Eigentlich müsste der Landtag das 2013 novellierte Sächsische Wassergesetz ändern. Denn mit dem hat die damalige CDU/FDP-Koalition dafür gesorgt, dass die Anrainer von Tagebauseen praktisch nicht mehr selbst entscheiden dürfen, was auf ihren Seen fahren darf und was nicht. Der Freistaat hat diese Hoheit an sich gezogen. Und so liest sich eine Stellungnahme der Stadt zu einem Grünen-Antrag von 2023 wie eine Kapitulation.

Zur Erinnerung: 2022 war die Diskussion aufgeschäumt um die Schiffbarmachung des Cospudener Sees. Die ist zwar von den Seeanrainern Markkleeberg und Leipzig überhaupt nicht erwünscht. Um die Erholungsfunktion des Sees zu erhalten, möchten sie beide keine Motorboote auf dem See haben. Aber wenn sich Regierungsbehörden entschlossen haben, ein Gesetz in Vollzug zu setzen, sind sie stur. Dann beginnen sie eben trotzdem den Prozess einer Schiffbarkeitserklärung für einen See, der schlichtweg keine Wasserstraße ist. Denn Schiffbarkeit wird eigentlich nur für Wasserstraßen erklärt.

Die Tagebauseen sind keine Wasserstraßen. Und so beantragte die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat im Februar 2023 ein ganzes Paket, das im Kern die Leipziger Stadtverwaltung dazu aufforderte, sich deutlich gegen eine Schiffbarkeit des Cospudener Sees zu positionieren und in Widerspruch zu gehen, falls die Landesdirektion Sachsen die Schiffbarkeit trotz allen Protestes erklären sollte.

Unerfüllbare Wünsche?

Die Grünen-Fraktion ging noch einen Schritt weiter und schrieb im Juli ein dickes Änderungspaket zum Linke-Antrag. In der Ratsversammlung im Juli wurde aber der Standpunkt der Stadtverwaltung abgestimmt. Und das mit klarer Mehrheit. Die Grünen wollten ihr Anliegen aber nicht so einfach abgehakt wissen, sondern packten ihr Anliegen in einen neuen Antrag, zu dem das Amt für Umweltschutz nun eine neue Stellungnahme schrieb, die im Grunde das im Juli Geäußerte noch einmal bestätigt: Dem Leipziger Stadtrat sind alle Möglichkeiten genommen, in Sachen Schiffbarkeit irgendetwas zu beschließen.

Der Freistaat hat sich dieses Recht mit dem Wassergesetz von 2013 ganz allein gesichert. Die Kommunen werden zwar angehört. Und vielleicht hat das am Ende ja auch Einfluss auf die in der Schiffbarkeitserklärung festgelegten Rahmenbedingungen. Aber Ohnmacht bleibt Ohnmacht.

Drei Punkte hatten die Grünen formuliert. Der erste war eine mögliche zeitweilige Sperrung des Sees. „Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, sein Einvernehmen nur dann zu bekunden, wenn umfangreiche tages- und jahreszeitliche Sperrungen für den gesamten Cospudener See verhängt werden, die den Natur- und Artenschutz sowie die ungestörte Naherholung sicherstellen”, wünschten sich die Grünen.

Geht nicht, sagt das Amt für Umweltschutz: „Der Antrag ist abzulehnen. Die Entscheidung über die Schifffahrt auf dem Cospudener See wird durch die Landesdirektion Sachsen getroffen. Im Kern soll der Oberbürgermeister mit einem Stadtratsbeschluss beauftragt werden, diverse Verwaltungsverfahren nach dem Willen der Ratsversammlung zu führen und die Ergebnisse dieser Verwaltungsverfahren werden gleichsam vorweg festgeschrieben. Ein derart gefasster Beschluss wäre rechtswidrig und müsste vom Oberbürgermeister beanstandet werden, da Verwaltungsverfahren ergebnisoffen zu führen sind und andererseits ausschließlich Behörden involviert wären, die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zu erfüllen haben. Diese staatlichen Weisungsaufgaben erledigt der Oberbürgermeister in eigener Zuständigkeit, vgl. § 53 Abs. 3 SächsGemO, und sie sind nach § 28 SächsGemO der Befassungskompetenz des Stadtrates entzogen.“

So ist das in Sachsen: Behörden verhandeln nur mit Behörden.

Wo endet Leipzigs Kompetenz beim LSG?

Zwei Punkte seien dann freilich sogar überflüssig, meint das Amt für Umweltschutz. Die betreffen die von den Grünen gewünschte Ausweitung des LSG Leipziger Auwald.

„Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, sich gegenüber der Stadt Markkleeberg, der Stadt Zwenkau sowie dem Landkreis Leipzig für eine Ausweitung des LSG ‘Leipziger Auwald’ auf die noch nicht unter Schutz gestellten Seeflächen des Cospudener Sees einzusetzen“, hatten die Grünen beantragt. Und: „Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, das LSG ‘Leipziger Auwald’ auf Leipziger Flur bis zur südlichen Stadtgrenze (Nordstrand Zwenkauer See) auszuweiten.“

Zum ersten Punkt erklärt das Amt: „Der Cospudener See im Zuständigkeitsbereich der Stadt Leipzig liegt bereits vollständig im Landschaftsschutzgebiet ‘Leipziger Auwald’. Eine Erweiterung ist nur auf Initiative des Landkreises Leipzig als örtlich zuständige Naturschutzbehörde möglich; auch hierbei handelt es sich um weisungsgebundene Pflichtaufgaben des Landkreises. Eine derartige körperschaftsübergreifende Beeinflussung ist der Befassungskompetenz des Stadtrates entzogen.“

In der zugehörigen Verordnung zum LSG „Leipziger Auwald“ heißt es dazu ganz technisch zur Grenze des Landschaftsschutzgebietes: „Bei Zöbigker markiert ein vermessener Punkt der Cospudener Straße einen Begrenzungspunkt des LSG, von dem aus eine Verbindung zu einem vermessenen Punkt der Stadtgrenze zu Leipzig gezogen wird. Von diesem Punkt an folgt die Schutzgebietsgrenze der Stadtgrenze bis zum Südwestufer des Elsterstausees.“

Etwas schwieriger wird es mit dem Wunsch, die Grenze des LSG bis zum Nordufer des Zwenkauer Sees auszuweiten, was das Amt für Umweltschutz mit dem Satz abgetan hat, das sei nur auf Initiative des Landkreises Leipzig möglich. Was so aber nicht ganz stimmt. Denn das Leipziger Stadtgebiet endet eben nicht am Elsterstausee, sondern umfasst auch den kompletten nördlichen und nordwestlichen Teil des Zwenkauer Sees. Das Problem ist wohl eher, dass auch hier wieder das Land Sachsen gefragt ist, die Verordnung zum LSG „Leipziger Auwald“ zu erweitern.

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