Mit einem Protest gegen die geplante Schnellstraße B87n durch das Landschaftsschutzgebiet Parthenaue nach Leipzig demonstrierten am Dienstag Teilnehmer des Aktionscamps in Sehlis gegen den Ausbau der B87 zwischen Eilenburg und Torgau, der zur Zeit forciert wird. Während der Kundgebung legten die Teilnehmer der Demonstration Wert darauf, dass es auf dem Aktionscamp in Sehlis natürlich um weit mehr als nur eine Straße geht.

Jörg Schmidt vom Organisationsteam des Camps während der Kundgebung: „Obwohl aktuell die Planungen eingestellt sind, heißt es jetzt dranbleiben. Der Ausbau der B87 zwischen Eilenburg und Torgau wird zurzeit forciert. Entsprechende Lobbygruppen warten nur darauf, dass die aktuellen Straßenbau-Arbeiten abgeschlossen sind, um dann auf den Ausbau des verbleibenden Teilstücks zwischen Eilenburg und Leipzig zu drängen.“

Kritik an der sächsischen Verkehrspolitik

Anhand der Problematik der B87n wurde allgemein die deutsche und insbesondere die sächsische Verkehrspolitik kritisiert. Jörg Schmidt beschwerte sich: „Sachsen hat bezogen auf die Einwohnerzahl eines der dichtesten Straßennetze Deutschlands und damit der Welt. Gleichzeitig liegt die größte deutsche Stadt ohne Fernverkehrszug-Anbindung in Sachsen (Chemnitz). Dieses Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln nehmen wir nicht hin!“ In der Tat wird der Ausbau der Fernverbindung an die vom Bahn-Schnellverkehr nahezu abgekoppelte südwestliche Sachsen-Metropole Chemnitz von Seiten der Verantwortlichen immer wieder auf die lange Bank geschoben.

Im Aktionscamp geht es mehr als nur um eine Straße

Die Demonstranten gingen während der Veranstaltung auch auf das Phänomen Peak-Oil ein. Peak-Oil beschreibt den Zeitpunkt, an dem die Erdölförderung nicht mehr mit dem Erdölverbrauch Schritt halten kann, was einen rasanten Anstieg des Erdölpreises zur Folge haben wird. Dazu hieß es auf der Kundgebung: „Keiner weiß, wann Peak-Oil eintreten wird – die Schätzungen reichen von morgen bis in 30 Jahren. Es macht keinen Sinn, jetzt Asphalt in die Natur zu kippen, wenn in vielleicht zehn Jahren niemand es sich mehr leisten kann, auf diesen Straßen Auto zu fahren.“

Auf der Kundgebung wurde betont, dass es auf dem Aktionscamp in Sehlis natürlich um weit mehr als nur eine Straße geht. Dazu Jörg Schmidt: „Mit der Straße sind eine ganze Reihe von Themen direkt und indirekt verbunden: Streben wir nach einem langfristigen Wohlergehen Aller, oder kurzfristigen Profiten Weniger? Wie erreichen wir die Mitbestimmung aller Betroffenen? Und wie wollen wir überhaupt wirtschaften? Geht es um ein solidarisches Zusammenwirken zur Befriedigung von Bedürfnissen, oder um Konkurrenzdenken zur Erzeugung von Profit?“

Passanten wurden zum Besuch des Aktionscamps eingeladen

Zum Abschluss der Kundgebung wurden Teilnehmende und Passanten ausdrücklich auf das Camp eingeladen. Zahlreiche Workshops, leckeres vegetarisches Essen und abendliches Zusammensein bei Konzerten oder Lagerfeuer sollen möglichst viele Interessierte nach Sehlis locken.

Sächsisches Straßennetz von 13.595 Kilometern Länge

Der Freistaat besitzt ein dichtes, weitverzweigtes Straßennetz für den überörtlichen Verkehr von 13.595 km Länge. Die geplanten Aus- und Neubauvorhaben im Bundesfernstraßennetz orientieren sich laut Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) am Verlauf der überregionalen und regionalen Achsen. Die Fertigstellung der Autobahn A 72 Chemnitz – Leipzig sowie der Ausbau bestehender Autobahnabschnitte werden momentan vom SMWA vorangetrieben. Auch gegen die Fertigstellung der A7 hatte es zahlreiche Einsprüche von Naturschützern gegeben, die nach zähem Ringen jedoch abgeschmettert wurden. Zurzeit werden Vorbereitungsarbeiten am B2-Abzweig Böhlen Zwenkau vorangetrieben. Dazu wurden umfangreiche Rodungen durchgeführt. Demzufolge haben die Anwohner der an der B2 liegenden Häuser nun “freien Blick” auf den fließenden Verkehr und sind dem Lärm der Straße ausgesetzt, der zuvor durch den Baumbewuchs wenigstens einigermaßen verträglich war. Ob es zudem den Verkehrswert der Immobilien an diesem kritischen Verkehrsknotenpunkt zugute kommt, ist mehr als fraglich.

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