Am 30. September gelang es Jens Spiske, als Kandidat der Freien Wähler in Markranstädt und unterstützt von einer Allianz mit anderen Parteien, die Bürgermeisterwahl in Markranstädt mit 51,6 Prozent der Stimmen zu gewinnen und nach 22 Jahren CDU-Dominanz erstmals einen Wechsel in der Stadtspitze zu erreichen. Am 1. November wird er die Amtsgeschäfte von Carina Radon übernehmen. Dazu stellte die L-IZ dem künftigen Bürgermeister von Markranstädt schon mal ein paar Fragen.

Sehr geehrter Herr Spiske, am 1. November ist Amtsantritt. Wie bereitet man sich auf so etwas vor? Macht man erst einmal eine Kennenlernrunde durch alle Ämter? Sucht man sich neue Fachleute für den Rathausstab? Oder kauft man sich einfach nur einen neuen, amtsblauen Anzug?

Ich glaube “amtsblau” wird der Anzug nicht unbedingt sein, da verlasse ich mich ganz auf den guten Geschmack meiner Frau, die mir helfen wird, ein angemessenes Outfit für den Amtsantritt auszusuchen. Als erste “Amtshandlung” im Rathaus plane ich, eine Personalversammlung einzuberufen, in der ich mich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorstellen werde. Dann werde ich in kleinerer Runde mit den Sachgebietsleitern meine Vorstellungen für eine zukünftige Zusammenarbeit erörtern. Sicherlich wird es in der einen oder anderen Position im Laufe der Zeit personelle Veränderungen geben, das bringt der Wechsel in der Rathausspitze natürlicherweise mit sich. Allerdings braucht sich niemand Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen, denn ich bin sicher, dass die Damen und Herren im Rathaus auch mit mir als neuem Bürgermeister kompetent und kreativ zusammenarbeiten werden.

Wie verliefen die Gespräche mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden und dem Vorsitzenden des CDU-Ortsverbandes? Immerhin bleibt ja die absolute Mehrheit der CDU im Stadtrat bis zur Kommunalwahl 2013 bestehen. Und auch wenn man vereinbart, keine Blockadepolitik zu machen, braucht man ja doch eine gemeinsame Arbeitsbasis.

Wie Sie wissen, habe ich dem Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion und dem Vorsitzenden des Ortsverbandes der CDU das Angebot zu einem Gespräch gemacht. Leider habe ich darauf bislang keine Antwort erhalten. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass es zu diesem Gespräch hoffentlich bald kommen wird. An mir soll es nicht liegen.

Was steht im ersten Jahr als Dringendstes auf Ihrer Agenda? Inwieweit sehen Sie dafür auch schon mit dem jetzigen Stadtrat die nötige Mehrheit?

Meine dringendsten Anliegen sind eine Überprüfung der Bebauung des Westufers Kulkwitzer See. Ebenso ist es zwingend notwendig, die Sanierung des Sportcenters in Angriff zu nehmen. Dies wird ein Kraftakt, weil ich befürchte, dass die Kosten der Sanierung weit höher werden, als bisher angenommen. Desweiteren muss ich im ersten Jahr meiner Amtszeit einen “Kassensturz” machen, um einen detaillierten Überblick über die Finanzen der Stadt zu erhalten. Ich glaube, da kommt einiges auf mich zu. Was die Mehrheiten im Stadtrat angeht, bin ich zuversichtlich, dass ich diese bekommen werde, da ich meine Vorhaben frühzeitig und transparent dem Stadtrat vorstellen werde. Eine Blockadepolitik kann niemand, der das Wohl unserer Stadt im Auge hat, ernsthaft wollen.Wie gehen Sie mit dem aktuellen Markranstädter Prestigeprojekt – der Seepromenade am Westufer des Kulkwitzer Sees um? Das Projekt kann ja nicht wirklich mehr gestoppt werden?

Der Ausbau der Seepromenade bzw. die touristische Entwicklung des Westufers nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten ist auch für mich wichtig. Inwieweit ich bzw. die Bürgerinnen und Bürger noch regulierend eingreifen können, bleibt abzuwarten. Ich befürchte jedoch, dass in den letzten Wochen und auch nach der Wahl Fakten geschaffen wurden und werden, die nur mit einem erheblichen finanziellen Schaden für die Stadt rückgängig gemacht werden können. Dies werde ich für die Bürgerinnen und Bürger aufarbeiten und sie darüber informieren. Viel wichtiger erscheint mir allerdings, die Wohnbebauung am Westufer zu überprüfen und die bisherigen Planungen dem Bürgerwillen anzupassen.

Carina Radon hat ja noch vor der Wahl angekündigt, Markranstädt würde aus dem Zweckverband Kulkwitzer See austreten. Gilt das noch oder werden Sie mit diesem Thema anders umgehen?

Ich halte den Austritt aus dem Zweckverband nach wie vor für unzweckmäßig. Allerdings scheint es so zu sein, dass die Regionaldirektion den Austritt empfiehlt, wohl aber aus eher formal-juristischen Gründen. Sollte dies so sein, und uns als Stadt keine Alternative bleiben, so habe ich mich dem zu beugen. Bislang fehlen mir dazu noch zu viele Details, um die ganze Problematik abschließend beurteilen zu können.

Überhaupt Kulkwitzer See: Ein Thema der Wählervereinigung war ja ein anderer, schonender Umgang mit dem Gewässer. Wird es da schon bald erste Initiativen geben?

Wie ich bereits sagte, dieses Thema steht ganz oben auf meiner Agenda. Dazu werde ich zeitnah zu meinem Amtsantritt erste Gespräche mit der Bürgerinitiative “Pro Kulki” führen und mich schnellstmöglich detailliert in die Materie einarbeiten. Ziel muss es sein, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, der BI und allen Fraktionen im Stadtrat einen Konsens zu erreichen, der auf größte Zustimmung trifft, und Ökologie, touristische Erschließung sowie nachhaltige Investition für die Zukunft “unter einen Hut” bringt.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem großen Nachbarn Leipzig angedacht?

Auch wenn Manchem der Riese Leipzig bedrohlich erscheint, bin ich überzeugt, dass wir nur in gegenseitigem Respekt und auf der Basis der Eigenständigkeit Markranstädts zukunftsorientiert zusammenarbeiten können und auch werden.

Und ein großes Label, mit dem Markranstädt bislang arbeitete, war ja auch die “Energiestadt”. Wie werden Sie damit künftig umgehen?

Ich halte das Label “Energiestadt” nicht für falsch, aber es muss mit mehr Leben gefüllt werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen erkennen können, dass dieses Label auch etwas für sie bringt, sprich: Der Nutzen für die Kommune muss erkennbar sein. Bislang ist das nicht so. Ich kann mir auch gut die Verknüpfung mit dem alten Label zum Markenzeichen “Sport- und Energiestadt am See” vorstellen.

Vielen Dank für das Gespräch.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar