Die Polizeibeamten arbeiten am Anschlag. Das sagte Polizeichef Bernd Merbitz heute in der Sicherheitspolitischen Stunde im Stadtrat. "Ich fahre meine Beamten auf Verschleiß. Wir haben einen hohen Krankenstand und eine wahnsinnige Belastung. Und am Wochenende spielen wir noch Eventpolizei, beim Fußball zum Beispiel", so Merbitz. Daher, so kündigte er an, wolle er mehr Polizeikräfte in die Stadt holen.

Für Januar 2014 wolle er eine Belastungsanalyse durchführen und mehr Beamte nach Leipzig bringen. Dies steht im Gegensatz zur Polizeireform von Sachsens Innenminister Markus Ulbig. Dieser will bis zum Jahr 2020 jede fünfte Stelle bei der Polizei streichen. “Ich kann es nicht mehr hören, wenn es ums Sparen geht”, so Merbitz. Seine Polizeidirektion, die auch für das Leipziger Land zuständig ist, umfasst derzeit rund 3.000 Beamte. Leipzig hat jedoch auch die höchste Kriminalitätsrate in Sachsen. Merbitz gab einen Überblick über die Leipziger Kriminalstatistik: Mit rund 48.000 Straftaten liegt die Stadt mit dem vergangenen Jahr gleichauf.

Es gab leicht mehr Diebstähle, beim Autoklau ist Leipzig Spitzenreiter, beim Fahrradklau gibt es mit 4.371 Fällen 281 mehr als 2012. Einen leichten Rückgang im Bereich der Drogendelikte. “Crystal ist allgegenwärtig”, so Merbitz. Die Droge habe Heroin und andere Rauschmittel zurückgedrängt. “Mit mir wird es keinen Präventionsabbau geben”, kündigte der Polizeipräsident an. Dies betreffe 40 Stellen, die er auch nach dem Jahr 2015 erhalten wolle. Von “Problemchen” sprach er hinsichtlich Sachbeschädigung und illegaler Graffiti, die besonders in Connewitz aufträten. “Da gibt es Ecken, die sehen durchaus nicht mehr schön aus”, sagte Merbitz. Er forderte die Stadträte auf, auch im persönlichen Gespräch auf ihn zuzukommen.

Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal hatte zuvor die Arbeit des Kriminalpräventiven Rates der Stadt gelobt. Dieser arbeitet seit dem Gründungsjahr 1994, wurde jedoch erst durch einen Ratsbeschluss im Jahr 2010 bestätigt. “Es gilt immer Prävention vor Repression”, so Rosenthal. Die Polizeireform konterkariere Leipzigs Bedarf. “Wir wollen weiter wachsen, daher brauchen wir mehr Polizei, nicht weniger.”

Langfristig sei die Zahl der Straftaten rückläufig und mit den Leipziger Hilfepunkten – Geschäften, die sich als Anlaufstellen für Kinder, Senioren und anderen Hilfsbedürftigen in Notsituationen verstehen – sowie der Senioren-Sicherheitsberatung tue die Stadt viel, um das Sicherheitsgefühl der Einwohner zu stärken. “97 Prozent fühlen sich tagsüber in ihrem Wohngebiet sicher”, zitierte Rosenthal die Ergebnisse der Sicherheitsbefragung.

Den Kriminalpräventiven Rat kritisierte Stadträtin Sabine Heymann (CDU) stark: “Er ist eine Blackbox, auf dessen Arbeit der Stadtrat nicht unmittelbar einwirken kann.” Heymann sagte auch, dass man den Eindruck gewinnen könne, die Polizei habe gewisse Stadtteile – und nannte Connewitz und Grünau – aufgegeben.

Sören Pellmann (Die Linke) erinnerte daran, dass die Armutsquote in Leipzig immer noch sehr hoch ist und vor allem Kinder und Jugendliche unter Armut leiden. “Ich will nicht sagen, dass sie per se straffällig werden, doch es ist eine Ursache für die hohe Kriminalität.” Die Einsparungen bei der Jugendarbeit beförderten die Kriminalität. “Dafür werden wir Jahre später die Quittung bekommen”, so Pellmann.

Ähnlich argumentierte René Hobusch (FDP), der forderte, dass mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. “Dies würde viele Probleme lösen.” Hobusch meinte auch, dass die Gesellschaft als Ganzes mehr auf Sicherheit und Ordnung achten müsse. “Wen stört es, wenn der 14-Jährige seinen Grill im Park liegen lässt?” Bei Kleinigkeiten wie diesen seien alle gefragt.

Michael Burkhardt von der Bürgerfraktion prangerte unter anderem die erhöhte Drogenkriminalität an. “Crystal-Süchtige werden straffällig, weil die Droge ihre Persönlichkeit zerstört. Die wahren Schuldigen sind die Dealer – gewissenlose Verbrecher – welche die ganze Härte des Gesetzes spüren sollten.”

Oberbürgermeister Burkhard Jung kündigte an, den Ordnungsdienst aufstocken zu wollen und warb für die Unterstützung der Stadträte. Er schloss die Sicherheitspolitische Stunde mit den Worten: “Wir müssen mit der Polizei zusammenarbeiten und die Probleme lösen, welche die Bürger von uns erwarten.”

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