Ab dem nächsten Jahr solle Burkhard Jung wieder das tun, was er am besten kann: Lehrer sein. Das findet der Nachhaltigkeitsforscher Felix Ekardt, den am Sonnabend, 31. März, 86 Prozent der grünen Basis zum OB-Kandidaten der Öko-Partei für 2013 kürten. Im Wahlkampf will Ekardt vor allem grüne Ideen in den Diskurs einbringen, etwa die der Postfossilität.

Die Welt ist aus den Fugen. Jedenfalls deren derzeit dominierendes Wirtschaftssystem. So konstatieren es Leipzigs Grüne in ihrem Programm “Leipzig.2020.Grün”.

Aus eben dieser Krise könne es nach Ansicht der Öko-Partei nur den grünen Ausweg geben. Dieser Weg entsage dem Wachstumsglauben und den daraus abgeleiteten Verteilungsproblemen, um die die Programmatik aller anderen Parteien kreise. Das geißelte Antje Hermenau auf dem Leipziger Grünen-Parteitag als ein “moralisch unsauberes Aktienpaket”, weil es die Umwelt weiter zerstöre und auch finanziell immer weitere Schulden zu Lasten künftiger Generationen anhäufe.
Für Sachsens grüne Landtags-Fraktionschefin ist das ein Denken aus dem vorherigen Jahrhundert. Irgendwie fossil diese Herangehensweise: so ganz allgemein und im Speziellen in Energiefragen. Insofern wollen die Grünen auch in Leipzig Postfossilität wagen: programmatisch und bei den Energieträgern.

Die Grünen hingegen seien schon im 21. Jahrhundert, so Hermenau am Sonnabend im Theater “Schille” in der Otto-Schill-Straße 7 in der Leipzier City. “Ich bin beeindruckt”, lobte Sachsens Grüne Frontfrau die Programmarbeit des hiesigen Kreisverbandes.

Diese Themen sollten die Grünen nun mehrheitsfähig moderieren, wünscht sich Antje Hermenau. Am besten schon bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl Anfang kommenden Jahres.

Sehr wohl sei mit anderen Parteien die Frage beraten worden, “ob es nicht einen gemeinsamen Gegenkandidaten gegen die ewigen SPD-Oberbürgermeister in Leipzig” geben könne, erzählte Hermenau auf dem Parteitag ganz freimütig. Aber dazu habe es unter den potenziellen Partnern nicht genügend inhaltliche Schnittmengen gegeben.
So kämpft denn erst mal jede Partei für sich um ein möglichst großes Stück vom Stimmenkuchen. Um Inhalte soll es den Grünen dabei gehen. Da darf man gespannt sein, ob im Verlaufe des Wahlkampfes nach all den inhaltlichen Fragen auch noch die Machtfrage gestellt werden wird.

Der Vormann für die grünen Inhalte wird im beginnenden Leipziger Oberbürgermeisterwahlkampf Felix Ekardt sein. Die Bewerbung des seit dem Sonntag 40jährigen Nachhaltigkeitsforschers unterstützen 86 Prozent der am Sonnabend versammelten grünen Basis.

Seit 2002 ist Ekardt Professor – erst in Bremen, später in Rostock. Er leitet die in Leipzig ansässige Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik. Den Grünen schloss sich der gebürtige (West-)Berliner 1997 an. Zuvor sammelte er acht Jahre lange politische Erfahrungen bei der SPD.

Forscher Ekardt will im Wahlkampf auf Ehrlichkeit und Ungeschminktheit setzen. Auch und gerade in Finanzfragen. Hier setzt er auf den Diskurs mit der Stadtgesellschaft über Vorrangiges und weniger Wichtiges. Sein Ziel: Leipzig soll “Hauptstadt der Lebensqualität” werden.

Beispielsweise bei der Bauleitplanung und in der Verkehrspolitik könne man aus Ekardts Sicht auch in Leipzig auf Nachhaltigkeit umsteuern. Er will Instrumente wie den Bürgerentscheid häufiger genutzt sehen und setzt auf Transparenz der Verwaltung sowie Informationsfreiheit. Bürgerbeteiligung soll nach Ekardts Vorstellungen künftig erfolgen, “solange alle Optionen noch offen sind”.

Dass Glück sich nicht allein auf materiellem Wohlstand gründet, ist der Kern aller grünen Inhalte. Inklusion, also das Dazuzugehören zur Gesellschaft, nannte Ekardt den eigentlichen Schlüssel zum Glück.

Seit 1996 ist Ekardt nun Teil der Leipziger Stadtgesellschaft. Er kam zur Ausbildung und der Liebe wegen an die Pleiße. Die Liebe zu seiner damaligen Freundin hielt nicht, die zur Stadt Leipzig wuchs hingegen mit den Jahren immer mehr.

Ekardt ist es “essentiell wichtig, dass die Berufspolitik immer wieder erneuert wird”. Dazu wolle er mit seiner Kandidatur einen Beitrag leisten. Er sei heute beruflich und fachlich etabliert und habe sich nicht schon im Alter von 25 Jahren auf die Berufspolitik festlegen wollen. “In dem Moment, wo wir vollständig auf Berufspolitiker setzten, setzen wir auf Leute, die auch abhängig sind”, mahnt der Wissenschaftler.

Da sieht der grüne Herausforderer durchaus Parallelen zum Amtsinhaber. Der Lehrer und Schulleiter Burkhard Jung kam 1998 als Dezernent ins Leipziger Rathaus und damit in die Politik. Nach dem Willen von Ekardt soll dieser Lebensabschnitt für Burkhard Jung im kommenden Jahr wieder beendet sein.

“Burkhard Jung soll wieder das tun, was er am besten kann: Lehrer sein”, so Ekardt. “Lehrer brauchen wir”, sekundierte Antje Hermenau vor dem Hintergrund des akuten Lehrermangels im Freistaat.

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