Mit der am 10. Dezember erlassenen Allgemeinverfügung der sächsischen Landesdirektion (LDS), die den nördlichen Teil des Cospudener Sees ab 2026 für den uneingeschränkten Betrieb von Motorbooten freigibt, wurde eine Entscheidung mit weitreichender Bedeutung für den Umweltschutz getroffen. Sie sorgt für kontroverse Diskussionen in der Region Leipzig. Die Landesdirektion betonte zwar, die Umweltverbände seien im Vorfeld der Allgemeinverfügung eingebunden gewesen. Aber der BUND Leipzig findet sich in der Entscheidung der Landesdirektion nicht wieder.
Der BUND Leipzig hat sich – gemeinsam mit der Stadt Leipzig, der Stadt Markkleeberg und zahlreichen weiteren Akteuren – klar gegen die Zulassung des unbegrenzten Sportbootverkehrs mit Verbrennungsmotor ausgesprochen. Bereits 2023 forderte der Verband in einer Stellungnahme zusätzliche Beschränkungen zum Schutz von Arten, Biotopen und Gewässern.
Die Landesdirektion Sachsen begründet die unbegrenzte Zulassung von Verbrennungsmotoren damit, dass der Gesetzgeber eine „Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Technologien hinsichtlich der Antriebsart nicht vor[sehe]“. An diese Grundentscheidung sei die Landesdirektion gebunden.
Diese Darstellung ist jedoch nicht korrekt: Der Gesetzgeber unterscheidet in Anlage 2 zu §17 SächsWG ausdrücklich zwischen „nichtmotorangetriebenem und elektromotorangetriebenem Sportbootverkehr“ sowie „Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor“.
Die Landesdirektion ignoriert die Fachgutachten
In der Begründung zur Allgemeinverfügung räumt die LDS selbst ein, dass ein Ausschluss motorangetriebener Sportboote grundsätzlich möglich wäre. Dieser wäre nach Aussagen der LDS aber nur dann gerechtfertigt, wenn dies „aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit“ (z.B. Naturschutz, Immissionsschutz, Gewässergüte/-ökologie) dauerhaft erforderlich sei. Ein solches Erfordernis lasse sich laut LDS weder aus den vorliegenden Fachgutachten noch aus den Stellungnahmen der Fachbehörden ableiten.
Der BUND Leipzig kritisiert in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die Auswirkungen der unbeschränkten Schiffbarkeit auf heimische Vogelarten (Avifauna) nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Große Teile des Sees – auch außerhalb der Verbotszone – sind von Schutzgebieten umgeben, wie dem Europäischen Vogelschutzgebiet Leipziger Auwald und dem gleichnamigen Landschaftsschutzgebiet.
Forderungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung, etwa Befahrungsbeschränkungen in Uferbereichen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen zum Schutz rastender und brütender Wasservögel, wurden abgelehnt. Teilweise geschah dies allein mit der Begründung, dass die Forderungen nicht von der Naturschutzbehörde selbst gestellt worden seien.
„Es kann nicht sein, dass konkrete naturschutzfachliche Forderungen inhaltlich nicht geprüft werden, nur weil sie nicht von der für die Landesdirektion willkürlich als richtig erachteten Stelle kommen. Das nenne ich keine ordnungsgemäße Beteiligung aller betroffenen Akteure“, kritisiert Melanie Lorenz, Co-Vorsitzende des BUND Leipzigs und Sprecherin des Arbeitskreises Umweltrecht.
Positiv hervorzuheben ist aus Sicht des BUND Leipzig zumindest, dass sich die LDS vorbehält, die Schiffbarkeit nachträglich einzuschränken, wenn sich Gefährdungen für das Gewässer oder Nutzungskonflikte etwa mit Badegästen ergeben. Da die Auswirkungen eines unbegrenzten Sportbootverkehrs mit Verbrennungsmotor auf den chemischen Zustand und das ökologische Potential des Cospudener Sees nur schwer prognostizierbar sind, wurde ein Monitoring eingeführt, das die Auswirkungen von Verbrennungsmotoren auf die Gewässergüte erfasst und mögliche Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen feststellen kann.
„Wir werden die Entwicklungen weiterhin genau im Blick behalten. Zudem prüfen wir, ob temporäre Beschränkungen des Motorbootverkehrs außerhalb des laufenden Verfahrens durchsetzbar sind“, verspricht Lorenz.
Bereits heute ist der Nutzungsdruck groß: Auf Basis von Einzelzulassungen der unteren Wasserbehörde dürfen bereits 135 Boote mit Verbrennungsmotor (Stand 06/2024) auf dem Cospudener See fahren. Kaum vorstellbar, wie viele es werden, wenn kein aufwändiges Einzelgenehmigungsverfahren mehr notwendig ist.
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