Kaum ist die Bundestagswahl vorbei, ging auch das Schulterklopfen der derweil (noch) Regierenden wieder los: Alles prima gemacht, beste Politik seit Adams Zeiten. - Aber nicht nur in Kommunen und Wirtschaft des Freistaats knirscht es, auch die demografischen Probleme sind ungelöst. Eigentlich nicht einmal angepackt. Das geht bei den fehlenden Betreuungsmillionen für Kitas los, hört bei fehlenden Lehrern nicht auf und wird auch da immer teurer, wo Menschen zum Pflegefall werden.

Wieder eine Anfrage von Dr. Dietmar Pellmann, der für die Linksfraktion im Sächsischen Landtag so beharrlich nachfragt, als könnte schon das Nachfragen bei den Verantwortlichen in der Landesregierung einen Aha-Effekt auslösen. Zumindest sorgt er so dafür, dass im Regierungskabinett und im Landtag keiner sagen kann, er hätte es nicht gewusst und deshalb nicht umsteuern können.

Diesmal wollte der Abgeordnete aus Leipzig wissen, wie es um die “Ausgaben für Hilfe zur Pflege in sächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten 2012” bestellt war. Eine von den vielen Fragen zu den älteren Sachsen, von denen Tausende auch nach dem 65. Geburtstag weiterarbeiten müssen, damit sie kein Sozialfall werden. Und wenn man dann tatsächlich pflegebedürftig wird, fehlt vielen Betroffenen schlicht das Geld, um die Pflege aus eigener Kraft bezahlen zu können.

“Innerhalb eines Jahres haben sich die Sozialhilfeausgaben für Pflegebedürftige in Sachsen um 13 Prozent auf 61 Millionen Euro 2012 erhöht”, stellt nun Pellmann als sozialpolitischer Sprecher der Linksfraktion fest, nachdem ihm Sozialministerin Christine Clauß geantwortet hat. “Gegenüber 2006 ist das sogar ein Anstieg um fast ein Drittel.” Und Leipzig ist auch hier wieder vorneweg.Immer mehr Pflegebedürftige sind nicht mehr in der Lage, die Kosten für die Betreuung in stationären Einrichtungen aufzubringen. Ende 2011 (die Daten für 2012 liegen noch nicht vor) betraf das in Sachsen fast 16.000 Personen, 15 Prozent mehr als 2006. Damit waren 33 Prozent der in Heimen betreuten Pflegebedürftigen auf Sozialhilfeleistungen angewiesen.

“Diese Angaben belegen nicht nur einen Anstieg von Altersarmut, sondern auch eine zunehmende finanzielle Belastung für die sächsischen Landkreise und kreisfreien Städte, die bekanntlich für diese Sozialhilfeleistungen aufkommen müssen”, benennt Dietmar Pellmann einen der vielen Gründe, die dazu führen, dass der Haushalt der Stadt Leipzig immer mehr aus dem Gleichgewicht gerät und der 2014er Haushalt nun droht, der erste nicht genehmigungsfähige seit über zehn Jahren zu werden.

Dabei sind die finanziellen Aufwendungen der sächsischen Kommunen sehr unterschiedlich. Mit 11,5 Millionen Euro lag die Stadt Leipzig im vergangenen Jahr sowohl absolut als auch relativ an der Spitze und war damit doppelt so hoch belastet wie Dresden, wo die Aufwendungen nur 5,8 Millionen Euro betrugen.

“Angesichts des zu erwartenden sprunghaften Anstiegs von Altersarmut und des drohenden Pflegenotstandes muss endlich gehandelt werden”, fordert Pellmann. “Die Linksfraktion fordert daher weiterhin eine umfassende Reform in der Pflegegesetzgebung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. So steht für den Freistaat nach wie vor ein Landespflegegesetz sowie eine Landesbedarfsplanung aus, was freilich mit mehr finanziellen Mitteln aus dem Landeshaushalt zu untersetzen ist, um vor allem die Kommunen zu entlasten.”

Denn – siehe Leipzig – die Kommunen können die Folgen der sächsischen Niedriglohn- und Sparpolitik nicht mehr bezahlen. Die Schwelle ist erreicht, an der die Haushalte der Kommunen ins Minus abkippen, ohne dass noch genug Schwungmasse da ist, überhaupt noch fürs nächste Jahr für einen Ausgleich zu sorgen.

Die Kleine Anfrage mit den Antworten der Sozialministerin: http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=12605&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2

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