macht für alle in Leipzig zugelassenen Privat-PKW eine Fläche von 1.814.375 m² oder 1,8 km², also etwas mehr als die Fläche von Leipzig-Plagwitz.“

Geht man davon aus, dass die gesamte Verkehrsfläche von Leipzig, nicht zu verwechseln mit der Straßenfläche, 36 km² beträgt, dann bedeutet es: Allein die stehenden Privat-Kfz belegen ungefähr 5 % der Verkehrsfläche, im Fahrbetrieb erhöht sich der Flächenbedarf. Dazu kommen gewerblich zugelassene Pkw, Transporter, Lkw und nicht in Leipzig zugelassene Fahrzeuge.

Leipzig braucht, meiner Meinung nach, eine Parkraumbewirtschaftung mit Bewohnerparken und die Einrichtung von P&R-Plätzen am Stadtrand, d. h. mit gutem Übergang zum ÖPNV.

Dann erst müssen wir wirklich über die Gebühren für das Bewohnerparken reden.

Es wird aber nicht für jedes Auto einen Parkplatz, bevorzugt vor der Haustür, geben. So viel steht fest.

Leipzig weiter Billiganbieter

In ihrer Auswertung zu den Parkgebühren in Sachsen schrieb die DUH am 19. Dezember: „Seit dem 12. Mai 2022 ermöglicht Sachsen seinen Kommunen eine angemessene Bepreisung des Parkraums. Die Erlaubnis zur eigenständigen Festlegung der Gebühren wurde mit der neuen Landesverordnung an die Kommunen übertragen.

Die bisher gültige Obergrenze in Höhe von 30,70 Euro pro Jahr ist damit aufgehoben. Damit bekommt Sachsen anders als noch im letzten DUH-Länderbriefing nun eine Grüne Karte.

Das Länderbriefing der DUH.

Kommunale Umsetzung: Obwohl die Kommunen in Sachsen seit Mitte Mai dazu ermächtigt sind, angemessene Gebühren für Anwohnerparkausweise festzulegen, haben bisher die wenigsten Städte davon Gebrauch gemacht. Die Stadt Leipzig hatte bereits im Mai angekündigt, noch im Jahr 2022 ein Konzept für höhere Gebühren für Anwohnerparkausweise zu erarbeiten. Bisher wurde aber noch kein konkreter Vorschlag veröffentlicht.“

Da Leipzig die Gebühren noch nicht erhöht hat, liegt die Stadt mit 30,70 Euro Jahresgebühr nach wie vor bei den Billiganbietern unter den Städten.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption‘ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

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Es gibt 2 Kommentare

Bei diesem Vorschlag bin ich dabei und wenn das noch nicht reicht kann man wie DUH fordert an der Preisschraube drehen, bis die ersten wegen unzureichender Einnahmen aufgeben.

Ich finde, in Wohngebieten sollte es grundsätzlich Anwohnerparken gelten. Die Bepreisung sollte von der örtlichen Kaltmiete laut Mietspiegel und der größe des Fahrzeugs abhängen. Zudem sollte ab dem 2. Fahrzeug pro Haushalt der Preis pro Fahrzeug nochmal zusätzlich steigen.

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