Am Donnerstag, 16. Januar, stellte das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig die Druck-Version des Statistischen Jahrbuches 2013 vor. Online gibt's das Ding schon seit März 2013, denn es enthielt - wie man vermuten könnte - die Daten für 2012, sondern die für 2013. Was insofern eine Novität ist, als nun auch die Zensus-Ergebnisse berücksichtigt sind, die im Mai 2013 veröffentlicht wurden.

Was ja dann Leipzig diesen seltsamen statistischen Schrumpfungsprozess verpasste, der aus 531.809 Einwohner quasi per Federstrich nur noch 510.043 machte. Eine Zahl, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die reale Bevölkerung in Leipzig widerspiegelte. Aber das galt auch für die 531.809. Die Wahrheit wird wohl eher in der Nähe der 517.838 Einwohner liegen, die das amtliche Melderegister auswies.

Wahrscheinlich wäre es sogar klug, solche Einwohnerzahlen überhaupt noch in einer Von-bis-Spanne zu melden und einfach zuzugestehen, dass das deutsche Meldewesen seine statistischen Tücken hat – und die Formeln, mit denen das Statistische Bundesamt arbeitet, ebenfalls. Mit ihnen wurden insbesondere in Großstädten mehr Bevölkerung abgerechnet, als es die amtlichen Melderegister belegen. Etliche Städte aus dem Westen der Bundesrepublik haben deshalb auch schon gegen die Zensus-Ergebnisse geklagt. Leipzig nicht, obwohl durch die Verschiebungen innerhalb Sachsens Leipzig damit rund 7 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen.

Dass die Stadt weiter wuchs, hat das Jahrbuch natürlich auch schon erfasst. 2012 war ja das erste Nach-Zensus-Jahr. Die Bevölkerungszahl wuchs von 510.043 auf 520.838. Was ja mehrere Gründe hat, die alle mit der Attraktion der Großstadt zu tun haben: “Im Jahr 2012 wurden in Leipzig 5.627 Kindern geboren, so viele wie seit 1989 (6.417 Geburten bezogen auf das heutige Stadtgebiet) nicht mehr”, meldet das Amt für Statistik und Wahlen. Und: “Erneut gab es 2012 einen Zuzugsrekord. 32.325 Zuzügen standen 21.534 Wegzüge gegenüber. Innerhalb der letzten beiden Jahre wuchs Leipzig durch Zuzugsüberschuss um knapp 20.000 Einwohner.”

Womit Leipzig weiterhin attraktiver ist als selbst die Landeshauptstadt Dresden. Dresden hatte zum Ende 2012 zwar mit 525.105 Einwohner (auf Basis der Zensus-Ergebnisse) noch deutlich mehr als Leipzig. Aber auch 2013 geht die “Aufholjagd” weiter. Die jüngsten Zahlen aus dem Landesamt für Statistik geben für September 2013 die Dresdner Einwohnerzahl mit 527.340 an, Leipzig hat sich auf 526.909 hochgearbeitet, also binnen neun Monaten über 6.000 neue Einwohner gewonnen. Das sind Zahlen, die auch einige pessimistische Leipziger Innensicht widerlegen: Leipzig ist auch deshalb eine wachsende Stadt, weil sie attraktiv ist.

Die Stadt profitiert auch davon, dass sie quasi das magnetische Zentrum jener Region ist, die man mit dem Wort Mitteldeutschland bezeichnen könnte. In Halle, Jena und Bitterfeld weiß man das. In den Landeshauptstädten sieht man es eher mit Misstrauen, denn ein derart vom Zentrum her gedachtes Mitteldeutschland widerspricht natürlich der aktuell gelebten politischen Randlage. Fast spürt man die verankerten Aversionen: Nur ja keine echte Metropole! Wir sind doch alle gleich!
Wahrscheinlich müssen dann wirklich erst belastbare Wachstumszahlen zeigen, dass die Gleichheit eine eingebildete ist.

Wie lebt es sich in Leipzig? – Gut, sagen die Zahlen, die das Amt für Statistik und Wahlen fröhlich aus der großen Datensammlung mit 262 Seiten in insgesamt 16 Kapiteln mit 332 Tabellen und 34 grafischen Darstellungen herausgefiltert hat. “Die Lebenserwartung der 2012 geborenen Mädchen liegt bei 83,3 Jahren, die der Jungen bei 77,5 Jahren”, heißt eine diese Meldungen. Wobei die Lebenserwartung der Mädchen gegenüber 2011 gleich blieb, die der Jungen stieg um 0,2 Jahre oder etwa zweieinhalb Monate. Was ja nicht wirklich etwas sagt, wenn man die zweieinhalb Monate dann im Pflegeheim sitzt und nicht mehr viel vom Leben hat.

Zusammen mit den anderen Maries und Pauls des Jahrgangs. Denn: “Marie und Paul führten 2012 die Liste der meistvergebenen Vornamen der Neugeborenen an, sie liegen schon seit der Jahrtausendwende bei den Leipzigern ‘voll im Trend’.” Das “voll im Trend” stammt von Leipzigs Statistikern. Aber die vielen Maries und Pauls wollen ja betreut werden. Nur wo, fragen sich manche Eltern? Und der Sozialbürgermeister fragt sich das auch und hofft ja bekanntlich, dass er bis Ende 2014 die meisten Maries und Pauls alle untergebracht hat. – “Die Zahl der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder ist auch 2012 weiter angestiegen, insgesamt waren dort 35.243 Kinder angemeldet”, betonen Leipzigs Statistiker und fügen hinzu, was oft vergessen wird: “Das pädagogische Personal wurde innerhalb eines Jahres um knapp zehn Prozent aufgestockt.”

Oder für die Blitzmerker der modernen Wirtschaftstheorien: Bevölkerungswachstum ist eine große Arbeitsschaffungsmaschine. Auch das trägt zum Leipziger Wirtschaftswachstum bei.

Das Bruttoinlandsprodukt in Leipzig stieg nach den jetzt vorliegenden Zahlen für 2011 auf den Leipziger Höchststand von 48.680 Euro je erwerbstätiger Person. Das ist noch weit von den Zahlen in Dresden und Chemnitz entfernt, wo die Zahlen aus dem Produzierenden Gewerbe natürlich stärker zu Buche schlagen. Leipzig ist wesentlich stärker eine Dienstleistungsstadt – aber genau diese Dienstleistungsstadt schafft die notwendigen Arbeitsplätze für die gesamte Region. In Zahlen (nachlesbar auf Seite 112): Von 2007 bis 2011 erhöhte sich die Zahl derer, die in Leipzig eine Erwerbstätigkeit nachgingen, von 287.800 auf 302.200. Das Produzierende Gewerbe verlor in dieser Zeit sogar Arbeitsplätze, die Dienstleistungsbranche stockte davon auf – von 241.500 auf 260.000.
Wobei an dieser Stelle natürlich ein “Ähäm” angebracht ist, denn natürlich baute das Produzierende Gewerbe keine Arbeitsplätze ab, sondern widmete einige Tausend lediglich um – in Leiharbeitsplätze. Da diese aber unter Dienstleistung mitgezählt werden, haben die Zeitarbeiter die Erwerbstätigenzahl in der Dienstleistung erhöht. Eins aber stimmt so: “Im Zusammenhang damit nahm die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen weiter ab und erreichte mit 28.663 Personen den niedrigsten Wert seit der separaten Erfassung für die Stadt Ende der 90-er Jahre.”

Aber nicht nur der Sektor Zeitarbeit wuchs – Leipzig punktete ja auch als Reiseziel. “In den Leipziger Hotels und Pensionen wurden im Jahr 2012 mit insgesamt 1,348 Millionen Gästen und 2,483 Millionen Übernachtungen erneut Höchstwerte verzeichnet”, melden die Statistiker. Und haben auch den Effekt der wachsenden Stadt auf den ÖPNV parat: “Die LVB GmbH vermeldeten für 2012 insgesamt 139,1 Millionen Fahrgäste und somit einen Anstieg von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Zu einigen Themen werden im Statistischen Jahrbuch der Stadt Leipzig erstmals Daten ausgewiesen. Dazu gehören Leistungen nach dem SGB XII, Schüler nach bestimmten Kriterien (vorher besuchte Schulart, Wiederholer) und Kurzarbeit. Bestandteil des Statistischen Jahrbuchs ist auch eine Chronik wichtiger auf Leipzig bezogener Ereignisse des Jahres 2012. Und was finden die Chronisten nun just für den 20. Januar 2012 erwähnenswert? – “20.01.2012: Die Teilnehmer des Wettbewerbs zum Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals stehen fest. Ein unabhängiges Gremium wählte unter den 325 aus aller Welt eingegangenen Einsendungen 41 Bewerber aus. Sie kommen aus Europa, den USA und Japan.”

Erstaunlich, wie so eine Nachricht klingt, wenn man weiß, was alles danach passierte.

Das Statistische Jahrbuch ist im Internet unter www.leipzig.de/statistik unter “Veröffentlichungen” einzusehen. Es ist zudem für 25 Euro (bei Versand zuzüglich Versandkosten) beim Amt für Statistik und Wahlen erhältlich.

Postbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, 04092 Leipzig Direktbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Burgplatz 1, Stadthaus, Zimmer 228

Zur Online-Publikation:
www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/unsere-stadt/statistik-und-zahlen

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