Der Leiter des Leipziger Jugendamtes Siegfried Haller hat schon bessere Zeiten gekannt. Und wenn man die Zeichen aus der Martin-Luther-Universität Halle richtig deutet, dann könnten sie sogar noch schlechter werden. Offenbar ist eine Vorentscheidung pro Aberkennung seines Doktortitels gefallen.

Carsten Heckmann, Pressesprecher der Uni Halle, gegenüber der L-IZ: “Der Promotionsausschuss hat heute eine Beschlussempfehlung formuliert, die dem Fakultätsrat am 18. April zur Entscheidung vorliegen wird. Darin geht es um die Inhalte des Verfahrens. Die Beschlussempfehlung ist natürlich interpretationsfähig.”

Eine solche Beschlussempfehlung wäre allerdings in der Regel nicht gegeben worden, wenn es Haller gelungen wäre, in der Zwischenzeit die gegen ihn erhobenen Plagiatsvorwürfe zu entkräften. Carsten Heckmann dazu diplomatisch: “Sie verstehen, dass ich mich zu einem laufenden Verfahren nicht äußern werde. Ich würde das aber andererseits auch nicht dementieren.”
Klartext: Der seit Wochen tätige Promotionsausschuss der Uni Halle ist offenbar zu der Erkenntnis gekommen, dass Siegfried Haller seinen Doktortitel zu Unrecht trägt, die zuvor schon monierten Plagiatsstellen endgültig nachgewiesen sind. Folgerichtig müsste der Promotionssauschuss am 18. April ein eindeutiges Urteil fällen. Nämlich, die Dissertation des Leiters des Leipziger Amtes für Jugend, Familie und Bildung für ungültig zu erklären und Hallers Doktortitel zu entziehen.

Wie die L-IZ schon berichtete, soll der Soziologe Haller, der seit 2000 das Leipiziger Jugendamt leitet, bei seiner 2003 eingereichten Doktorarbeit wissenschaftlich unsauber gearbeitet haben und Zitate von Kollegen benutzt haben, mit denen er an einem Projekt zusammengearbeitet hatte. Diese Zitate waren nicht so kenntlich gemacht, dass man hätte erkennen können, dass sie nicht von Haller stammen. Haller wurde eine mehrwöchige Frist eingeräumt, die Vorwürfe zu entkräften. Das scheint ihm, beziehungsweise seinem Anwalt, nicht gelungen zu sein. Nun muss der Fakultätsrat am 18. April das Urteil fällen. Und das scheint schon jetzt festzustehen.

Haller hatte in einem früheren Interview eingeräumt, sich zu Fehlern, die er eventuell gemacht haben könnte, zu bekennen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Der 57 Jahre alte Soziologe soll bei der Erstellung seiner 400-Seiten-Dissertation über die sozialen Folgen im Sanierungsgebiet Hemshof in Ludwigshafen am Rhein Quellen nicht korrekt angegeben haben. Dies bestätigte er auch in einem früheren Interview insofern, dass er der Ansicht war, die Zitate seiner an dem Projekt beteiligten Kollegen nutzen zu können, da er selbst maßgeblich an dem Projekt beteiligt und die Stadt Ludwigshafen Herausgeber der Schriften war, aus denen er zitiert hatte.

Die Geschichte war ins Rollen gekommen, nachdem im letzten Sommer Enthüllungen der Internetplattform “vroniplag” bekannt geworden waren, bei denen die Doktorarbeit von Siegried Haller auf Plagiate hin untersucht wurde. Die Dissertation über “Das Sanierungsgebiet Hemshof in Ludwigshafen am Rhein” sei, so Haller in einem früheren Interview, eine Bilanz von 30 Jahren baulicher Erneuerung und sozialer Veränderung und für ihn “eher ein “Wochenend- und Urlaubsthema” gewesen, dem er mit Leidenschaft nachgegangen sei. Eine Leidenschaft, die ihn nun eventuell teuer zu stehen kommen könnte.

Eine Nachfrage von L-IZ bei seinem Vorgesetzten, dem Sozialbürgermeister Professor Thomas Fabian, förderte wenig Erhellendes und andererseits nichts wirklich Verheißendes zu Tage. Der Ressortchef äußerte sich ebenfalls mehr als diplomatisch und sehr zurückhaltend: “Es handelt sich hier um ein laufendes Verfahren. Und bevor kein Urteil vorliegt, möchte ich mich nicht dazu äußern.” Jemand, der von der “Unschuld” eines langjährigen engen Mitarbeiters in so hoher und verantwortungsvoller Position überzeugt wäre, klingt definitiv anders.

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