Der schmucklose Plattenbau mit Zaun und Kameratechnik ist die größte Unterbringung in ganz Leipzig. Das Asylbewerberhaus an der Torgauer Straße 290 stand immer wieder in der Diskussion, meist wegen der Zustände, unter denen die rund 500 Bewohner leben müssen. Zugunsten einer dezentralen Unterbringung, dem erklärten Ziel der Stadt Leipzig, sollte die Massenunterkunft mal geschlossen, mal saniert werden.

Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen in Leipzig schien zuletzt das Pendel erneut in Richtung Sanierung auszuschlagen.

Rund 1.300 Flüchtlinge werden insgesamt im Jahr 2014 in Leipzig erwartet. Für den Leipziger Oberbürgermeister im Vorfeld der Sitzung wenig Spielraum in Sachen Torgauer Straße – man müsse nun also doch investieren und das Haus 1 wieder herrichten. Schon 2012 hatte man wegen der steigenden Flüchtlingszahlen das Haus 1 in der Asylbewerberunterkunft in der Torgauer Straße 290 zu sanieren, diskutiert. Geschehen ist bislang – nichts.

Schon länger findet hier ein Schwebezustand statt, dieser wird nun wohl durchbrochen werden.

Die Linke hatte Fragen an die Verwaltung, welche Sozialbürgermeister Thomas Fabian beantwortete. Die beiden wichtigsten wohl: Ist die einst avisierte Schließung der als “Massenunterkunft” von der Linken bezeichneten Unterbringung bis 2016 weiterhin haltbar? Und warum wurde die Betreuung des Hauses gerade neu ausgeschrieben?

Fabian führte zu den Fragen aus, dass der Betreuungsschlüssel in der Torgauer Straße derzeit bei 1:57 (Personal zu Bewohner) liege, womit der von der Linken angemahnte gesetzliche Betreuungsschlüssel von 1:50 überschritten ist. Bei der Betreibersuche wurde Fabian erst etwas kryptisch, dann klarer. Ja, es werde gerade ein neuer Betreiber gesucht, welcher ein Konzept zum Betrieb einer großen Flüchtlingsunterbringung habe. Unzufriedenheit mit dem ehemaligen Betreiber wollte der Bürgermeister nicht allzu offen äußern, ließ diese jedoch etwas durchblicken. Leider hatte die Torgauer Straße auch überregional von sich reden gemacht, als im Sommer 2013 ein Toter über einen Monat unentdeckt im Gebäude gelegen hatte.

Die trockene Antwort Fabians auf die Frage, wie lange noch an der Torgauer Straße: Länger als bis 2016 auf jeden Fall, so der Sozialdezernent. Auf Nachfrage von Juliane Nagel (Die Linke) bestätigte Thomas Fabian nochmals, dass angesichts der derzeit nicht absehbaren Entwicklungen bei den Flüchtlingszahlen auch keine Prognose zur Torgauer Straße 290 möglich sei. Ehrlicherweise erwarte Fabian eher weitere Anstiege bei den Zuweisungszahlen bei Flüchtlingen nach Leipzig auch über 2014 hinaus.

Die Stadt dürfte also auf die derzeit größte Leipziger Unterbringung von Flüchtlingen in Leipzig angewiesen bleiben.
Das Thema “Anstieg der Flüchtlingszahlen” war heute im Rahmen der Anfragen die Bürgermeister gleich zwei mal Thema. Auch die Grünenfraktion hatte noch ein paar Fragen an die Verwaltung zu derzeitigen Zustand in der Torgauer Straße 290: Warum der Oberbürgermeister der Sanierungs-Empfehlung seines Fachamtes 2012 und 2013 nicht gefolgt sei?

Und “wie plant die Stadtverwaltung den gleichzeitigen Ausbau der dezentralen Unterbringungskapazitäten für die angekündigten Flüchtlinge, wenn derzeit weiterhin 56 % der Asylbewerberinnen und -bewerber in Leipzig dezentral untergebracht sind?”

Wissen wollte die Grünen-Fraktion auch: “Da der Oberbürgermeister sich äußerte, dass es weiterhin zentrale Unterbringungen bräuchte: wo werden neue zentrale Unterbringungen geplant und welcher Zeitrahmen ist vorgesehen?” Denn so die Grünen weiter: “Mit dem hohen Anstieg der Flüchtlinge und der Schwierigkeit in kurzer Zeit viele kleine Gemeinschaftsunterkünfte einzurichten, hat der Stadtrat im Dezember 2013 Interimslösungen befürwortet. Die Ertüchtigung der Torgauer Straße kann eine solche Maßnahme sein.”

Für die Runde der Bürgermeister antwortete erneut Thomas Fabian (Sozialbürgermeister). In seinen Einlassungen ging er dabei von einer sprunghaften Entwicklung bei den Zahlen aus. Dabei verwies er erneut darauf hin, dass sich die Zahl der Flüchtlinge von 2012 zu 2014 auf nun rund 1.300 Flüchtlinge quasi verdreifacht habe.

Die grundlegende Richtung der dezentralen Konzepte würde dennoch weiter verfolgt. Dies seien unter anderem Gewährleistungswohnungen durch das Sozialamt, die Bornaische Straße wird wohl als neuer weitere Standort dazukommen und auf die Torgauer Straße könne die Stadt dennoch nicht verzichten. Der sofortigen Zuweisung von Einzelwohnungen erteilte Fabian eine Absage. 6 bis 12 Monate dauere es bevor die Flüchtlinge in kleinere Einheiten kommen können. Eine unmittelbare Vermittlung bei Ankunft in Leipzig in einen eigenen Wohnraum ist dabei auch wenig zielführend.

Bürgermeister Thomas Fabian ging am Ende seiner Antworten gegenüber den Grünen nochmals auf die Gesamtsituation mit den Worten “Aller zwei Monat bekommen wir in 2014 vom Freistaat derzeit erhöhte Prognosezahlen.”

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