Woran liegt es wirklich, dass Leipzig beim Schulneubau derart hinterherkleckert hinter den eigenen Beschlüssen? Am Geld eher nicht. Leipzig sitzt auf einem Berg von Haushaltsresten aus den Vorjahren von 190 Millionen Euro, Geld, das einfach nicht in den zugewiesenen Haushaltsjahren ausgegeben werden konnte. Und wenn Leipzig kein Heilmittel findet, wird der Berg noch anwachsen.

Die Ursachen dafür sind komplex, erklärte OBM Burkhard Jung am Mittwoch, 21. September. Gerade beim Schulhausbau treibt das Thema ja den Stadtrat nun schon seit einigen Jahren um. Die CDU-Fraktion glaubt, der Sache mit einer Steuerungsgruppe Schulhausbau zu Leibe rücken zu können.

Aber so einfach ist es nicht. 40 Prozent der Ursachen liegen nicht bei der Stadt Leipzig. Die liegen zum Beispiel bei Landesbehörden, die über ein Jahr brauchen, um Förderanträge der Stadt zu genehmigen und damit alle Planungen ad absurdum führen. Oder bei Grundstücksbesitzern, die der Stadt die benötigten Grundstücke nicht verkaufen wollen. Gerade da sind in den letzten Jahren die Summen aufgelaufen, die das Liegenschaftsamt einfach nicht einsetzen konnte. Selbst hier macht sich das städtische Wachstum bemerkbar. Grundstückseigentümer pokern und wollen beim Wachstum auch ihren Schnitt machen.

Und intern?

Ist es wirklich so, dass es Leipzigs Planer nicht auf die Reihe kriegen?

Teilweise ja, gibt Jung zu. „Obwohl wir die Abteilung schon mit zehn neuen Mitarbeitern aufgestockt haben. Es reicht einfach nicht.“ Sie schaffen es nicht, den anschwellenden Berg für den notwendigen Planungsvorlauf abzuarbeiten. Wobei hinzukommt, dass auch die Gesetzgeber ihnen das Leben sauer machen. Über die sächsische Schulbaunovelle von 2014 kann Jung nur den Kopf schütteln: Damals wurden nicht nur mit einem Federstrich die gesetzlichen Normgrößen für Klassenräume verändert – was gleich Berge von Leipziger Schulprojekten zur Makulatur machte, die Planer konnten gleich wieder von vorn anfangen. Eine Aula fanden die sächsischen Gesetzgeber gleich mal überflüssig – die wird also nicht mitgefördert, obwohl jede normale Schule eine Aula braucht.

„Und die Schuleinweihung möchte die Kultusministerin dann natürlich in der schönen neuen Aula feiern“, sagte Jung. Eher genervt als spöttisch, weil jede Verzögerung bei der Förderung bedeutet, dass ein großes Bauprojekt in die Folgejahre verschoben werden muss. 190 Millionen Euro – das ist tatsächlich ein kompletter Leipziger Investitionshaushalt, der nicht umgesetzt werden konnte.

Dass dieser Rückstau in den vergangenen Jahren so gewachsen ist, hat auch damit zu tun, dass seit dem Konjunkturpaket II sächsische Baufirmen quasi voll ausgelastet sind. Es wird immer schwerer, große Bauprojekte überhaupt noch am Markt zu platzieren, sagt Jung. „Einige haben wir auch wieder zurückgezogen und in kleinere Lose aufgeteilt.“ Das aber vor allem, um die Bauprojekte auch wirklich am heimischen Markt positionieren zu können und regionalen Firmen die Chance auf einen Zuschlag zu geben. Denn 200 Millionen Euro Bauinvestitionen sind nun einmal, richtig eingeteilt, ein direktes Konjunkturprogramm für die heimische Wirtschaft.

Aber die hiesigen Handwerker- und Baufirmen sind misstrauisch. Lieber packen sie sich die Auftragsbücher voll und machen Überstunden, als dass sich die Firmeninhaber in das Wagnis stürzen, mehr Leute einzustellen.

Was schon mal eine Vorahnung gibt für die nächsten vier Jahre, wenn das sächsische Investitionsprogramm „Brücken in die Zukunft“ greift und nicht nur die Kreisfreien Städte freie Baukapazitäten suchen, sondern auch alle Landkreise und ihre Kommunen. Das sieht gar nicht gut aus für ein Leipziger Schulprogramm, in dem jetzt schon 20 große Schulprojekte stecken, einige davon seit Jahren geplant.

Eines aber steht für Jung fest: Allein mit den städtischen Planern wird das nicht zu stemmen sein. Und so wird Leipzig wohl doch ausprobieren, was die CDU-Fraktion beantragt hatte: die Beauftragung privater Investoren, der Stadt neue Schulen zu bauen, die die Stadt dann nur noch anmieten muss. Den Auftrag, das zu prüfen, habe er Finanzbürgermeister Torsten Bonew gegeben, betonte Burkhard Jung.

Jetzt kann man gespannt sein, wie die ersten Vorschläge zur Umsetzung aussehen. Und ob Private tatsächlich besser an Grundstücke und Baukapazitäten kommen als die Stadt.

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