Raub, Überfälle, Schlägereien. In der jüngeren Leipziger Fußballhistorie ist Gewalt immer wieder mal im Gespräch. Wie viele Straftaten haben sich dieses Jahr in den Stadien ereignet? Welche Konsequenzen hatte das Stadtderby? Und was halten die Ordnungshüter vom neuen Fanprojekt? Polizeipräsident Bernd Merbitz stand L-IZ.de Rede und Antwort.

Wie viele Straftaten haben sich in diesem Jahr im Umfeld von Fußballspielen mit Leipziger Beteiligung ereignet? Wie viele Gewalttaten befanden sich darunter, und welchen Fangruppen waren diese jeweils zuzuordnen?

Die statistische Erhebung von Straftaten bei Fußballveranstaltungen wird saisonal durchgeführt. Für die erste Halbserie der laufenden Saison 2012/2013 gibt es noch keine Erhebungen. In der Vorsaison 2011/2012 wurden in Bezug auf die Stadt Leipzig 119 Ermittlungsverfahren mit Fußballbezug eingeleitet; darunter waren 28 Gewaltstraftaten – Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Raub, Landfriedensbruch. Die genannten Straftaten waren überwiegend Einzeltaten von Personen aus dem Umfeld der Fangruppen der Vereine 1. FC Lok Leipzig und BSG Chemie Leipzig.

Wie schätzen Sie derzeit die Schnittmengen zwischen Leipziger Fußballfans und demokratiefeindlichen Strömungen ein?

Es kann aus Sicht der PD Leipzig nicht eingeschätzt werden, ob im Leipziger Fußball demokratiefeindliche Strömungen existieren.
Im Rahmen des Stadtderbys am 2. September haben Lok-Fans mehrfach Anhänger von RB Leipzig angegriffen. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden in diesem Zusammenhang eingeleitet? Wie viele Stadionverbote wurden seitens der Polizei beantragt?

Im Zusammenhang mit dem genannten Fußballereignis wurden durch die PD Leipzig 37 Strafverfahren gegen Personen aus dem Fanumfeld des 1. FC Lok Leipzig eingeleitet. In der Folge hat die PD Leipzig beiden Vereinen Daten zu 19 Personen übermittelt und empfohlen, gegen diese Stadionverbote zu erlassen.

Das Leipziger Fanprojekt steht seit rund einem Jahr unter neuer Trägerschaft. Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit von Outlaw?

Der Neubeginn des Fanprojektes im Dezember 2011 gestaltete sich schwierig. So konnten weder Material noch Räumlichkeiten des Vorgängerprojekts übernommen werden. Zudem fand keine sachliche Kommunikation zwischen den Mitarbeitern des ehemaligen und des neuen Fanprojektes statt. Zwischenzeitlich wurden mit der Einstellung des notwendigen Personals sowie der Anmietung von Büro- und Veranstaltungsräumen die Grundlagen für die Arbeit des Fanprojektes geschaffen.

Der Einfluss der Outlaw gGmbH macht sich in der gestiegenen Bandbreite und Professionalität der im Rahmen des Fanprojektes in Aussicht genommenen Vorhaben bemerkbar. So sind nicht nur klassische Projekte mit dem Hauptinhalt der sozialpädagogischen Betreuung der Fans der jeweiligen Vereine Gegenstand der Arbeit, sondern beispielsweise auch die Vorbereitung eines gewaltpräventiven Projekttages mit Kindern und Jugendlichen an einer Schule im Leipziger Westen gemeinsam mit dem örtlich zuständigen Polizeirevier beziehungsweise ein Projekt für jugendliche Straftäter gemeinsam mit der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen (“Knastkick”).

Letztgenannte Maßnahmen dienen dem Grunde nach dem Anliegen, Vertrauen aufzubauen und so für die klassische Fanarbeit in den Vereinen mehr Zulauf zu gewinnen. Gleichwohl wird die Gefahr gesehen, dass infolge des hohen Aufwands derartiger Projekte die eigentliche Fanarbeit in den tatsächlich relevanten Fußballvereinen geschmälert werden könnte.

Die Arbeit des Fanprojektes muss sich primär mit den Fans der Vereine Lok Leipzig, Chemie Leipzig, SG Leipzig Leutzsch, Roter Stern Leipzig und RB Leipzig auseinandersetzen. Bisher funktioniert dies bei den Vereinen Chemie Leipzig und Roter Stern Leipzig zufriedenstellend. Bei der SG Leipzig Leutzsch und RB Leipzig gibt es erste positive Ansätze. Dagegen gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Lok Leipzig und den dortigen Fans bislang schwierig. Der Einsatz eines hauptamtlichen Mitarbeiters zur Betreuung der Lok-Fans führte bisher zu keinen nennenswerten Erfolgen. Erfolgskritisch für die Arbeit mit den Lok-Fans ist nach hiesiger Auffassung, wie die zu betreuenden Fans der Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt gegenüberstehen.

Vielen Dank für das Interview.

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