Manchmal knirscht es ein bisschen im Gebälk. Aber die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland ist tatsächlich nur die Steuerungsgruppe. Hier sitzen lauter eigenständige Partner an einem Tisch, die gemeinsam das Großprojekt "Leipziger Neuseeland" auf einen guten Weg bringen möchten. Manchmal gegen harsche Kritik. Manchmal gegen die mageren Fördergeldzusagen aus Dresden.

Das ist im Hintergrund das dominierende Thema in der Steuerungsgruppe, in der zur Zeit der Landkreis Leipzig mit Landrat Dr. Gerhard Gey den Sprecher stellt und Leipzig mit Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal seinen Stellvertreter. Öffentlichkeitswirksam hatte man im April nicht nur die Presse, sondern auch die Landtagsabgeordneten eingeladen, um für die nächste Finanzierungsrunde aus den sogenannten Paragraph-4-Mitteln zu werben. Eine Werbung, die noch nicht auf fruchtbaren Boden viel. Denn die 20 Millionen Euro, die jetzt für die nächste Finanzierungsphase 2013 bis 2017 in Aussicht gestellt werden, sind zu wenig.

Auch Gerhard Gey zeigte sich am Donnerstag, 6. September, nach der 29. Sitzungsrunde der Steuerungsgruppe enttäuscht. “Wir bemühen uns schon seit vier Jahren um dieses 5. Verwaltungsabkommen. Wir haben mit allen Verantwortlichen und Politikern gesprochen und wir dachten, wir seien auf einem guten Weg.” Um auch nur die nächsten Schritte umsetzen zu können, wären zusätzliche 10 Millionen Euro notwendig.

“Und das ist nur das Allernotwendigste”, sagte Prof. Andreas Berkner, der für die Planungen zuständig ist. Zwei der wichtigsten Projekte sind durchgeplant und sollten bis 2017 umgesetzt werden: Es geht um die Verbindung von der Pleiße am heutigen Wehr im agra-Park in Markkleeberg zum Markkleeberger See. Dabei sollen die Untiefen in der Pleiße beseitigt werden und das nächste Teilstück zur Verbindung der Gewässer gebaut werden – die sogenannte “Wasserschlange” von der Pleiße zum Markkleeberger See (Kostenpunkt: 7,5 Millionen Euro). Durchgeplant ist auch der Harthkanal, der durch die Neue Harth führt und künftig Zwenkauer und Cospudener See verbinden soll (Kostenpunkt ebenfalls 7,5 Millionen Euro). So entsteht erst das Netz, das die Seen wassertouristisch miteinander verbindet.

“Für beides haben wir schon Planungsmittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro ausgegeben, das ist rausgeschmissenes Geld, wenn die Projekte nicht umgesetzt werden”, so Berkner.
Die Notwendigkeit des Umsetzens der seit Jahren geplanten Projekte wurde durch ein Monitoring untermauert. Die Steuerungsgruppe hat den Bootsverkehr auf den schon funktionierenden Kursen im Gewässerverbund zählen lassen.

“Und zwar an wirklich schönen Wochenenden,” betont Angela Zabojnik, die die AG Gewässerverbund leitet. Wirklich stark frequentiert sind natürlich die Leipziger Stadtkurse, wo auch die Boote von Bootsshop Herold fahren dürfen. Die sieht man auch regelmäßig auf Kurs 7 fahren, der seit 2011 zum Stadthafen führt, der zwar bislang nicht so groß ist, wie ihn sich die Stadtväter gern wünschen – aber 51 motorbetriebe Boote und 371 geruderte oder gepaddelte an schönen Tagen, das ist schon eine recht hohe Frequenz.

Besonders deutlich wird die Liebe der Leipziger zum Wasser auf der Stadtelster und dem Elsterflutbett. Hier ist das Gedränge an schönen Sonnentagen mittlerweile so groß, dass ab 2013 eine richtige Flussverkehrsordnung eingeführt wird. Mit Weisungsschildern über den Brücken, wer in welche Richtung passieren darf. “Das müssen wir schon deshalb machen, um die Durchlassfähigkeit zu erhalten”, sagt Zabojnik. “Gleichzeitig haben wir auch mit den Sportvereinen gesprochen, um die Trainingszeiten und den Freizeitverkehr zu entzerren.”

Die Schilder sollten eigentlich schon 2012 hängen. “Aber alle Anträge brauchen Zeit – und Geld kostet’s auch”, so Zabojnik. Also werden die Schilder ab der Saison 2013 für etwas mehr Ordnung auf den innerstädtischen Gewässern sorgen.

Bestätigt haben die Zählungen in den Jahren 2010 und 2011 auch, dass auf dem Floßgraben, der 2011 mit dem “Tag Blau” freigegeben wurde, tatsächlich richtig Betrieb auf die Wasserverbindung von Leipzig zum Cospudener See gekommen ist. An Spitzentagen mal 310 Boote, mal 367. Prognostiziert hatte man 300.
Die Zahlen sprechen schlicht dafür, dass das Projekt Gewässerverbund genau so funktioniert wie erwartet. Auch ohne Motorboote. Denn den Kurs 1 dürfen – neben handbetriebenen Booten – nur die drei Sonderanfertigungen vom Leipzig-Boot-Typ befahren. Dass mittlerweile schon so viele Bootsfreunde Richtung Stadthafen rudern (Kurs 7), sieht Berkner auch schon als Entlastungsreaktion: “Wo es zu eng wird auf dem Wasser, weichen die Leute aus.”

Ist nur die Frage: Wohin?

Eine nächste Entlastung wird es wohl auf Kurs 2 geben. Das ist die Passage von der Weißen Elster durch den Karl-Heine-Kanal zum Lindenauer Hafen, wo jetzt die zuständigen Gremien mit Hauruck den Kanaldurchstich zum Hafen auf den Weg gebracht haben. Mit einigen finanziellen Unsicherheiten. Aber der Lindenauer Hafen wäre ein recht attraktives Paddelziel, wenn man auf Kurs 5 nicht weiter kommt.

Man kann zwar auch jetzt die Pleiße hinaufpaddeln bis unters Wehr. Aber da geht es nicht weiter. Das Teilstück “Wasserschlange” zum Markkleeberger See fehlt.

Für die Steuerungsgruppe wäre dieser Kurs die ersehnte Entlastung für Kurs 1. Denn wem es im Floßgraben zu eng wird, der kann ja dann über die Pleiße zu den drei Baggerseen im Südraum kommen.

“Noch”, sagt Gerhard Gey, “haben wir hoffentlich Zeit. Wir werden noch einmal mit allen Abgeordneten reden.” So lange der Doppelhaushalt 2013/2014 nicht beschlossen ist, sieht er noch Chancen, die Abgeordneten umzustimmen und die notwendigen Paragraph-4-Mittel für 2013 bis 2017 zur Verfügung gestellt zu bekommen. Denn mit dem Bau der noch fehlenden Kanäle beginnen wollte man 2013, so Berkner.

Aber nicht nur Boote hat man fürs Monitoring gezählt. Auch der Eisvogel war wieder Thema. Und natürlich, da Journalisten immer wieder mal Fragen stellen, auch der Motorbootverkehr. Zum Eisvogel gibt’s morgen mehr an dieser Stelle. Zum Motorbootverkehr gleich.

www.gewaesserverbund.de

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