Nur knapp jeder vierte Leiharbeiter ist länger als neun Monate im Entleihbetrieb beschäftigt. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Von den Plänen zur Reform der Leiharbeit, die ab dem neunten Monat greifen sollen, würde ein Großteil der Beschäftigten deshalb gar nicht profitieren.

Aktuelle Pläne des Bundesarbeitsministeriums zur Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sehen vor, dass für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter ab dem neunten Monat im Entleihbetrieb der Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber der Stammbelegschaft gilt. Ein Leiharbeitseinsatz soll außerdem auf maximal 18 Monate begrenzt werden. Damit werden einige Ausuferungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) wieder zurückgenommen.

Seit 1985 wurde das einst sehr strenge Gesetz von den Gesetzgebern immer weiter geöffnet und entfristet. Die Ausweitung der Arbeitnehmerüberlassung von bis zu 12 Monate auf bis zu 24 Monate wurde erst 2002 beschlossen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass Zeitarbeitskräfte erst ab dem 13. Monat im selben Betrieb genauso behandelt und bezahlt werden müssen wie die Stammbelegschaft. Dass das teilweise zu sehr prekären Bedingungen geschah, führte 2012 zur Einführung eines Mindestlohnes in der Zeitarbeitsbranche.

Laut der IAB-Analyse arbeiten aber nur 27,6 Prozent der Leiharbeitsbeschäftigten länger als neun Monate im Entleihbetrieb – und sogar nur 14 Prozent länger als 18 Monate. Damit werde deutlich, dass die geplanten Gesetzesänderungen “nur einen kleinen Teil der Leiharbeitnehmer betreffen” würden, stellen die IAB-ForscherInnen fest. Bislang betrifft die alte Regelung, die eine Gleichstellung ab dem 13. Ausleihmonat vorsieht, auch nur 20,6 Prozent der Zeitarbeiter.

Was natürlich daran liegt, dass die Branche von kurzfristigen Einsatzzeiten lebt. In Krisenzeiten fahren die Zeitarbeitsfirmen ihr Angebot deutlich zurück, während sie die ersten sind, die in Konjunkturzeiten wieder steigende Vermittlungszahlen haben.

Was aber nicht wirklich begründet, warum die vermittelten Arbeitskräfte nicht vom ersten Tag an wie die Stammbelegschaft honoriert wird. Den wenn ein schlecht bezahltes Arbeitsverhältnis dem anderen folgt, wird daraus wieder nur eine Berufskarriere am Verdienstlimit.

Der DGB fordert deshalb eine gesetzlich verankerte Gleichbehandlung vom ersten Tag der Beschäftigung an.

“Die Studie führt nochmals klar vor Augen, dass die von der Großen Koalition geplante Gleichstellung beim Arbeitsentgelt nach neun Monaten einen Großteil der Leiharbeitsbeschäftigten nicht erfassen wird. Wirksame Änderungen sehen anders aus und die brauchen wir, um gegen Auswüchse prekärer Arbeit anzugehen”, erklärte dazu Bernd Günther, der Geschäftsführer der DGB-Region Leipzig-Nordsachsen, auf einem Sommer-Forum seiner Organisation 21. Juli in Leipzig im Beisein der Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles. “Der DGB fordert daher, dass Leiharbeitsbeschäftigte bereits ab dem ersten Tag nicht nur beim Entgelt, sondern auch bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gleichbehandelt werden. Das System ?Beschäftigter 2. Klasse? sollte nicht aufrecht erhalten bleiben.”

Der IAB-Kurzbericht 13/2014: “Zeitarbeit in Deutschland: Hohe Dynamik und kurze Beschäftigungsdauer”:
http://doku.iab.de/kurzber/2014/kb1314.pdf

www.leipzig-nordsachsen.dgb.de

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