Was tun, wenn das Geld nicht für alles reicht, aber keiner so recht zugeben will, wie kurz die Decke eigentlich ist? Auch Leipzig tut sich schwer, seine wirklichen Bedarfe an Investitionen, Sanierungen und Instandhaltungen einmal komplett zu beziffern. Man könnte ja sonst darüber erschrecken, wie unterfinanziert die Stadt tatsächlich noch immer ist. Ein wenig erschrocken war jetzt SPD-Stadträtin Nicole Wohlfarth.

Sie hatte mehrere Stadtratsanfragen zu wichtigen Grünanlagen im Leipziger Südosten gestellt. Denn wenn gestaltete Grünanlagen auch saniert und gepflegt aussehen, hat das erheblichen Einfluss auf das Sicherheitsgefühl der Anwohner, wie ja erst die jüngste Sicherheitsumfrage der Stadt Leipzig ergab. Ganz zu schweigen von der Aufenthaltsqualität in den Anlagen, die mit dem Wachstum der Bevölkerung immer wichtiger werden.

Aber augenscheinlich fehlt auch hier für viele Sanierungsprojekte das Geld.

Am 1. September hat die Stadtverwaltung ihre Standpunkte zu Instandsetzungsmaßnahmen zum Pavillon in Täschners Garten, Holzhausen und zur Teilsanierung der Festwiese, Zur Kuhweide in Liebertwolkwitz veröffentlicht. Beide Vorhaben werden als derzeit nicht umsetzbar erachtet, dies geschieht auch mit dem Verweis auf den Pavillon in Meusdorf, der zwar als vorrangiges Sanierungsobjekt gesehen wird, aber aufgrund mangelnder Gelder bisher ebenfalls nicht saniert werden konnte.

Deswegen schlägt das zuständige Umweltdezernat vor, erst einmal Gelder für die Vorplanungen für diese Objekte zu bewilligen und dann möglicherweise im nächsten Doppelhaushalt 2019/2020 entsprechende Sanierungsgelder einzuplanen.

Aber vor dem Hintergrund, dass auch eine Anfrage zur Wiederherstellung der Fenstergärten im Lene-Voigt-Park in Reudnitz eine deutliche Ablehnung ergeben hat, meint SPD-Stadträtin Nicole Wohlfarth: „Bei allen Vorhaben hat die Verwaltung keinen Plan wann eine Sanierung erfolgen kann und keinen Überblick mit welchen Kosten zu rechnen sein wird, das ist bedenklich.“

Gerade die Grünanlagen seien ein reizvoller Schatz Leipzigs, betont sie. „Hier weiterhin nichts zu unternehmen ist fatal.“

Und dann schaut sie sich den eigentlich robust geplanten Lene-Voigt-Park an, der bei den Reudnitzern besonders beliebt ist und 2004 feierlich übergeben wurde. Aber auch hier haben schon vor zehn Jahren ein paar Kraftprotze für erhebliche Zerstörungen gesorgt. Doch für das Beheben dieser Schäden fehlt das Geld.

„Die hölzernen Fenstergärten im Lene-Voigt-Park sind bereits seit 2007 defekt und seitdem nicht instand gesetzt worden. Dass hier zehn Jahre tatenlos verstrichen sind und eine neue Nutzung nicht in Sicht ist, ist ein unhaltbarer Zustand.“ Ähnliches befürchtet die Stadträtin auch für die Vorhaben in Holzhausen und Liebertwolkwitz: „In ihrem Standpunkt hat die Verwaltung offengelassen, wann sich die Situation verbessert. Eigentlich muss es hier eine Vorplanung geben, welche Kosten ein Projekt voraussichtlich verursachen wird und dann müssen die Gelder nach und nach auch eingestellt werden.“

Das steht zumindest als Alternativvorschlag in den Stellungnahmen der Stadt. Doch genau diese Stellungnahmen zeigen auch, dass es praktisch keinen Planungsvorlauf gibt, mit dem man den tatsächlichen Bedarf an Investitionen in Grünflächen finanziell abschätzen könnte.

„So wunderbar es ist, dass die innerstädtischen Grünanlagen wie beispielsweise der Clara-Zetkin-Park und der Johanna-Park saniert werden, die Erholungsoasen für die Bürger außerhalb des Zentrums dürfen dabei nicht vergessen werden“, sagt Wohlfahrt. Sie lässt damit aber auch einen Gedanken anklingen, der bei solchen Freiluft-Projekten oft vergessen wird. Denn in Regie des Amtes für Stadtgrün und Gewässer gibt es allein 88 gestaltete Anlagen, die einer beständigen Pflege bedürfen.

Was es aber nicht zu geben scheint, sind Patenschaften für die meisten dieser ortsteilprägenden Anlagen. Eine Ausnahme ist bislang der Mariannenpark in Schönefeld. Das Fehlen aber ist Zeichen dafür, dass wesentliche Aspekte bürgerlichen Engagements in Leipzig noch fehlen – richtig fehlen. Denn wenn die Bürger vor Ort, die ihre Parks ja lieben und gern besuchen, Patenschaften dafür übernehmen, kann Vandalismus und Zerstörung schon frühzeitig etwas vorgeschoben werden, was ja augenscheinlich beim Sicherheitsempfinden in der Nachbarschaft eine Rolle spielt: gemeinsame Aufmerksamkeit auf das oft nicht gerade billige Kleinod. Vielleicht müssen es die Leipziger tatsächlich erst wieder lernen, sich auch selbst verantwortlich zu fühlen für die grünen Inseln und Patenschaften zu übernehmen.

Was vielleicht einmal ein Ansatz wäre, die Parks und ihre Nutzer auch aus der Anonymität herauszuholen.

Stellungnahme der Stadt zur Sanierung des Pavillons in Täschners Garten.

Stellungnahme der Stadt zur Sanierung der Festwiese Kuhweide.

Antwort auf die Anfrage zum Lene-Voigt-Park.

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