Künftige Generationen werden einfach den Kopf schütteln darüber, wie dilettantisch nicht nur Sachsens Politik mit dem Thema Demografie umgegangen ist. Wie das Kaninchen vor der Schlange schaut man auf die Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung und hat dann eigentlich nicht mehr übrig als ein verblüfftes „Ojemine“. Das Statistische Landesamt hat am Dienstag, dem 9. Dezember, die neueste Prognose zu den Schülerzahlen in Sachsen veröffentlicht. Noch steigen sie. Aber die Zeit, in der Sachsen der Nachwuchs ausgeht, rückt immer näher.
Noch wachsen die Schülerzahlen, teilt das Landesamt für Statistik mit: „Der steigende Trend der Schülerzahlen in den letzten Schuljahren wird sich an den allgemeinbildenden Schulen im Freistaat Sachsen nach der oberen Prognosevariante (V1) voraussichtlich bis zum Schuljahr 2027/2028 weiter fortsetzen.
Im Vergleich zum Schuljahr 2024/2025 mit knapp 417.500 Schülerinnen und Schülern werden dann bis zu 2,7 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler erwartet. In den allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft würden somit im Schuljahr 2027/2028 zwischen 418.600 (untere Variante (V2)) und 428.900 (V1) Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden.“
Das ergeben nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes die Ergebnisse der 4. Regionalisierten Schüler- und Absolventenprognose für den Freistaat Sachsen bis zum Schuljahr 2040/2041. Basis dieser Vorausberechnung sind neben der amtlichen Schulstatistik die Variante 2 und Variante 3 der 8. Regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen.

Bis zu 25 Prozent weniger Grundschüler
Aber nach dem Gipfel geht es ziemlich schnell wieder ins Tal: „Nach dem Schuljahr 2027/2028 wird in V1 mit einem Rückgang der Schülerzahlen gerechnet. Im Schuljahr 2040/2041 werden nach der unteren Variante (V2) fast 20 Prozent und nach der oberen Variante (V1) etwas mehr als 12 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler als im Schuljahr 2024/2025 erwartet. An den allgemeinbildenden Schulen würden dann 335.600 (V2) bzw. 365.700 (V1) Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden.
Aufgrund der geringer besetzten Altersgruppen wird damit gerechnet, dass der Rückgang der Schülerzahlen bereits ab dem ersten Prognosejahr bis zum Schuljahr 2040/2041 an den Grundschulen besonders drastisch ausfällt. Im Vergleich zum Schuljahr 2024/2025 werden 18 (V1) bzw. 25 (V2) Prozent weniger Schülerinnen und Schüler an dieser Schulart am Ende des Prognosehorizonts erwartet.
Regional wird die Entwicklung der Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen voraussichtlich in der Tendenz homogen, im Ausmaß jedoch sehr unterschiedlich verlaufen. Während in der Kreisfreien Stadt Leipzig sowie im Landkreis Leipzig die geringsten Verluste bis zum Schuljahr 2040/2041 zu erwarten sind, werden diese in allen übrigen Kreisfreien Städten und Landkreisen stärker ausgeprägt sein.“
Braucht Sachsen jetzt weniger Lehrer/-innen?
Die Zahlen haben nun tatsächlich Sachsens Kultusminister Conrad Clemens aufgeschreckt, der sogar sehr emotionale Worte zu dieser Prognose findet: „Die neue Schülerzahlprognose ist die traurigste Statistik Sachsens. Der Geburtenrückgang kommt an den Schulen an. Wir setzen auf vorausschauendes Handeln, damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.
Dazu gehört, dass wir unser Schulnetz mit wohnortnahen Standorten erhalten wollen, zum Beispiel mit mehr Flexibilität bei der Klassenbildung. Dazu gehört ebenso, dass wir die künftigen Lehrerstellen klug planen müssen. Auch wenn aktuell weniger Unterricht ausfällt als im Vorjahr – es ist immer noch zu viel. Dass dem so ist, ist auch eine Folge überzogener Sparmaßnahmen früherer Jahre.
Wir brauchen weiter neue Lehrkräfte – vor allem an den Oberschulen und im ländlichen Raum. Auf der Grundlage der neuen Schülerzahlen legen wir gleich im Januar eine neue Lehrerbedarfsprognose vor.“
Mit dem Wissenschaftsministerium würden bereits Gespräche über eine Anpassung der Zielvereinbarungen mit den Universitäten laufen, um die Anzahl der jeweiligen Lehramtsstudienplätze an die sich verändernden Bedarfslagen anzupassen. Ein Schritt, der im Angesicht der Tatsache, dass nach Einschätzung der Bildungsgewerkschaft GEW heute immer noch rund 3.000 Lehrkräfte fehlen, ziemlich übereilt erscheint. Noch ist nicht einmal absehbar, wann Sachsen genügend Fachkräfte an seinen Schulen hat. Und schon sendet der Kultusminister wieder ein Signal, das aufs Bremsen zielt.
Dazu sagt Conrad Clemens: „Der Blick auf die Schülerzahlprognose der 2030er Jahre zeigt, dass wir absehbar insbesondere in den großen Städten weniger neue Grundschullehrkräfte brauchen. Es ist unsere Verantwortung gegenüber allen jungen Menschen, die sich für ein Lehramtsstudium in Sachsen entscheiden, dass wir das offen kommunizieren und zugleich klare Perspektiven aufzeigen.“
So signalisiert man, dass Sachsen doch wieder keine Lehrerinnen und Lehrer braucht. Kein kluges Signal, wenn man nicht einmal den Grundbestand gesichert hat.
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