Die jetzt eingerichtete Waffenverbotszone in der Leipziger Eisenbahnstraße war ja bekanntlich ein Wunschkind des vormaligen sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU), der das Ende seiner Amtszeit dazu nutzte, die Folgen seiner rigiden Einsparpolitik bei der Polizei mit lauter Placebo-Maßnahmen zu kaschieren. Gefühlte Sicherheit soll ersetzen, wo es an echter Polizeistärke fehlt. René Hobusch (FDP) nennt so eine Maßnahme gleich mal Globuli.

Denn Roland Wöller, Ulbigs Nachfolger, setzt bislang ja eifrig um, was sich sein Vorgänger zusammen mit einer überforderten Polizeiführung alles an Show-Maßnahmen ausgedacht hat. Als „Globuli für die Sicherheit“ bezeichnet FDP-Stadtrat René Hobusch jetzt die Einrichtung der Waffenverbotszone in der Eisenbahnstraße.

„Bewirkt nichts außer einem besseren Gefühl – aber auch nur, wenn man daran glaubt“, erklärte der Freidemokrat am Dienstag, 30. Oktober. „Die Anordnung von Verboten verhindert keine Straftaten. Kein einziger Verbrecher wird sich davon abschrecken lassen. Das sieht man an anderen Städten. In Hamburg gibt es weiter Messerstechereien auf dem Kiez, auch Schusswaffen kommen dort immer noch zum Einsatz. Der Bereich ist heute nicht mehr oder weniger sicher als vor der Einrichtung der Verbotszonen.“

Das Problem an all solchen Globuli-Maßnahmen ist: Sie greifen vor allem in die Freiheiten und die Privatsphäre von unbescholtenen Bürgern ein, machen den Staat immer mehr zu Big Brother und gewöhnen die Bürger schleichend daran, dass hier Freiheitsrechte beschnitten werden.

Hobusch warnt vor einer Spirale der Einschränkung von Freiheitsrechten.

„Die Waffenverbotszone wird nichts bringen – außer Grundrechtseinschränkungen. Denn zukünftig kann jede Frau und jeder Mann dort ohne Verdacht und ohne Anlass von der Polizei festgehalten und kontrolliert werden. Das wird wenig bringen. Und dann werden wir die Diskussion über noch weitergehende Maßnahmen führen. Am Ende ist das alles Chrystal Meth für die Freiheit, die völlig abgewrackt am Boden liegen wird. Und trotzdem wird es zu Verbrechen kommen“, konstatiert der Liberale.

Gegen das Verbrechen helfen hingegen aus Sicht des Stadtrates nur Polizisten – „gut ausgebildet, perfekt ausgestattet, anständig bezahlt und vor allem in ausreichender Anzahl rund um die Uhr. Die Polizei muss von Bürokratie entbunden werden, sodass sie auf der Straße präsent und ansprechbar ist, Kontakt zu den Menschen hat und bei Gefahr im Verzug sofort einschreiten kann. Dafür braucht es keine Verbotszonen oder neue Polizeigesetze, die die Tür hin zu einer armeeartigen Bewaffnung der Polizei öffnen.“

Und da ist er bei der martialischen Aufrüstung, die im neuen sächsischen Polizeigesetz nach dem Vorbild des brachialen neuen Polizeigesetzes in Bayern festgeschrieben werden soll. Ein Vorgang, an dem man merkt, wie leicht die Regierung in Sachsen wichtige Freiheitsrechte preisgibt, um eine scharfe Law&Order-Politik aufzulegen.

Im neuen Polizeigesetz ist beispielsweise die Bewaffnung mit Handgranaten nicht ausgeschlossen. Jedoch ist es verboten, dass diese gegen Menschen eingesetzt werden.

„Ich habe nach eingehender juristischer Prüfung arge Zweifel, dass das Polizeigesetz richterlichen Bestand haben wird und das auch gegenüber Ministerpräsident Kretschmer bei seinem Besuch im Verwaltungsausschuss des Stadtrates zum Ausdruck gebracht. Aber offenbar nimmt der Ministerpräsident lieber eine richterliche Klatsche in Kauf als ein anständiges Gesetz zu fertigen. Ich kann die Leipziger Abgeordneten der Regierungskoalition nur auffordern, diesen Unsinn nicht mitzumachen und im Landtag gegen das Gesetz zu stimmen“, betont der Jurist Hobusch, der mit seiner Kanzlei eine umfangreiche Stellungnahme zum Polizeigesetz erarbeitet hat.

Seine Mahnung: „Recht und Ordnung schafft man nicht mit Verbotsschildern und angreifbaren Gesetzen, sondern mit einer Top-Polizei, effizienten Gerichten und nachhaltigem Handeln.“

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