Nicht nur in Hamburg und Berlin gehen die Immobilienprofiteure um, die Mietshäuser aufkaufen, die Bewohner „entmieten“ und die Wohnungen dann als Eigentumswohnungen oder zu deutlich höheren Mieten auf den Markt bringen. Die ersten dieser Aufkäufer tauchen auch schon in Leipzig auf und schüren Ängste. Das thematisiert das „Netzwerk Leipzig – Stadt für alle“ jetzt in einem Offenen Brief an die Verwaltung.

Das „Netzwerk Leipzig – Stadt für alle“ und verschiedene Verbündete aus der Zivilgesellschaft, darunter der Mieterverein Leipzig, haben am Dienstag, 7. November, einen Offenen Brief an die Stadt Leipzig geschickt. In diesem fordern sie, dass endlich wirksame Maßnahmen gegen die Verdrängung von Mieter_innen ergriffen werden.

Die Leipziger Wohnungspolitik hinkt der Entwicklung der Stadt schmerzlich hinterher, stellen sie darin fest. Im 2015 verabschiedeten Wohnungspolitischen Konzept (WoPoKo) wurden verschiedene Maßnahmen für einen angespannten Wohnungsmarkt in Aussicht gestellt. Passiert ist seither wenig.

Die ErstunterzeichnerInnen des Briefes an den Stadtrat, den Oberbürgermeister, die zuständigen BürgermeisterInnen und AmtsleiterInnen verlangen insbesondere, dass die Stadt so schnell wie möglich das städtebaurechtliche Instrument der Erhaltungssatzung („Milieuschutz“) und die damit verbundenen Vorkaufsrechte nutzt.

„Dies ist eine konkrete, auf kommunaler Ebene umsetzbare Maßnahme, die unfaire Entmietungen unterbinden kann“, erklärt dazu Tobias Bernet vom Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“. „Aktuelle Beispiele aus Berlin belegen die Wirksamkeit dieses Vorgehens. Durch einen wirksamen Milieuschutz könnte die Stadt Leipzig das überfällige Signal aussenden, dass unsoziale Verwertungspläne auch hier keine willkommenen ‚Investitionen‘ sind.“

Anlass für den Offenen Brief ist unter anderem ein krasses, aber nicht untypisches Beispiel: Vor kurzem kündigte der Geschäftsführer der Immobilienfirma „S Immo Germany“ in einem Zeitungsartikel unverhohlen an, ein kürzlich in Leipzig erworbenes Haus „entmieten“ und die Miete verdoppeln zu wollen.

Und das auch noch plakativ an „Leipzigs gefährlichster Straße“, wie ein Privatsender die Eisenbahnstraße einmal bezeichnet hat. Aber wirklich gefährlich für die Anwohner wird ein Wohnungsmarkt, auf dem Wohnungen zum Spekulationsobjekt werden, ohne dass die Stadt wirksam gegensteuert.

Die UnterzeichnerInnen des Offenen Briefes finden es höchst bedenklich, dass ein solch unsoziales und möglicherweise rechtswidriges Vorgehen öffentlich angekündigt wird. Wohnungsmarktprofiteure in Leipzig rechnen offenbar nicht damit, daran gehindert zu werden.

Der offene Brief zum Mitunterzeichnen im Netz

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