Es ist ein skurriler Streit, der um die alte Leuchtreklame mit Goethe-Silhouette und "Mein Leipzig lob' ich mir" tobt, die auf den neuen "Höfen am Brühl" wieder installiert werden soll. Gegen die Leuchtreklame hat der Direktor des benachbarten Marriott-Hotels Einspruch eingelegt. Der OBM hat einen Kompromiss-Vorschlag gemacht. Und Grüne-Stadträtin Katharina Krefft sieht keinen Grund, die Sorgen von Hoteldirektor Reinhardt nicht ernst zu nehmen.

Zum Streit um die Leuchtreklame “Mein Leipzig lob ich mir” auf den Brühl-Höfen Katharina Krefft, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Die überbordende nächtliche Beleuchtung der Städte ist ein zunehmendes Problem für die Menschen, die Umwelt und die Astronomie. Ein sternenreicher Nachthimmel ist in unseren Städten schon lange unbekannt, ihre Lichtglocken reichen weit ins dünn besiedelte Umland hinaus und “verschmutzen” dort die Nacht. Milliarden von Insekten verenden nächtlich an unseren Lichtquellen, Vögel werden in ihrer Orientierung und ihrem Verhalten erheblich gestört. Studien in den USA und in Israel, einem der am stärksten beleuchteten Länder weltweit, zeigen darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen fehlender Nachtdunkelheit und Krebs, als deren Ursache die verringerte Melatoninausschüttung unter Licht angenommen wird. Durch die natürlichen Lichtquellen wird unser Lebensrhythmus gesteuert, falsches Licht zur falschen Zeit wirkt sich direkt auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit aus. Die genaueren physiologischen Mechanismen sind Gegenstand aktueller Studien.

Wenn sich nun der Hoteldirektor Herr Reinhardt vom Marriott-Hotel für dunklere Zeiten vor seinem Hotel einsetzt, so ist das ein berechtigtes Anliegen. Die dumpfen Einlassungen von Stadtrat Schlegel helfen da nicht weiter, und nein: Nicht in den Alpen sondern im Havelland und im Harz ist es angenehm dunkel. Der Vorschlag von Oberbürgermeister Jung ist tragfähig, und daher ist die Ausschaltung der Reklame zwischen 22 und 6 Uhr sinnig, angebracht werden aber sollte sie auf jeden Fall! Tatsächlich wäre eine solche Regelung analog beim Lärmschutz im Norden der Stadt dringend zu wünschen, aber anders als in der Innenstadt hält Herr Jung hier nächtliche Belästigung für einen “Segen”.

Leipzig muss sich intensiver mit dem Thema Lichtverschmutzung befassen und Licht nicht nur als ästhetische Frage begreift. Natürlich ist Licht auch ein Sicherheitsthema, damit beschäftigt sich der o.g. Forschungsverbund ebenfalls. Es ist also alles in allem ein vielschichtiges Feld, wie sich auch bei der Diskussion der Stadtbeleuchtung im Gleichstellungsbeirat am 27. Februar 2012 zeigte und das sachlich diskutierte.

Zum “Verlust der Nacht” gibt es ein Leibniz-Forschungsprojekt:
www.verlustdernacht.de

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