Einfach nachträglich den Forstwirtschaftsplan genehmigen, indem er im Stadtrat votiert wird? Das findet die Grüne Liga Sachsen gar nicht zielführend. Mit einem ersten rechtsanwaltlichen Schreiben hat man die geplanten Fällmaßnahmen im Auenwald wohl erst einmal gestoppt. Forstwirtschaftspläne müssen in Sachsen dem Gemeinderat vorgelegt werden. Aber eben nicht nur, damit die gewählten Vertreter einfach zustimmen. Es geht um mehr.

Denn normalerweise müssen sich die Forstwirtschaftspläne einordnen in übergeordnete Rahmenpläne. Erst recht, wenn es sich – wie beim Leipziger Auenwald – um ein Natura 2000-Gebiet und ein Vogelschutzgebiet handelt. Wer sich mit den Auseinandersetzungen des NuKLA e.V. mit der Leipziger Stadtverwaltung beschäftigt hat, weiß, dass dieses Thema immer wieder aufkommt: bei der Nutzung des Floßgrabens, der mitten im Schutzgebiet liegt, genauso wie bei den gewerblichen Bootsnutzungen auf den Wasserarmen im Auenwald. Beides findet im Naturschutzgebiet statt. Beides braucht besondere Ausnahmegenehmigungen. Aber die kann es nur geben, wenn es vorher eine naturschutzfachliche Verträglichkeitsprüfung mit vorangehender Öffentlichkeitsbeteiligung gibt.

Alles gesetzlich vorgeschrieben. Nur in Leipzig wird es so nicht gehandhabt.

Und das trifft auch auf die Forstwirtschaftspläne zu, die im Auenwald umgesetzt werden. Es gibt zwar die diversen Schutzrichtlinien fürs FFH-Gebiet, auf die auch in den Forstwirtschaftsplänen immer hingewiesen wird. Aber das allein schafft noch keinen Rahmenplan, in dem beschrieben wird, wie die Stadt mit dem Schutzgebiet umgehen will, welche Maßnahmen zum Erhalt oder zur Verbesserung der Biodiversität im Schutzgebiet mittel- und langfristig ergriffen werden und welchen Zustand man anstrebt.

Also einen langjährigen Arbeitsplan, in den sich die jährlichen Forstwirtschaftspläne einordnen, einen integrierten Waldbewirtschaftungsplan, wie es das neue Rechtsanwaltsschreiben an die Stadt benennt. Damit so ein „integrierter Waldbewirtschaftungsplan“ rechtsgültig wird, muss es vorher zwangsläufig eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nach § 34 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie) geben. Es geht immer wieder um die hohen Maßstäbe im Schutzgebiet: Wer im Auenwald arbeiten will, muss vorher geprüft haben, ob die Maßnahmen die Qualität des Schutzgebietes nicht beeinträchtigen. Und zwar ganz offiziell und mit Bürgerbeteiligung. Was in diesem Fall zwingend heißt: Beteiligung der anerkannten Umweltverbände.

(Bei der „Störstellenbeseitigung“ in der Pleiße wurden sie auch nicht beteiligt, hatten aber schlicht kein Geld, um gegen diese amtliche Willkür per Gericht vorzugehen.)

Ein wenig ist der Vorstoß auch dazu gedacht, über die Grüne Liga auch den NuKla e.V.wieder an den Tisch zu bekommen, wenn in Leipzig über den Umgang mit dem Auenwald gesprochen wird.

Leipzigs Umweltverbände sind zwar in die Erstellung der Forstwirtschaftspläne mit einbezogen.

Aber das ersetzt weder das Fehlen eines integrierten Waldbewirtschaftungsplanes noch einer FFH-Verträglichkeitsprüfung. So sieht es jedenfalls die Grüne Liga, über die der NUKLA e.V. aktiv wird. Wenn ein solcher integrierter Bewirtschaftungsplan existiert und auch die notwendige Verträglichkeitsprüfung erfolgt ist, ordnen sich die jährlichen Forstwirtschaftspläne darin ein. Sie bekommen einen Rahmen, der auch für die Stadträte sichtbar macht, warum welche Maßnahmen passieren, welches Ziel erreicht werden soll und ob damit der Erhaltungszustand im Auenwald verbessert wird – oder nicht.

Dieser Rahmen fehlt.

Das Schreiben an die Stadt macht das deutlich, indem es darauf hinweist, dass es ohne Verträglichkeitsprüfung auch keine Abstimmung über den aktuellen Forstwirtschaftsplan geben kann. Die Abstimmung ohne vorherige Öffentlichkeitsbeteiligung wäre – nach Gesetz – schlicht nicht gültig.

Und wann wäre ein Waldbewirtschaftungsplan ein „integrierter“? Wenn er alle Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen eines Natura-2000-Gebietes umfasst und alle Ergebnisse der Vorprüfung auch dokumentiert.

Man hat es sich also Anfang der 1990er Jahre zu einfach gemacht, als man sich mit der Staatsregierung darauf einigte, Forstwirtschaftspläne quasi ganz informell einzureichen, ohne einen wirklich belastbaren integrierten Waldbewirtschaftungsplan für den Auenwald aufzustellen.

Zumindest sagt das Schreiben eines deutlich: Mit dem Aussitzen und Herumeiern im Auenwald geht es so nicht mehr. Er ist kein touristisches Abenteuerland, in dem diverse Umweltbehörden mal Wirtschaftsförderer spielen können. Spätestens seit der Deklaration als FFH-Gebiet hätte es ein integriertes Entwicklungskonzept geben müssen – mitsamt Umweltverträglichkeitsprüfung und klar beschriebenen Zielen. Das gibt es bis heute nicht. Möglich, dass Land und Stadt endlich daran arbeiten. Einige Nachrichten klingen ja so.

Die Zukunft des Leipziger Auenwaldes gehört eigentlich auf die Tagesordnung des Stadtrates

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