In der jetzt vorgelegten Analyse zur Stadtgesellschaft „Die Leipziger Bevölkerung im Wandel“ untersucht Christoph Bein auch die Bevölkerungsentwicklung in den Ortsteilen. Denn nicht alle Ortsteile wachsen gleichermaßen. Manche verlieren sogar Bevölkerung, wenn auch nur eine Handvoll. Demnach haben 2024 nur fünf Ortsteile weniger Einwohnerinnen und Einwohner als noch zehn Jahre zuvor, den größten Rückgang hatte dabei Lößnig zu verbuchen, mit einem Minus von 5,6 Prozent.

Alle anderen 58 Ortsteile sind gewachsen, insbesondere dort, wo großflächig neue Wohngebiete erschlossen wurden wie etwa in Möckern oder Schönau.

Das Wachstum der 2000er und frühen 2010er Jahre hatte sich noch ganz auf die Ortsteile westlich des Stadtzentrums konzentriert. Damals standen Plagwitz und Lindenau im Fokus der Bevölkerungsentwicklung, ließen sich kreative Pioniere dort nieder, eröffneten Läden und Studios. Längst haben sich auch diese Ortsteile stabilisiert.

Bein wertet auch die Einwohnerentwicklung in seiner Analyse binnen des letzten Jahres aus. Das ist dann kleinteilig und vor allem von kurzfristigen Einflüssen geprägt, wie er feststellt: „Während die Einwohnerzahl der Gesamtstadt im Laufe des Jahres 2024 um 0,6 % stieg, zeigen sich bei der Betrachtung der einzelnen Ortsteile enorme Unterschiede. In 45 Ortsteilen stieg die Bevölkerung an und in 18 Ortsteilen kam es zu einem Rückgang. Sowohl die wachsenden, als auch die schrumpfenden Ortsteile waren über das gesamte Stadtgebiet verteilt und es lässt sich kein eindeutiges Muster ausmachen.“

Die Veränderung der Bevölkerung in den Leipziger Ortsteilen zwischen 2023 und 2024. Grafik: Stadt Leipzig
Veränderung der Bevölkerung in den Leipziger Ortsteilen zwischen 2023 und 2024. Grafik: Stadt Leipzig

Aber dafür sehr konkrete Entwicklungen, die tatsächlich für wahrnehmbare Bevölkerungsschwankungen sorgten: „In Meusdorf nahm im Laufe des Jahres 2024 die Zahl der Einwohner/-innen um 11,4 % zu und damit so stark wie in keinem anderen Ortsteil. Dieser Zuwachs ergab sich insbesondere mit der Fertigstellung und dem Bezug neuer Wohnungen in der Parkstadt Dösen.

Der größte Rückgang der Bevölkerung innerhalb von 2024 dagegen wurde mit 6,2 % in Mockau-Nord festgestellt und hängt hauptsächlich mit deutlich gesunkenen Belegungszahlen der sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende Mockau II und Mockau III zusammen.“

Fünf schrumpfende Ortsteile

Viel aussagekräftiger ist natürlich die Betrachtung der vergangenen zehn Jahre. Den da werden tatsächlich Trends erkennbar.

„In den letzten 10 Jahren haben nur fünf Ortsteile eine rückläufige Einwohnerzahl verbucht, der größte Rückgang war dabei im am Stadtrand gelegenen Ortsteil Lößnig (Ortsteilcode 43 mit -5,6 %) zu beobachten“, kann Bein feststellen. „Insgesamt haben fünf Ortsteile 2024 weniger Einwohner/-innen als noch 10 Jahre vorher. Bis auf Schleußig (50) liegen alle betroffenen Ortsteile am Stadtrand.“

An dieser Stelle kommt nun einmal das Thema (Über-)Alterung ins Spiel. Schleußig war einer der ersten Ortsteile, die sich ab 2000 wieder füllten und damals besonders junge Familie anzogen. 25 Jahre später sind die Kinder aus dem Haus, die Eltern sind deutlich älter geworden. Und die Mieten sind deutlich gestiegen, sodass junge Familien hier auch kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden. Ein sichtlich gereifter Ortsteil, kann man sagen.

Die jungen Leute ziehen natürlich da hin, wo die Mieten noch bezahlbar sind. Oder wo neuer Wohnraum entsteht – falls man sich den leisten kann. Denn noch wächst die Stadt. Und das kommt fast allen Ortsteilen zugute.

„Die anderen 58 Ortsteile konnten dagegen teils deutliche Einwohnergewinne verbuchen“, kann Christoph Bein feststellen. „Städtische Wachstumspole zeigen sich insbesondere dort, wo in den vergangenen Jahren großflächig neue Wohngebiete erschlossen wurden.

Dies wurde insbesondere durch die Umwidmung alter Bahn- und Industrieanlagen unmittelbar nördlich des Stadtzentrums, alter Kasernenanlagen in Möckern (80) und alter Hafenanlagen rund um den Lindenauer Hafen in Schönau (60) sowie der Erschließung neuer Flächen im Außenbereich im Leipziger Nordosten (15 und 94) erreicht. Darüber hinaus entwickelte sich die Einwohnerzahl östlich des Stadtzentrums äußerst dynamisch, wo durch Lückenschließungen und Sanierungen neuer Wohnraum entstand.“

Letzteres betrifft vor allem das Grafische Viertel. Während auch der Ortsteil Heiterblick (25) durch einen Bevölkerungsrückgang auffällt. Immerhin eines der letzten Neubaugebiete in diesem Bereich, das noch in den 1990ern entstand. Auch hier treten längst die Folgeerscheinungen eines Neubaugebietes auf, in dem die ursprünglich jungen Erstbezieher immer älter werden und die Kinder erwachsen geworden sind und wegziehen.

Die detaillierte Untersuchung findet man auf der Seite www.leipzig.de/statistik in der Rubrik Analysen zur Stadtgesellschaft.

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